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Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga Torsten
Читать онлайн.Название Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman
Год выпуска 0
isbn 9783740980245
Автор произведения Helga Torsten
Жанр Языкознание
Серия Fürstenkinder
Издательство Bookwire
Weshalb habe ich noch niemals geliebt?
Weil ich so arm war! antwortete der Mann.
Ja, ich hatte keine Zeit für die Liebe. Das ist es.
Harald Brockdorff wußte nicht, daß ihn bisher aller Ehrgeiz rasch vorwärtszukommen, beherrscht hatte.
Liebe? Zur Liebe brauchte man Zeit.
Und auch Geld.
Zeit und Geld habe ich bisher nicht besessen.
Der Mann am Steuer starrte vor sich hin.
Zeit! Zeit…
Ich werde sie fragen, diese zauberhafte Tänzerin, Doktorin in spe, ob wir uns einmal treffen wollen, bald treffen wollen.
Ich möchte das Mädchen wiedersehen, das ihr Leben einsetzt für fremde Kinder, ja sogar für einen maunzenden Kater.
*
»He, Sie, Doktor!« In diesem Augenblick erklang Jasmines nun müde Stimme.
»Ich habe die Kinder abgeliefert. Und ich soll einmal wiederkommen. Der Herr Papa war nicht anwesend. Ich weiß nicht, wo er ist. Und die alte Dame, diese Hausdame, Frau Franzen, die Sie am Apparat sprachen, die war heilfroh, daß die Kinder wieder da sind.«
Nun stockte Jasmines Stimme. »Doktor, das war alles so traurig!«
»Traurig?« fragte Dr. Harald Brockdorff. »Traurig in diesem Schloß?«
»Auch Schlösser bewahren nicht vor Trauer«, behauptete Jasmine und dachte daran, wie diese hagere alte Dame die Kinder in Empfang genommen hatte. Kalt, frostig.
Und der Stoffel und das Vronli hatten immer wieder ihre Hände ergriffen.
»Du, du… geh nicht fort! Du kannst so schöne Geschichten erzählen!«
Zum Schluß hatte Vronli noch geweint, während sie die Puppe eng ans Herz drückte. –
»Kleines Mädchen!« sagte Harald Brockdorff. »Kleine Kollegin in spe, haben Sie nicht ein sehr weiches Herz?«
Jasmine schaute auf zu dem Mann, der neben ihr am Steuer seines Wagens saß und sie jetzt zu ihrer Wohnung fuhr.
»Weiches Herz?« Jasmine überlegte keinen Augenblick. »Muß man diese Kinder nicht liebhaben?«
Da löste Dr. Harald Brockdorff seine rechte Hand vom Lenkrad des Wagens und legte sie auf die zärtlichen, weichen Hände der kleinen Jasmine.
»Nicht jeder würde es tun, kleines Fräulein.«
Harald Brockdorff, der noch niemals ein Mädchen von Herzen geliebt hatte, weil er nie wußte, ob sie seinen ehrgeizigen Berufszielen nicht im Wege stehen würde, ja, eben dieser Harald Brockdorff vergaß allen Ehrgeiz, vergaß auch die ihm angebotene Kälte. So bezaubernd war dieses junge Geschöpf neben ihm!
Jasmine fröstelte jetzt. Die vergangene Nacht war doch sehr aufregend und anstrengend gewesen.
»Jasmine!« sagte Harald Brockdorff sehr leise, aber eindringlich. »Ich fahre dich jetzt nach Hause, kleine Jasmine. Aber wann… wann werden wir uns wiedersehen?«
»Wiedersehen?«
Jasmine starrte geradeaus.
Die Straße war hier draußen trocken, vom Sturm wie blankgefegt.
Will ich ihn wiedersehen, diesen Mann, der mich im Schlauchboot rettete?
»Ja, morgen, morgen im Alsterpavillon!« flüsterte Jasmine beim Abschiednehmen. »Und ich komme ganz bestimmt.«
»Ich auch!«
*
»Ausgeschlossen! Völlig ausgeschlossen!«
Michail von Bassarow schüttelte energisch den Kopf. Diese Zumutung konnte man doch wohl kaum ernst nehmen.
Er, der berühmte, international bekannte Antiquitätenhändler, sollte mit seinen beiden kleinen Kindern ein Weihnachtsmärchen besuchen? »Aber ich bin doch krank, wirklich krank!«
Die alte, grauhaarige Emma Franzen, nun schon seit Jahren Hausdame bei Bassarow, zitterte. Sie sah elend aus, als müsse sie sterben. Und solange die stets Pflichtbewußte dieses Gefühl nicht gehabt hatte, hatte sie kein Wort über eine nun seit Wochen anhaltende Unpäßlichkeit verloren.
Aber nun konnte sie sich wirklich kaum mehr auf den Beinen halten. Und das gerade an diesem Tag, an dem sie versprochen hatte, mit Stoffel und Vronli das Kindermärchen in der Staatsoper zu besuchen.
»Es kommt doch kein anderer als Sie in Frage!« stöhnte Emma Franzen.
Mein Gott, weshalb nur machte sie gerade heute schlapp. Sie war doch die letzte, die den mutterlosen Kindern ein Vergnügen verdarb.
»Gehen Sie doch mit den Kindern zur Aufführung!« beschwor sie den Mann, der ihr halb den Rücken zukehrte.
»Die Kinder haben doch keine Mutter mehr!«
Und auch keinen Vater! hätte die Frau gerne hinzugefügt.
Aber es ging jetzt nicht um Recht oder Unrecht. Es ging um die Kinder, um den schwarzlockigen Stoffel und die blondlockige Vronli.
»Ich kann wirklich nicht mitfahren. Und Stoffel und Vronli, die haben sich ja so gefreut. Und…«
Die Frau verhaspelte sich.
Es ist erst ein paar Tage her, daß ich gedacht habe, sie sind tot, ertrunken. Aber diese Angst haben Sie ja nicht durchgestanden, Fürst… ach nein, Herr von Bassarow, so wollen Sie doch genannt sein! schoß es der Frau durch den Kopf.
»Also geben Sie mir die Karten und benachrichtigen Sie Waschkewitz!« verlangte Michail von Bassarow plötzlich.
Was machte es schließlich, wenn er sich einmal einen Nachmittag lang in einem Theater langweilte? Seinen Kindern zuliebe.
Er hatte kein Verhältnis zu Stoffel und Vronli.
Wie überhaupt nicht zu Kindern.
Was bedeuteten schon Kinder?
Und gar die Kinder, die ihm seine Frau Barbara geschenkt hatte.
Geschenkt?
Der Mann lachte.
Zufallsgeschöpfe, Geschöpfe aus Leidenschaft und sinnlichem Rausch waren diese Kinder. Denn Barbara hatte sich niemals Kinder gewünscht. Gelitten hatte sie unter den Schwangerschaften.
Und ich? Was haben mir die Geburten schon bedeutet? fragte sich der Mann, den die Hausdame Emma Franzen allein gelassen hatte.
Sie leben eben! Dieser Christopher und diese Veronika, die begehren, daß ich sie, da Frau Franzen krank ist, ins Theater begleiten soll.
Also gut, gehen wir!
Michail von Bassarow reckte seine kraftvolle Gestalt noch höher. Seine Rechte fuhr lässig durch das dunkle Haar, das an das seines Sohnes erinnerte. Es war dunkel, nur nicht mehr lockig. Und es umrahmte ein hartes, schmales Antlitz, dessen Augen irgend etwas zu suchen schienen, was sie bisher noch niemals gefunden hatten.
Michail Fürst Bassarow klingelte.
Es wurde Zeit.
»Waschkewitz soll vorfahren!« befahl er dem eintretenden Diener.
Dann aber schien er alles vergessen zu haben. Denn auf seinem großen, wuchtigen Arbeitstisch mit den schweren geschnitzten Löwenklauen, Arbeit eines längst verstorbenen Meisters, lag noch unausgepackt ein Paket. Absender: ein Kunsthändler aus Amsterdam.
Nun – einmal sehen. Wahrscheinlich war es diese Ikone, die er ihm versprochen hatte. Das Paket war durch einen der jüngeren Kunsthändler in der Stadt vorhin abgegeben worden. Solche Wertgegenstände vertraute man nicht der Post an. Die Papierhüllen, die weiche Schutzlage, wurde abgelöst.
Ah!
Der Mann trat einen