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      Diese Publikation erscheint mit freundlicher Unterstützung

      der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung.

      Heiner Boehncke | Hans Sarkowicz

      Die Geschichte

      Hessens

      Von den Neandertalern

      bis Ende 2020

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      Inhalt

       Geleitwort: Warum Hessen zu dem wurde, was es ist Prof. Dr. Walter Mühlhausen

       Vorwort

       Von der Steinzeit bis zur Herausbildung Hessens

       Von der Gründung Hessens bis zum Ende des Alten Reichs

       Von Kurfürstentümern, Großherzogtümern, Herzogtümern und Fürstentümern

       Unter den Fittichen des preußischen Adlers Hessen 1866–1933

       Hessen unterm Hakenkreuz

       Der Neubeginn nach 1945

       Kartenmaterial

       Verwendete Literatur (in Auswahl)

       Personenregister

       Bildnachweis

      Geleitwort

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      Warum Hessen zu dem wurde, was es ist

      Es gehört zum Schulwissen nicht nur der Hessen, dass der Limes als nördliches Bollwerk der Römer gegen die widerspenstigen Germanen mitten durch das Gebiet des heutigen Hessen verlief, dass Bonifatius in seinem Missionsdrang bei Geismar/Fritzlar die dem germanischen Gott Donar gewidmete Eiche in einem symbolischen Akt fällte und damit die Christianisierung auch des späteren Raumes Hessen vorantrieb. Weniger bekannt dürfte es sein, dass König Jérôme Bonaparte, der Bruder von Napoleon I., in Rotwein oder Kalbsbouillon zu baden pflegte, sich mit einer Schar von Mätressen bis zur Erschöpfung vergnügte (und dann nicht fähig war, seinen Staatsgeschäften nachzukommen) und an die 26 000 Spitzel beschäftigte. Aber – was hat der Franzose eigentlich mit Hessen zu tun? Nur der Kundige und Interessierte weiß um die Bedeutung von »König Lustik« für die Geschichte des Landes als Herrscher des »Königreichs Westphalen« mit seiner Hauptstadt Kassel. Er herrschte ab 1807 am Beginn einer spannungsgeladenen Periode, in der grundlegende Weichenstellungen für das weitere Werden des Landes fielen. Die Jahre waren geprägt auch von Kämpfen zwischen den nach Freiheit und Befreiung von Steuerlasten strebenden Hessen und den französischen Besatzern. Kurhessen erwarb sich, so der große Landeshistoriker Karl E. Demandt in seiner fabelhaften Geschichte des Landes Hessen, den Ruf, »ein Zentrum des Widerstands gegen die Fremdherrschaft von europäischer Ausstrahlungskraft« zu sein. Dieses Rebellische galt mehr oder weniger für alle Hessen über die Jahrhunderte hinweg – auch wenn es um 1800 den Hessen oder die Hessin eben nicht gab.

      Am Beispiel der Darstellung der siebenjährigen Franzosenherrschaft offenbart sich das Charakteristikum der hier vorliegenden Geschichte Hessens von der Steinzeit bis zur Globalisierung des 21. Jahrhunderts: Es ist ein Wechselspiel von Wegmarken und Aperçus der Zeitläufe. In einem weiten Bogen zwischen dem Grundlegenden und der Episode bewegt sich das Meisterpaar der hessischen Geschichtserzählung, Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz, die bereits mit zahlreichen Veröffentlichungen Licht in das Dunkel des Vergangenen im Land jener Fürsten gebracht haben, die ihre Landessöhne an fremde Herrscher als Soldaten verschacherten, um dem eigenen üppigen Lebensstil frönen zu können. Den Autoren gelingt es, die wechselvolle, an Ereignissen, Brüchen und bemerkenswerten Persönlichkeiten reiche Geschichte des Raumes über die Zeitenwenden hinweg zwischen zwei Buchdeckeln zu verpacken. Das ist umso mehr eine beachtliche Leistung, als »Hessen« über Jahrhunderte hinweg ein »verwirrendes Mosaik an Kleinterritorien« – »ein territoriales Puzzlespiel irgendwelcher Herren« war (Alfred Pletsch). Der historische Flickenteppich konsolidierte sich erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als es nach Franzosenherrschaft und Wiener Kongress 1814/15 erstmals größere Territorialstaaten im Gebiet des heutigen Hessen gab, und zwar sechs an der Zahl: das Kurfürstentum Hessen(-Kassel), das Großherzogtum Hessen(-Darmstadt), die Landgrafschaft Hessen-Homburg, das Herzogtum Nassau, das Fürstentum Waldeck-Pyrmont und die Freie Stadt Frankfurt.

      Die weitere räumliche Gliederung der hessischen Territorien war ganz wesentlich Resultat des preußisch-österreichischen Krieges von 1866, als sich das Kurfürstentum Hessen und das Herzogtum Nassau auf die Seite des letztlich unterlegenen Österreichs geschlagen und die bis dahin Freie Stadt Frankfurt Österreich die Bundestreue gehalten hatte. Kurhessen, Nassau und Frankfurt verloren ihre Existenz als souveräne Staaten und gingen mit der Landgrafschaft Hessen-Homburg in Preußen auf. Demgegenüber behielt das unterlegene Großherzogtum seine Selbstständigkeit und zog schließlich als eigener Bundesstaat in das 1871 gebildete Deutsche Reich ein. Das alles kann man hier vorzüglich in gekonnter Prägnanz nachlesen, auch was mit dem kleinen Fürstentum Waldeck so alles geschah.

      Erst die amerikanische Besatzungsmacht schuf im September 1945 das Hessen in den Grenzen, wie wir sie heute kennen. Es gab sie also nicht, die eine hessische Politik. So stellten sich die Historikerinnen und Historiker immer wieder die Frage: Wer oder was ist eigentlich hessisch? Wer oder was sind die Hessen? Um dieses zu beantworten, folgten sie in ihren Einzeldarstellungen zumeist den jeweiligen Territorien. Nicht so Boehncke und Sarkowicz, die »ihr« Hessen immer als Ganzes in den heutigen Grenzen in den Blick nehmen.

      Geschichte kann faszinieren, Geschichtsschreibung kann fesseln, wenn sie wie hier, von akademischer Kleinkrämerei und kathederhafter Faktenhuberei befreit, für die historisch interessierte Leserschaft konzentriert und gekonnt erzählt wird, ohne sich einer Beliebigkeit auszusetzen. Lassen Sie sich über große Linien und kleine Besonderheiten durch die hessische Geschichte führen, die reich am bemerkenswerten Besonderen und am ungewöhnlichen Alltäglichen ist. Die Autoren haben in ihrer Darstellung eine ausgewogene Mischung zwischen dem typisch Hessischen und dem gefunden, was über Hessen hinaus Allgemeinbedeutung besaß. Ohne sich um das Urteil zu winden, ohne das eindeutige Wort zu vermeiden, beschreiben sie kurzweilig und doch tiefschürfend, wie Hessen zu dem wurde, was es heute ist, eine »Einheit in der Vielfalt« (Barbara Dölemeyer), entstanden aus der Vielfalt. Boehncke und Sarkowicz berichten von Mächtigen und Machtlosen, von Unterdrückern und Unterdrückten, von Verführern und Verführten; wir lesen von Prunk und Leid, von Kampf und Frieden, von Revolution und Restauration, von Neid und Intrige, von Wegen und Irrwegen in der Geschichte Hessens über die Jahrtausende hinweg.

      Wir erfahren außerdem, warum »Texasverein« und »Freistaat Flaschenhals« einen Bezug zu Hessen haben. Das eine steht für eine gezielte Politik gegen den Pauperismus und zur Regelung eines Massenexodus, das andere für eine schildbürgerliche Randepisode als Resultat von mangelhafter Kenntnis in Geografie und Geometrie. War das hinreichend erklärt? Wenn nicht, dann gehen Sie doch selbst auf Entdeckungsreise durch die Geschichte Hessens. Sie ist hier meisterlich

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