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ausgebildeten Journalistin alles auffiel. Ein andere Gäone hätte wohl gar nicht darauf geachtet.

      Es war ein Fehler gewesen, Ruogoovids Gesicht noch einmal in aller Ruhe zu betrachten. Ihr Unbehagen wurde stärker. Warum hatte Rhodan das verdammte Holo nicht ausgeschaltet? Ein kleiner psychologischer Trick? Wollte er die Zentralebesatzung der RAS TSCHUBAI damit permanent darin erinnern, welche Gefahr dem Schiff drohte?

      Sie bezweifelte, dass das notwendig war.

      Verdammt, wo bleibt die Verbindung? Was ist los auf Gäon? Wie geht es meinen Eltern?

      Als hätte es ihr sehnliches Flehen erhört, bildete sich vor ihr ein Holo. ANANSI unterstützte sie bei der Übertragung. Wahrscheinlich nicht aus reiner Freundlichkeit. Das Zweite Solare Imperium war in Sachen Überwachung schließlich auch kein Lämmchen, und sie vermutete, dass der Bordrechner der RAS TSCHUBAI ihren Funk kontrollierte. Sollte sie sensible Daten transferieren, würde ANANSI einschreiten und die Verbindung sofort unterbrechen.

      Aber sie hatte hoffentlich nichts zu befürchten. Sie hatte ANANSI mitgeteilt, dass sie die Reportage senden würde. Der Bordrechner hatte keine Einwände gehabt. Natürlich würde er den Bericht auf darin verborgene Inhalte untersuchen, das war ihr klar.

      Es blieb die in ihrem Gewissen schwärende Frage, welche Fassung der Reportage sie nach Gäon schicken sollte.

      Allerdings ... wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie diese Entscheidung längst getroffen.

      Das Holo zeigte nun einen Mann, der hinter einem Schreibtisch saß und einen ehrlichen, respektablen Eindruck machte: Crow Harrow, der allen, die es hören wollten, liebend gerne erzählte, dass seine Familie aus dem tiefsten Westen des nordamerikanischen Kontinents stammte und er somit einer der letzten reinrassigen Indianer aus dem Stamm der Krähen sei.

      Das war natürlich eine Lüge, die ihn nur interessant machen sollte. Aber wer mit kratziger Stimme sprach, äußerte sich besser nicht dazu. Glashäuser und Steine und so weiter. In ihrer Branche war es notwendig, Aufmerksamkeit zu erregen.

      »Ich grüße dich, Shari«, sagte er mit volltönender Stimme.

      Sie nickte knapp und erwiderte den Gruß. »Wie sieht es aus auf Gäon?«, fragte sie. »Weißt du was über meine Familie? Kannst du mir etwas sagen?«

      »Keine Zeit«, sagte Harrow. »Später. Die Verbindung steht. Wir müssen mit dem Interview beginnen. Hast du die Reportage fertig?«

      »Ja, den ersten Teil. Ich schicke ihn dir jetzt rüber.«

      Sie hob die Hand mit dem Multikom vors Gesicht.

      Welche Fassung?, dachte sie. Letzte Chance ...

      Sie entschied sich für die Wahrheit. Wie jede gute Journalistin es tun sollte.

      Sie schickte die Fassung B nach Gäon.

      Dann begann das Interview.

      *

      Crow Harrow: Wir sprechen nun live mit meiner Kollegin Shari Myre, die sich bekanntlich an Bord der RAS TSCHUBAI aufhält. Im Anschluss an unser Gespräch könnt ihr Sharis Reportage Die Nacht der 100 sehen, eine Sondersendung unserer beliebten Sendung Die Nacht der 1000, die Shari moderiert ... falls sie sich auf Gäon befindet. (Lacht.) Ich grüße dich, Shari. Wie ist die Lage an Bord der RAS TSCHUBAI?

      Shari Myre: Hallo, Crow. Die vielen Schwarzseher, die sich Sorgen um die Solastratorin und ihre Begleiter machen, kann ich von vornherein beruhigen. An Bord der RAS TSCHUBAI ist alles ruhig, alle verhalten sich völlig unaufgeregt. Hier herrscht eine routinemäßige Gelassenheit.

      Crow Harrow: Der Solastratorin geht es also gut?

      Shari Myre: (Legt die Stirn in Falten.) Sehr gut. Sie hat sogar ein wenig zugenommen. Die Bordküche der RAS TSCHUBAI birgt wirklich unglaubliche Überraschungen. Du hast noch nie von Muurt-Würmern gehört, oder? Die wurden erst nach unserer Zeit ins Solare Imperium importiert. Bei richtiger Zubereitung behaupten sie sogar, giftig oder deine reinkarnierte Großmutter zu sein.

      Crow Harrow: Interessant. (Schaut verdutzt drein.) Und was bekommst du von der Feindschaft gegen die Gäonen mit?

      Shari Myre: Keine Spur! Niemand zeigt feindselige Gefühle gegen uns. Ich erlebe es vor Ort mit. Solche Behauptungen kann man nur als böswillige Unterstellungen bezeichnen.

      Crow Harrow: Was ist an dem Vorwurf dran, dass Rhodan gemeinsame Sache mit den gefährlichsten Terroristen der Galaxis mache, den Vranoo ba'Drant, den Fürsten des Lichts?

      Shari Myre: Nicht das Geringste. Mir ist kein einziger Vranoo ba'Drant über den Weg gelaufen. Ich kann absolut nicht bestätigen, dass Perry Rhodan mit ihnen zusammenarbeitet.

      Crow Harrow: Du bist also nicht der Meinung, dass Rhodan ein Terrorist ist?

      Shari Myre: Genau, diese Meinung verweise ich ins Reich der Propaganda. Dagegen spricht auch das Verhalten aller Besatzungsmitglieder, mit denen ich gesprochen habe.

      Crow Harrow: Aber was ist nun, da die Thoogondu mit ihrer Armada eingetroffen sind?

      Shari Myre: Ich sehe die Gefahr, dass die Lage eskalieren wird. Perry Rhodan liegt nichts an bewaffneten Auseinandersetzungen. Er setzt weiterhin auf Diplomatie. Ausschließlich auf Diplomatie!

      Crow Harrow: Ruogoovid, der Befehlshaber dieser Flotte, der zugleich Kommandant der Pentasphäre AHAYOOTA ist, hat Perry Rhodan aufgefordert, ein gondisches Sicherheitskommando an Bord kommen zu lassen.

      Shari Myre: Ist mir bekannt. Er hat mit der AHAYOOTA ein eindeutiges Zeichen gesetzt. Das ist eine Pentasphäre der GARANT-Klasse, genau wie das Schiff des Ghuogondu, aber deutlich zweckmäßiger ausgestattet und Trägerschiff für eine Armada an Trisphären. Meines Erachtens ist das ein falsches Zeichen. Ruogoovid muss zweifellos Stärke zeigen als Repräsentant der sevcoorischen Hegemonialmacht, aber das kann man auch auf andere Weise. Vor allem, da Perry Rhodan sowieso auf Deeskalation setzt!

      Crow Harrow: Dieses Kommando sollte bis auf Weiteres den Befehl über die RAS TSCHUBAI übernehmen.

      Shari Myre: Perry Rhodan hat abgelehnt.

      Crow Harrow: Was werden die Thoogondu nun tun?

      Shari Myre: Ich weiß es nicht. Obwohl Ruogoovid gesagt hat, die Waffen werden sprechen müssen. Ist es die Ruhe vor dem Sturm?

      Crow Harrow: Ich könnte mir vorstellen ... (Trampeln schwerer Stiefel, Schreie) Was ...?

      Unbekannter: Tretet von dem Terminal zurück! Unterbrecht die Verbindung!

      *

      Shari Myre versteifte sich unwillkürlich.

      Sie kannte diese befehlsgewohnte Stimme nicht, aber sie kannte die Art zu sprechen: Militärisch knapp, präzise und ganz und gar nicht so, als würde sie Widerstand dulden.

      Soldaten ...

      Von einem Augenblick zum anderen fiel Shari Myres gelassene Professionalität von ihr ab. Sie hatte sich zusammengerissen, einen Schalter in ihrem Kopf umgelegt, wie sie es stets tat, wenn sie unter Anspannung stand. Es war eine Art Konzentrationsübung: Klick, und ihre Angst wurde unterdrückt, sodass sie sie nicht mehr wahrnahm. Was sie nicht wahrnahm, konnte sie nicht behindern, einschränken. Klein machen.

      Allein die Vorstellung, dass das Militär auf Gäon gegen ihre Berichterstattung von der RAS TSCHUBAI vorging, jagte ihr einen kalten Schauder über den Rücken. War es schon so weit mit ihnen gekommen?

      Im nächsten Augenblick wurden ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. »Zurück von dem Terminal!«, wiederholte die Stimme des Unbekannten, laut und klar verständlich.

      »Auf wessen Anordnung?«, fragte Crow Harrow.

      »Auf Befehl von Sternenadmiral Arbo P. Dannan!«, antwortete der Soldat.

      »Ich weigere mich, diesen Verstoß gegen ...«

      Ein Geräusch erklang, das Summen eines Paralysators.

      Shari sah das Gesicht

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