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Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga Torsten
Читать онлайн.Название Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman
Год выпуска 0
isbn 9783740980245
Автор произведения Helga Torsten
Жанр Языкознание
Серия Fürstenkinder
Издательство Bookwire
Zum erstenmal in seinem Leben schloß dem Fürsten Michail von Bassarow die Liebe die Augen auf für das Gefühl eines Mitmenschen. Er kannte sonst allein nur sich.
Alles hatte sich um ihn, um seinen Beruf zu drehen.
Jetzt aber sah er Jasmines Gesichtchen nicht nur blaß werden. Schatten zogen über die sonst goldfunkelnden Augen.
Er folgte dem Weg ihrer Blicke.
Ah, dieser Dr. Brockdorff! Stoffel und Vronli hatten von ihm einmal erzählt. Er hatte kaum hingehört.
Irgendwie aber waren die Worte in des Mannes Hirn haften geblieben.
Harald Brockdorff, der Arzt aus jener Sturmflutnacht.
Und dieses Mädchen vor ihm hatte sich in ihn verliebt. Ganz scharf, beinahe unerbittlich ergründete der lebenserfahrene Michail von Bassarow Jasmines traurigen Blick.
Wie offen ihr Gesicht war!
Beinahe wie das eines Kindes noch. Dabei sollte sie doch schon etliche Semester Medizinstudium hinter sich gebracht haben. Kaum zu fassen.
Verletzlich noch wie ein Kind war dieses Mädchen, das jetzt sein Gesicht in Kater Julius’ dicken Winterpelz schmiegte.
Michail von Bassarows Augen bedurften keiner Lupe, um zu sehen, was sich abspielte.
Er kannte zudem die schöne Charlotte Ringling. Einen Tänzer wie diesen goldhaarigen Dr. Brockdorff schlug sie gewiß nicht aus.
Und dieser junge Arzt?
Michail von Bassarow war ein kühler, nüchterner Beobachter.
Er sah auch die aus den Tiefen der Augen aufsteigenden Tränen, die Jasmine nicht verbergen konnte.
»Darf ich um diesen Tanz bitten?«
Des Mannes Stimme war klangvoll. Eine nie gekannte Wärme schwang heute in ihr.
Da schaute Jasmine ihn voll an.
»Ich kann noch nicht tanzen. Zuerst muß ich doch Julius zu Stoffel und Vronli bringen.«
Teufel! Immer dieser Kater! Ärgerlich schritt er nun neben Jasmine die breiten Stufen von der Empfangsdiele zum ersten Stockwerk empor.
Und seltsam, bei jeder Stufe wurde des Mannes Gesinnung freundlicher dem graufelligen Kater gegenüber.
Gewiß hätte er jetzt die kleine Schneekönigin bei einem Walzer im Arm halten können. Aber rückten sie nicht viel näher aneinander, als der Mann die Tür zum Kinderzimmer öffnete und Jasmine eintreten ließ?
Eine seltsame, geheimnisvolle Bindung gab es plötzlich.
»Jasmine!« Vronli lief mit ausgebreiteten Armen auf Jasmine zu. »Du hättest uns viel früher besuchen sollen!«
Jasmine ließ den Kater vom Arm herabgleiten und zog das plötzlich laut aufweinende Kind an sich.
»Aber Vronli!«
»Er ist so böse, der Stoffel!« beklagte sich die Kleine.
»Bin ich gar nicht!« knurrte Stoffel. »Sie heult nur immer!«
Jasmine sah in die Gesichter der beiden Kinder, die so seltsam mißvergnügt schienen. Selbst Julius machte einen großen Bogen um Stoffel und Vronli.
Blaß waren die Kindergesichter. Seltsam blaß. Und dann wieder flog eine glühende Hitze über sie. Und die Augen schienen ganz trübe.
»Nun kommen Sie, Fräulein Rasmussen!« drängte der Mann. »Ihre Pflicht haben Sie ja nun getan. Julius ist wieder im Kinderzimmer.«
»Julius soll bleiben!« wimmerte Vronli jetzt. »Er soll nicht wieder in das Barackenlager zu den kranken Kindern.«
»Kranke Kinder?« Jasmine horchte auf.
»Na, die haben doch da alle Masern, hat Waschkewitz gesagt!« erklärte Stoffel und hustete heiser.
»Wir brauchen einen Arzt!« sagte da Jasmine plötzlich. »Und ich bleibe jetzt bei ihnen!«
»Aber es kann sich doch auch jemand anderes um die Kinder kümmern, wenn sie wirklich krank sein sollten.«
»Um kranke Kinder kümmert man sich selber!« verwies Jasmine und legte den Arm um Vronli und Stoffel.
»Aber es sind doch nicht Ihre eigenen!«
»Ich habe sie genauso lieb!« Jasmine beugte sich zu Stoffel und Vronli hinab.
Der Mann stand ganz still, wagte sich nicht mehr zu bewegen.
Gab es das überhaupt? Ein junges Mädchen, das wohl zum erstenmal einen solch festlichen Ball wie seinen besuchte, das fraglos gern tanzte – dieses Mädchen kniete jetzt im Ballkleid vor seinen kranken Kindern.
Ich habe sie lieb! klang es in Michail von Bassarows Ohren nach.
War das, was ihm hier im Kinderzimmer begegnete, die… Liebe, über die er so oft gespottet hatte?
»Bitte, Herr von Bassarow.« Jasmine richtete sich jetzt auf. »Holen Sie Harald… Dr. Brockdorff«, verbesserte sie sich schnell. »Gut, daß wir einen Arzt hier haben. Ich glaube, Stoffel und Vroni haben auch Masern.«
Jasmine blickte zu Julius.
»Verschwinde und sei froh, wenn ich dir jetzt nicht das Fell über die Ohren ziehe!«
Für Jasmine stand es fest, daß Stoffel und Vronli nur Julius die Krankheit zu verdanken hatten.
»Ich bringe sie rasch zu Bett!«
Michail von Bassarow fand sich plötzlich in der Situation eines Mannes, der zu gehorchen hatte.
Nachdenklich stieg er die Treppe herunter.
Er hörte den Festlärm, er hörte die Kapelle, die frohen durcheinanderschwingenden Stimmen.
Sektgläser stießen an.
Und er – suchte nach einem Arzt.
*
Ja, vieles war seltsam an diesem Abend, von dem manche in der Stadt später noch sprachen wie von jener furchtbaren Sturmflutnacht, die viele Menschen obdachlos gemacht hatte.
Und mancher erinnerte sich, daß der junge Dr. Harald Brockdorff ganz laut gesagt hatte: »Ich bin kein Kinderarzt, Fürst. Aber ich will Ihnen einen Kollegen nennen. Rufen Sie ihn an!«
Beinahe feindlich hatte er in Michails fast schwarze Augen geschaut.
Er hatte im Tanzen innegehalten, als Fürst Bassarow ihn ansprach. Seine Rechte lag noch um Charlotte Ringlings Schulter.
»Es ist doch nichts… nichts Ansteckendes?« fragte das schöne Mädchen beinahe angstvoll.
»Sicher Masern oder so etwas!« Michail von Bassarow war verletzend offen. Er hätte dem Mädchen am liebsten ins Gesicht gesagt: Und Sie haben auch schon Masern!
Er wußte nicht, weshalb er das Mädchen plötzlich haßte.
Charlotte klammerte sich an Harald Brockdorff. »Jaja! Sie haben völlig recht, Doktor, ein Kinderarzt…«
In diesem Augenblick trat der alte Professor Ringling zu der kleinen Gruppe, die allmählich der anderen Gäste Aufsehen erregte.
Er hörte nur ein paar Worte, schaute mit zusammengekniffenen Augen den jungen Kollegen an, der wieder mit seiner Tochter tanzen wollte.
In diesem Augenblick spürte Harald Brockdorff, daß er sich verrechnet hatte.
»Ich denke, ein Professor der Chirurgie genügt vielleicht auch!« erklärte der alte Mann mit dem buschigen weißen Haar. »Mal sehen, ob noch ein bißchen allgemeine Praxis an mir hängen geblieben ist.«
Und nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Ist zwar schon lange her, daß ich mal Masern feststellte. Aber vielleicht reicht’s doch noch bei mir!«
Jedes