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Tat hilfreich zur Hand. Ich will die Vorteile, welche wir genossen, indem wir uns der Mission anschlossen, nicht verkennen, habe aber später einsehen gelernt, dass der Naturforscher allein oder von seinen Gefährten unabhängig reisen muss, will er der Wissenschaft dienen, wie er soll. Eine einmal verlorene Gelegenheit, schöne und wertvolle Beute zu erlangen, kommt selten wieder. Wir waren neu im Land und hatten unter der Ägide der Mission Zeit und Gelegenheit, so viel von den Sitten und Gebräuchen der Völkerschaften, unter denen wir lebten, kennenzulernen, als uns zum späteren selbständigen Reisen notwendig war, wir lernten die jedem Neuling im Reisen entgegentretenden Schwierigkeiten jeder Art durch das Beispiel der Mission bekämpfen – aber wir wurden ihrem Willen untertan und unselbstständig. Und das hat uns später viel geschadet.

      Am 24. September mieteten die geistlichen Herren eine Nilbarke zur Reise nach Assuan, der Grenzstadt Ägyptens gegen Nubien, zum Preis von zweitausendfünfhundert Piastern. Sie wurde instand gesetzt und mit dem Gepäck beladen. Die Abreise stand bevor. Noch wenige Tage vorher erreichte uns ein unheilkündendes Gerücht. Ryllo hatte bei dem Aufstand der Drusen und Maroniten dem mächtigen Ibrahihm8 durch seine das Volk begeisternden Reden mehr geschadet als alle Häuptlinge der Bergvölker zusammengenommen. Der Pascha hatte sogar einen hohen Preis auf den Kopf des gefürchteten Parteigängers gesetzt, und dieser, kühn genug, wagte es, nach Ägypten zu kommen. Jetzt hieß es, Ibrahihm habe nicht vergessen, was er dem Jesuiten in Syrien zugeschworen; ein Beduinenscheich habe Auftrag, unsere Karawane aufzuheben und dafür die Effekten als gute Beute zu behalten. Padre Ryllo solle Ägypten lebend nicht wieder erreichen. Er kehrte in der Tat dahin nicht zurück.

      III. REISE AUF DEM NIL

      VON KAIRO BIS ZUR EINBRUCHSTATION DER WÜSTENSTEPPE BAHIUDA

      Am Nachmittag des 28. September bestiegen wir mit den geistlichen Herren und ihrer Begleitung eine große, bequeme Nilbarke, welche, bereits mit unserem Gepäck beladen, im Hafen Bulakhs lag. Zur Zeit der Abreise aller Araber, zum Aassr, oder zwei Stunden vor Sonnenniedergang flog sie vor einem frischen Nordwind dem Strom entgegen.

      Mit krachenden Salven nehmen wir von Kairo Abschied. Unsere Gefühle sind wehmütig gestimmt; es ist uns, als ob wir, von aller Zivilisation uns losreißend, jetzt vom Vaterland für immer getrennt würden. Aber die Begierde, fremde Länder zu sehen, ist noch mächtiger; wir bemerken mit Vergnügen, wie eins der Häuser Bulakhs nach dem andern verschwindet. Balsamischer Duft weht von der Insel Roda zu uns herüber, die noch vor Kurzem in der Sonne glühenden Minaretts der Zitadelle hüllen sich in das Dunkel der Nacht, wir passieren Alt-Kairo, die Stadt der Kalifen entschwindet dem Auge. Mit der Nacht erschlafft der Wind, nur leise strömt er noch in die geöffneten Segel, leise plätschern die Wellen am Bug des Schiffes, melodisch hallt des heiligen Stromes Sprache in unserem Innern wider.

      Die Einrichtung der Segelbarken des Nils ist immer dieselbe. Mehr als die Hälfte ihrer ganzen Länge hat man für die Kajüte in Anspruch genommen, der übrig bleibende, über den Fußboden der Kajüten um einige Fuß erhöhte Teil beherbergt die Matrosen und das Reisegepäck. Bis zum Mittelmast ist das Deck noch zur Benutzung der Reisenden bestimmt; es wird bis dahin mit einem Sonnendach überdeckt, unter welchem man sich aufhält, um die frische Luft und die Aussicht zu genießen. Am Vordermast steht die Küche: ein durch einen Bretterkasten vor dem Wind geschützter Kochherd oder eine Kochmaschine; zwischen Vorder- und Mittelmast befinden sich die Ruderbänke. Am Bug des Schiffes ist der Sitz des das Fahrwasser prüfenden Reïs, auf dem Dach der Kajüte steht der durch den Reïs befehligte »Mustahmel« oder Steuermann, zwischen Vorder- und Mittelmast sitzen die die Segel wartenden Matrosen. Die Masten sind verhältnismäßig kurz, haben aber ungemein lange Rahen, an denen dreieckige (so genannte lateinische) Segel befestigt sind. Diese müssen nach der Richtung des Windes und der Fahrt oft gewendet werden, wobei auch die Segelstange jedesmal auf die andere Seite des Mastes gedreht wird. Bei niederem Nilstand und starkem Wind hält ein Matrose das Seil, mit welchem das Segel angespannt wird, um dieses sogleich freilassen zu können, wenn das Schiff, wie sehr häufig geschieht, auf den Grund gefahren ist. Dann entkleiden sich alle Matrosen mit großer Geschwindigkeit, springen ins Wasser und schieben die Barke mit manchem Seufzer und unnachahmlichem, taktmäßigem Gestöhn wieder in besseres Fahrwasser. Gewöhnlich hat die Dahabïe zwei große und ein kleines Segel (»Trikehta« genannt), welches auf einem durch verlängerte Planken am Stern des Schiffes gebildeten Anhängsel steht; zuweilen sieht man auch nur ein großes Vordersegel, »Khumasch«, und die Trikehta. Kleine, sehr lange, stark bemannte Barken mit großen Segeln und einer kleinen Kajüte heißen »Sandal«; sie sind Schnellsegler. Die Kajüte der Dahabïen ist in drei bis vier Zimmerchen eingeteilt, von denen eins das Empfangs-, das zweite das Wohnzimmer, das dritte ein Reinigungskabinett und das vierte endlich das Schlafzimmer oder den »Harem« darstellt. In dem letzten Raum beherbergen die Orientalen ihre weibliche Reisegesellschaft. Auf den großen Gesellschaftsdahabïen enthalten die Kajüten wohl auch Tische, Stühle, Schränke, Truhen und dergleichen häusliche Gerätschaften und werden dann nur umso wohnlicher.

      Nächst den unserem europäischen Geschmack zusagenden Proviantvorräten, welche man bei Nilreisen von Kairo mitnimmt, darf man die Wasserkühlgefäße nicht vergessen. Seit undenklichen Zeiten versteht man in Ägypten Tonkrüge zu fertigen, welche durch ihre sehr feinen Poren immer eine geringe Menge der in ihnen enthaltenen Flüssigkeit durchschwitzen lassen. Diese überzieht dann den Krug von außen mit einer sehr feinen, beständig verdunstenden und dadurch das Gefäß und seinen Inhalt kühlenden Schicht. Von diesen Gefäßen unterscheidet

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