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Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
Читать онлайн.Название Der Dreißigjährige Krieg
Год выпуска 0
isbn 9783962818555
Автор произведения Ricarda Huch
Жанр Документальная литература
Серия Sachbücher bei Null Papier
Издательство Bookwire
»O heilige Melancholie im Lehnstuhl!« rief Khlesl, die Hände zusammenschlagend, aus, »das muss es freilich, wenn Sie ebenso werden, wie Ihr Bruder Rudolf war. Können Sie sich denn nicht wehren? Können Sie nicht vergnügt und tätig sein, wie Ihr verstorbener Herr Vater war?«
»Wenn du mir sagst, was ich tun soll, will ich es tun«, seufzte Matthias. Ferdinand habe ihm versprochen, sich bei seinen Lebzeiten in nichts einzumischen, es sei nur eine Formsache, wenn er ihm die Kronen von Österreich und Böhmen abträte, man brauche es nicht so wichtig aufzufassen.
Ja, sagte Khlesl, mit dem Leim pflege man stets die Ruten zu bestreichen, mit denen man Vögel fangen wolle.
Der Ferdinand habe sich doch bisher als ein frommer, offenherziger junger Mann gezeigt, meinte Matthias.
Ach Gott freilich, sagte Khlesl, dem Ferdinand sitze die Maske trefflich, er habe sie mit auf die Welt gebracht.
Ein unerwartetes Hindernis trat den beiden Erzherzögen von befreundeter Seite entgegen, indem der König von Spanien als ein Nachkomme König Ferdinands I. Ansprüche auf die Erblande erhob. Vergebens stellten sie dem spanischen Gesandten vor, wie unvorsichtig es zurzeit von der Familie sei, sich in offener und heimlicher Feindschaft vielfach zu zerspalten; er blieb unerschütterlich, wohl wissend, die armen deutschen Habsburger würden die geldmächtige spanische Verwandtschaft nicht aufs Spiel zu setzen wagen. In der Tat bequemten sich Maximilian und Ferdinand dazu, mit Spanien um den Preis seines Verzichts zu handeln, was sich, da auf der einen Seite möglichst viel verlangt wurde, auf der anderen so wenig wie möglich gezahlt werden wollte, durch viele Monate hinzog. Inzwischen begannen die Verhandlungen mit Khlesl, der sich grundsätzlich zwar mit der Nachfolge Ferdinands einverstanden erklärte, aber behauptete, erst müsse das Reich unter einen Hut gebracht werden, bevor man einen neuen Kaiser dazu suche. Bestehe denn überhaupt noch eine Reichsverfassung, wenn kein Tribunal mehr da sei, dessen Entscheid düngen sich alle unterwürfen, und also kein Recht mehr zu erlangen sei? Wenn jeder Stand nach Belieben Bündnisse schlösse und einer wider den anderen praktiziere und rüste? Auch würden nur wenig Fürsten mit Ferdinands Wahl einverstanden sein, bevor ein Vergleich geschaffen sei, und einen solchen herzustellen, müsse also der kaiserlichen Regierung erstes Bemühen sein.
Dagegen eiferte Maximilian, das wären nur Vorwände, durch die Khlesl die Sache hinausschieben wolle; den Ketzern entgegenzukommen, helfe und ändere nichts; man müsse diesen vielmehr den Meister zeigen, wie es auch früher Khlesls Meinung gewesen sei; nun aber gehe er auf gottlose Ränke und Schliche aus, um die Macht in der Hand zu behalten.
Noch in einem anderen Falle hatte Ferdinand die Gegnerschaft Khlesls zu spüren. Es gehörte zu seinem Erblande die sogenannte kroatische Mark, die zum Teil von einer wunderlich gemischten Bevölkerung besiedelt war. Zu Flüchtlingen, die der türkischen Herrschaft entsprungen waren, gesellte sich mancherlei wildes Gesindel von den Küsten und Bergen Istriens, und so entstand um die Stadt Zengg herum ein Seeräubervolk, das man Uskoken nannte und das unter dem Schutze der Erzherzöge von Steiermark ein abenteuerndes, gefährliches Wesen trieb. Häufig kamen nun die Uskoken in Streit mit der benachbarten Republik Venedig, die die Herrschaft im Adriatischen Meere ausübte und beanspruchte und der die Abenteurer zwar nicht ernstlich Trotz bieten, die sie aber durch Überfall, Raub und Mord empfindlich schädigen konnten. Da Ferdinand auf die Klagen Venedigs die Schuldigen nur dem Scheine nach bestrafte, in Wirklichkeit aber beschirmte, kam es zum Kriege zwischen ihm und der Republik, in den sich auch Matthias mit hineinziehen ließ, sehr zum Ärger Khlesls, der Ferdinand vergeblich zum Nachgeben hatte bestimmen wollen. Seiner Ansicht nach war Ferdinand im Unrecht, da er mit Seeräubern gemeine Sache mache; überhaupt aber, sagte er, sei überall so viel entzündlicher Stoff auf Weg und Steg versteckt, dass jedes Feuer, irgendwo aufgegangen, einen allgemeinen, nicht mehr zu löschenden Brand erregen könne, und man müsse deshalb den Frieden zu erhalten suchen und keine Funken fliegen lassen.
Namentlich dem Erzherzog Maximilian wurde es immer unleidlicher, sich überall von der Macht und Pracht Khlesls übertrumpft und ausgestochen zu finden. Da er selbst ein sparsamer Hauswirt war und doch niemals mit seinen Einkünften reichte, wurmte es ihn über alle Maßen, wenn er die mit sechs Pferden bespannte Karosse des Bischofs daherfahren sah, oder den mit Zobel gefütterten Mantel, den er im Winter trug, und die Kragen von feuerroter und violetter Seide, auf denen die gelbe Farbe seines Gesichtes hässlich hervortrat. Nicht nur wusste Khlesl geschickt seine Einkünfte zu vermehren, sondern er bezog auch von vielen Seiten, namentlich von Spanien, reiche Pensionen und half dem notleidenden Kaiser oft mit kleinen Summen aus. Sogar seine Diener konnten als Herren auftreten, denn ohne sie zu bestechen, gelangte niemand zu ihm. Schon seit Jahren sprach man davon, dass der ehrgeizige Bischof nach der Kardinalswürde strebe, und nun hieß es, der Papst könne dem Wunsche des um die Kirche so hochverdienten Mannes nicht länger widerstreben. Voll Ingrimm glaubte Maximilian wahrzunehmen, wie er den Kopf bereits höher aufwerfe und sich in Kleidern und Gebärden pfauenhafter spreize als sonst, und es schien ihm keine Zeit mehr zu krummen Wegen zu sein. Entschlossen legte er Matthias seine und Ferdinands unumstößliche Forderungen vor: Ferdinand müsse durchaus so bald wie möglich in den Erblanden und im Reiche zum Nachfolger gewählt werden. Ein Kurfürstentag müsse ausgeschrieben und die Kurfürsten zur Wahl veranlasst werden; machten die Evangelischen Einwände oder erschienen sie nicht, so müsse die Wahl ohne sie vorgenommen werden. Damit dem ungewöhnlichen Verfahren Nachdruck gegeben werden könne, müsse Matthias unverzüglich ein Heer rüsten, dann könne es ihm nicht fehlen. Nach einigem Sträuben und Wehklagen gab Matthias nach, sodass Maximilian schon den Sieg davongetragen zu haben glaubte.
Plötzlich jedoch nahm die Sache eine ganz andere Wendung: Das Memorial, in welchem Maximilian seine Forderungen aufgezählt und begründet und welches er der kaiserlichen Kanzlei eingereicht hatte, war auf unerklärliche Weise in die Hände der Evangelischen geraten, die sich nun beizeiten gegen die desperaten Anschläge zur Wehr setzen konnten. Es litt bei Maximilian keinen Zweifel, dass Khlesl der Urheber dieses Verrates sei, und er beschloss die Niederlage mit den äußersten Mitteln zu rächen. Sein Hass nahm zu, als eine päpstliche Abordnung dem Bischof die Ernennung zur Kardinalswürde überbrachte,