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Und er gestattete Fräulein Margret, am nächsten Tag im Schloss zu helfen.

      *

      Baronesse Elga hatte aufgelöst das Schloss Tihany verlassen und war zu der Gräfin in den Wagen gestiegen. An ihr Rad hatte sie nicht mehr gedacht; mochte es stehen, wo es wollte.

      Auf alle Fragen der Gräfin, was denn eigentlich geschehen sei, gab Elga nur eine Antwort: »Bitte, fragen Sie nichts, Gräfin.«

      Da gab Gräfin Tihany es auf, obwohl sie vor Neugierde fast verging.

      »Sandor muss den Verstand verloren haben«, stieß sie hervor, aber Elga ging auf nichts ein.

      Auf Erlau angekommen, stürzte die Baronesse sofort in ihr Zimmer, nachdem sie Frau Wehnert gebeten hatte, die Gräfin ihrem Vater zu melden.

      Baron Waldstein war ein wenig verwirrt über den Besuch der Gräfin. Aber als sie ihm sagte, dass sie auf Tihany gewesen und Zeuge einer schrecklichen Szene gewesen sei, und sie sich verpflichtet gefühlt hatte, Baronesse Elga nach Erlau zu fahren, wusste er alles. Sie wusste sich immer gut herauszureden, und der Baron nahm ihr das auch ohne Weiteres ab.

      Er war bestürzt und ließ sich rasch erzählen, was vorgefallen sei und dass die Wahrheit durch die ahnungslose Gräfin vorzeitig entdeckt worden sei.

      »Ich habe Elga sofort gewarnt«, erklärte er, »sie hat sich eben in den jungen Grafen verliebt, und dagegen ist kein Kraut gewachsen.«

      »Aber das ist doch wunderbar!«, rief die Gräfin entzückt. »Nur dass mein Stiefsohn sich so angestellt hat, ist ärgerlich! Anstatt glücklich zu sein! Ich sagte Ihnen ja, Baron, er ist ein schwieriger Mensch. Was machen wir da nur?«

      »Am besten gar nichts, Gräfin. Das ist einzig und allein Sache der beiden jungen Leute. Ich werde versuchen, meine Tochter zu beruhigen. Das ist alles, was ich tun kann. Und ich bitte Sie dringend, Ihren Stiefsohn nicht zu beeinflussen! Man beißt bei jungen Leuten meist auf Granit, wenn man sich in ihre Angelegenheiten mischt.«

      »Meinen Sie wirklich, Baron? Es fällt mir schwer, tatenlos zuzusehen, wie Sandor sich sein Glück verscherzt.« Sie seufzte auf und warf einen schmachtenden Blick auf den Baron. »Übrigens danke ich Ihnen herzlich für die Einladung zum Gartenfest. Ich freue mich sehr darauf. Kommt Sandor auch?«

      »Nach den neuesten Ereignissen glaube ich das nicht mehr.«

      Er musste notgedrungen die Gräfin zum Kaffee einladen, was sie sofort annahm.

      Während Fräulein Achenbach sie auf die Gartenterrasse bat, wo der Tisch bereits gedeckt war, eilte er zu seiner jungen Tochter. Voll Sorge betrat er ihre Räume.

      Baronesse Elga hatte sich inzwischen wieder gefasst. Jedoch waren noch deutliche Tränenspuren auf ihren Wangen zu entdecken.

      Baron Waldstein ging auf sein Kind zu und drückte es ans Herz.

      »Ich habe gewusst, dass es so kommen würde, Elgakind. Du hättest auf mich hören sollen!«

      »Schuld ist nur die Gräfin! Ich hätte es ihm bis zum Gartenfest behutsam beigebracht. Aber sie platzte mit ihrem Wissen heraus und benahm sich wie ein Elefant im Porzellanladen.«

      »Du kannst ihr keine Schuld geben. Sei nicht ungerecht, Elga! Er hätte in jedem Fall so reagiert. Welcher Mann läss­t sich schon gern an der Nase he­rumführen. Er muss doch jetzt denken, dass wir ihn alle nur einfangen wollen.«

      »Was soll ich denn tun, Papa? Ich bin so unglücklich wie nie in meinem Leben.«

      »Verständlich, mein Kind. Aber tun kannst du gar nichts. Er weiß ja jetzt alles. Und wenn er glaubt, dass du ihn liebst und dass du alles nur getan hast, um ihm zu helfen, wird er von selber kommen. Nur zwingen darfst du ihn zu nichts.«

      »Er glaubt mir nichts mehr«, murmelte Elga.

      »Dann waren seine eigenen Gefühle nicht stark genug. Dann solltest du nun schleunigst deine Koffer packen und für ein paar Wochen wegfahren, und zwar so weit wie nur möglich.«

      Elga schwieg betroffen. Dann sagte sie: »Wir wollen das Gartenfest abwarten, Papa.«

      »Ich hoffe es inbrünstig. Er muss doch fühlen, dass ich nicht mit ihm gespielt habe.«

      »Diese Ansicht teile ich, Kind. Bitte, fasse dich aber vorerst in Geduld. Er braucht wahrscheinlich einige Zeit, um zu erkennen, dass du alles aus Liebe getan hast.«

      »Das wollte ich ihm alles sagen, Papa, aber er ließ mich gar nicht zu Wort kommen. Er warf mich buchstäblich aus dem Haus.«

      »Diese spontane Reaktion kann man durchaus verstehen. Aber vielleicht tut es ihm schon leid.« Er küsste seine Tochter. »Geh ein wenig in den Park, Kind. Willst du mit uns Kaffee trinken? Die Gräfin musste ich einladen. Sie war ja so nett, dich hierherzubringen. Wir sitzen auf der Terrasse.«

      »Nein, lass mich noch ein Weilchen hier, Papa. Ich brauche etwas Zeit, um mich zu fassen.«

      »Na gut, wie du meinst, mein Liebes. Bis nachher also.«

      Der Baron nickte seiner Tochter noch einmal zu und ging. Elga blieb allein. Sie kam erst wieder nach unten, als sie gegen Abend den Wagen der Gräfin abfahren hörte.

      Ihr Vater hatte seinem Sohn Albert und Fräulein Achenbach, seiner Hausdame, erzählt, was vorgefallen war, und zum ersten Mal unterließ Baron Albert, sein Schwesterchen scherzhaft aufzuziehen. Im Gegenteil, er fühlte mit ihr und legte mit brüderlicher Zärtlichkeit den Arm um sie, um ihr auf diese Weise seine Verbundenheit zu zeigen.

      Die Gräfin fuhr wieder nach Tihany. Trotz der Ermahnung des Barons wollte sie nichts unversucht lassen, um ihren Stiefsohn zur Vernunft zu bringen.

      Aber der junge Graf war nicht anwesend. Man sagte ihr, dass er im Gutshaus bei den Lindemanns wäre. Daher musste die Gräfin unverrichteter Dinge abziehen, denn mit den Lindemanns wollte sie nichts zu tun haben. Es hatte früher zu oft Reibereien zwischen ihr und Herrn Lindemann gegeben.

      Hoffentlich verscherzte sich Sandor nicht alles und kam wenigstens zu dem Gartenfest nach Erlau.

      *

      Kurz bevor Graf Sandor sich an diesem Abend von den Lindemanns verabschiedete, um nach Tihany zurückzufahren, kam ihm eine Idee. Und die entsprang seinem leicht benebelten Zustand, denn er hatte reichlich dem gu­ten Wein zugesprochen, den Herr Lindemann kredenzt hatte. Und das alles nur, weil Graf Sandor seinen Schmerz im Alkohol ertränken wollte.

      »Da fällt mir etwas ein«, sagte er, als er sich bereits erhoben hatte. Sein Blick glitt über Fräulein Margret. »Hättest du Lust, Margret, am Samstagabend mit mir zu einem Gartenfest zu gehen? Baron Waldstein gibt in Erlau ein Gartenfest. Und ich habe mir ausbedungen, dass ich dazu eine Dame mitbringe, was mir sofort erlaubt wurde. Es wäre eine nette Abwechslung für dich. Kommst du also mit?« Er wandte sich an die verblüfften Eltern. »Sie gestatten doch, dass ich Ihre Tochter mitnehme?«

      »Aber gern, Herr Graf«, stammelte Herr Lindemann, dem sofort klar wurde, dass die Sache mit der unbekannten jungen Dame wohl ein jähes Ende gefunden haben musste.

      Auch Frau Lindemann hatte nichts dagegen. Sie brauchte nur ihre Magret anzusehen, um zu erkennen, dass diese vor Glück ganz verlegen geworden war.

      »Ich freue mich so«, stotterte sie. »Oh, Mutti, was ziehe ich da bloß an?«

      »Sehen Sie, Herr Graf«, lachte Herr Lindemann, »das sind die einzigen Sorgen der jungen Damen. Du hast doch so viele hübsche Kleider, Margret.«

      »Aber zu diesem Fest muss sie etwas Neues haben«, erklärte Frau Lindemann, und Margret nickte eifrig. »Wir fahren morgen früh in die Stadt und kaufen was für dich.«

      Graf Sandor starrte einen Augenblick ins Leere. Hatte er nicht auch morgen mit Elga in die Stadt fahren wollen, um ein Kleid zu kaufen für sie?

      »Ja«, hörte er sich sagen, »kaufen Sie Ihrer Tochter ein besonders schönes Kleid, Frau Lindemann. Auf meine Rechnung bitte. Ich möchte, dass Fräulein Margret nicht hinter den anderen Damen zurücksteht.«

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