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Bäcker, langsam beendet. Man lässt es sozusagen ausklingen und schafft so einen runden Abschluss. Und dazu gehört, dass alles Wichtige noch einmal wiederholt wird, ehe man sich mit mehrmaligen beijinhos (Küsschen) endlich verabschiedet.

      Auch wenn es schwerfällt: Es ist besser, seine Ungeduld nicht zu zeigen, sich stattdessen in Geduld zu üben und sich dem portugiesischen Tempo zumindest äußerlich anzupassen.

       FRÜHSTÜCK IN PORTUGAL

      Das portugiesische Frühstück besteht bei vielen Portugiesen aus einem Espresso und eventuell einem Stück Kuchen. Auf dem Weg zur Arbeit wird es schnell in einer der vielen Pastelarias eingenommen.

      Früher bestand das typische Frühstück oft auch aus einem Espresso und einer Zigarette. Aber heute darf in den Pastelarias drinnen nicht mehr geraucht werden. Draußen vor den Cafés ist es nach wie vor erlaubt.

      Wer mehr Zeit hat, sitzt am Tisch und trinkt Espresso oder Galão, einen Kaffee mit viel Milch, der in einem Glas serviert wird. Dazu kann man ein Kuchenstückchen essen oder eine Torrada. Das sind zwei dicke, mit Butter bestrichene Scheiben getoastetes Weißbrot.

      Ein Frühstück, wie man es in Deutschland im Café bekommt, gibt es hier nicht. Und Brunch ist noch relativ unbekannt.

      In den Familien gibt es morgens meist Kaffee und Orangensaft, dazu Toast, eventuell mit Butter und Marmelade, und für die Kinder Cornflakes und Co. Im Supermarkt finden sich unzählige Sorten in den langen Regalen, alles von Rice Crispies über Knusperflocken bis Honigpops. »Richtiges« Müsli ohne Zucker muss man suchen, und man findet es am ehesten in deutschen Supermarktketten.

      Außerdem wird in vielen Familien Getreidekaffee getrunken, entweder mit etwas Bohnenkaffee oder auch ganz ohne. Und den richtigen Kaffee trinkt man dann als Espresso hinterher im Café.

       Der portugiesische Kaffee

      Der Kaffee in der Pasteleria gehört im portugiesischen Leben einfach dazu. Viele Portugiesen haben ihre Lieblingsmarke und trinken ihren café in dem Café, in dem ihre Lieblingsmarke angeboten wird. Außerdem ist die Zubereitung wichtig. Der richtige Espresso soll stark sein, aber nicht bitter, mit einer Crema obendrauf. Jeder bestellt seinen Kaffee genau so, wie er ihn gerne möchte, und es kann gut sein, dass die Bedienung noch mal nachfragt: Cheio ou normal? – Voll oder normal?

      Interessanterweise ist der Verbrauch von Kaffee pro Kopf in Portugal erheblich geringer als in Deutschland. In Deutschland werden 5,5 Kilogramm Kaffee pro Jahr und Kopf getrunken, in Portugal nur 4,3 Kilogramm. Aber während man in Deutschland oft einfach Filterkaffee trinkt, hat es in Portugal große Wichtigkeit, wie der Kaffee zubereitet wird, in welcher Form man ihn trinkt, ob als Espresso oder Café Duplo, ob mit Milch oder ohne, oder sogar mit Schuss.

      Der normale Espresso heißt im Norden café und in Lissabon und im Süden bica. Für den Namen bica gibt es zwei Erklärungen. Eine Erklärung bezieht sich auf den Ausguss, die bica, aus dem der Kaffee gezapft wurde. Eine andere Legende kommt aus der Zeit, als der Kaffee eingeführt wurde: Viele Kunden fanden das Getränk stark und bitter. Also stellten die Cafés Schilder auf, auf denen stand: Beba isto com açúçar, was auf Deutsch heißt: »Trinken Sie es mit Zucker.«

       Hier die wichtigsten Kaffee-Varianten

      Bica (im Süden) oder café (im Norden): Espresso

      Café cheio: Espresso mit etwas mehr Wasser

      Café curto: Espresso mit etwas weniger Wasser

      Sem princípio: Bei der Zubereitung wird der starke Anfang weggelassen

      Carioca: Schwacher Espresso aus zweitem Durchlauf

      Descafeinado: Entkoffeinierter Kaffee

      Galão: Milchkaffee, im Glas serviert

      Meia de leite: Milchkaffee, in einer Tasse serviert

      Galão escuro: Dunkler Milchkaffee mit mehr Kaffee

      Café duplo: doppelter Espresso

      Café duplo com leite: doppelter Espresso mit Milch

      Café com cheirinho: Espresso mit einem Schuss Alkohol, meist Schnaps oder Brandy

      3

       QUEM NÃO ARRISCA, NÃO PETISCA

      Stephanie muss auf ihr Frühstück verzichten, denn sie möchte unbedingt pünktlich an ihrem neuen Arbeitsplatz sein. Also bringt sie die Brötchen nach Hause und macht sich dann mit knurrendem Magen auf den Weg in die Sprachenschule.

      Aber als sie in der Avenida Luís Bivar ankommt, findet sie die Tür verschlossen. Nanu – sie hatte doch um zehn einen Termin. Vielleicht hat sie die falsche Adresse? Stephanie sieht noch mal auf ihre ausgedruckten E-Mails. Nein, es stimmt alles. Sie ist in der richtigen Straße. Vor der richtigen Tür. Zur richtigen Zeit. Aber warum ist dann kein Schild an der Tür? Und die Klingelknöpfe sind auch wenig aufschlussreich. Mehr als die Etage erfährt man da nicht.

      Sie geht ein paar Schritte auf und ab. Es wird ihr zunehmend unwohl. Was, wenn das alles überhaupt nicht existiert? Wenn es gar keine Sprachenschule gibt? Oder die Schule pleite gegangen ist? Sie hat in Deutschland alles aufgegeben. Hat ihr ganzes Leben auf dieses Jahr in Lissabon eingestellt. Und jetzt fallen ihr natürlich prompt alle möglichen Horrorszenarien ein. So wie zum Beispiel in der Dokusoap neulich, über die Aussteiger, die an die Algarve ziehen wollen. Eine Familie mit zwei Kindern. Sie hatten in Deutschland alles aufgegeben, um in einem Seminarzentrum an der Algarve zu arbeiten, er als Hausmeister, sie als Köchin. Sie hatten voller Zuversicht die Jobs und die Wohnung gekündigt. Den Hausrat verkauft oder bei Freunden untergestellt. Und waren mit ihrem VW-Bus ins Monchique-Gebirge im Hinterland der Algarve gefahren, um dort ihre Stelle als Verwalterpaar in einem neu gegründeten deutschen Seminarzentrum anzutreten.

      Pech nur, dass das Seminarzentrum nicht existierte. Das heißt, das Haus existierte, aber ein Seminarzentrum würde nie draus werden, weil gegenüber ein Steinbruch eröffnet hatte. Und bei diesem Lärm würde wohl nie jemand meditieren oder Körperarbeit machen wollen.

      Und was, wenn es ihr jetzt genauso ergeht? Na ja, nicht genauso. Sie ist Single, sie hat keine Kinder und ihre Wohnung hätte sie sowieso über kurz oder lang gekündigt, weil sie zu wenig Sonnenlicht hatte. Auch die Stelle in Neumünster wollte sie nicht für ewig machen. Aber sie muss von irgendetwas leben ... Wenn das jetzt hier mit der Sprachenschule nicht klappt, würde sie hier in Lissabon einen anderen Job finden? Ihre Mutter würde natürlich sagen: »Das habe ich dir doch gleich gesagt, dass das nichts ist.«

      10.10 Uhr. Eine Frau kommt um die Ecke und geht auf die Tür zu. Sie holt einen Schlüssel aus der Tasche und schließt auf.

      »Entschuldigen Sie«, fragt Stephanie. »Wissen Sie, ob in diesem Gebäude die Sprachenschule ist?«

      »Ja, die ist hier«, sagt die Frau. »Aber wir machen montags erst nachmittags auf.«

      Stephanie fühlt sich schon ein bisschen besser, die Sprachenschule existiert also immerhin.

      »Ich habe um zehn einen Termin bei senhora Costa«, sagt Stephanie.

      »Senhora Costa?« Die Frau guckt fragend.

      Stephanie zeigt ihr die ausgedruckte E-Mail mit dem Termin.

      »Ach so, Sie meinen die doutora Sofia! Kommen Sie am besten morgen wieder, die doutora kommt montags nie.«

      »Hier steht doch, dass ich heute kommen soll«, sagt Stephanie, der das Ganze immer noch ein bisschen komisch vorkommt.

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