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auf einem Marmorsockel die un­schein­bare Statue des antiken Fluss­gottes Nil. Es handelt sich tat­säch­lich um ein Kunst­werk aus römi­scher Zeit, das in den Wirren der Völ­ker­wanderungen ver­loren ging und erst im 12. Jh. wieder aufgefunden wurde. Der im Mittelalter fehlende Kopf wurde 1667 hinzugefügt. Die Bar gegenüber heißt standesgemäß Bar Nilo. Wer hi­nein­schaut, entdeckt an der Wand ei­nen Altar für Diego Ma­radona. Der ar­gen­tinische Fußballprofi, bekannt durch die „Hand Gottes“ im Länder­spiel 1986 ge­gen England, wurde 1987 und 1990 mit dem SSC Neapel italie­ni­scher Fuß­ball­mei­ster. Hiesigen Tifosi gilt er noch immer als sakrosankt.

      Die Privatkapelle der Adelsfamilie San­se­vero ist von außen unscheinbar, birgt aber ein bemerkenswertes Kunst­werk, das man sich nicht entgehen lassen darf. Es han­delt sich um die Statue des Verhüllten Leichnam Christi (Cristo velato), die der nea­po­litanische Meister Giuseppe San­martino 1753 schuf. Von atem­beraubender An­mut ist das Lei­nen­tuch aus Marmor, das auf die Be­trachter der „Pietella“ wie ein trans­pa­ren­tes Tuch wirkt, obwohl es in Wahr­heit aus einem Stück mit dem Rest der Sta­tue angefertigt wurde. Es handelt sich in der Tat um ein kolos­sales Meister­werk der Barock­kunst! Zudem be­herbergt das Kirchlein zwei ana­to­mi­sche Modelle, die ein wenig an Gunther von Hagens und seine platinierten mensch­lichen Körper er­in­nern. Die „Skulp­turen“ − es handelt sich um ei­nen Mann und eine schwangere Frau − entstanden ebenfalls im 18. Jh. Wis­sen­schaftliche Unter­suchungen erg­a­ben 2008 die Echtheit der Skelette, das Netz der Blutgefäße hingegen ist künst­lich und be­steht aus Draht und farbi­gem Wachs. Die an ein Wunder­ka­bi­nett ge­mahn­enden Aus­stattungs­stücke ga­ben im­mer wieder zu Spe­ku­la­tio­nen Anlass, zumal der da­ma­li­ge Eigentümer der Privatkapelle Frei­mau­rer war, dem man beste Be­zie­hun­gen zur al­chi­mis­ti­schen Szene nachsagte (→ Kasten, siehe unten).

      ♦ Tägl. außer Di 9−19 Uhr. 8 €, erm. 6 €. Via Francesco De Sanctis 19−21, www.museosansevero.it.

      Freimaurer, Erfinder, Alchimist: Raimondo, Fürst von Sansevero

      Raimondo di Sangrio (1710−1771), Fürst von Sansevero, war eine schil­lern­de Figur im barocken Neapel. Der Soldat in Diensten der Bour­bonen erhielt in Rom eine fundierte Jesuitenausbildung, be­vor er sich in Neapel niederließ und in der Hauptsache wisse­n­schaft­liche Forschungen betrieb. Zahlreiche Frei­maurersymbole in der Privatkapelle der Familie Sansevero (→ siehe oben) las­sen ver­mu­ten, dass Raimondo Mitglied in den Geheimbünden der Frei­mau­rer und Rosenkreuzer war. Im Lauf der Zeit stieg er sogar bis zum Lo­gen­meister auf. Vielen Zeitgenossen, v. a. den Ver­tre­tern der Kir­che, war das Trei­ben des Adeligen jedoch überaus sus­pekt. Den Gip­fel der Ab­son­der­lich­kei­ten markierten die Skelette, die noch heu­te in der Kapelle ausgestellt sind. Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand wur­de gemunkelt, Raimondo habe lebenden Men­schen eine Art al­chi­mistisches Zauberserum injiziert, um das augen­blickl­iche Erstarren des Gefäßapparates zu erwirken. Tatsächlich kaufte er eins dieser Modelle der menschlichen Anatomie einem Arzt aus Sizi­lien namens Giuseppe Salerno ab, nachdem er es auf einer öffent­lichen Ausstellung entdeckt hatte. Das zweite Modell, die schwangere Frau, gab er danach bei dem Arzt in Auftrag.

      Die Stiftskirche wäre eventuell kaum eines Blickes wert, wenn sich innen nicht ein ganz besonderes kunst­histo­ri­sches Kleinod befände. Es handelt sich um das Grab­mal des Kardinals Bran­caccio, weswegen das Gottes­haus auch als Cappella Bran­cac­cio bekannt ist. Die sechs Skulpturen − fünf stehend, eine lie­gend − schufen mit Do­natello und Michelozzo zwei bedeutende Renais­san­ce­bildhauer. Be­merkenswert sind die Faltenwürfe der Gewänder!

      ♦ Mo−Sa 8.30−13 und 16.30−18.30, So 8.30−13 Uhr. Eintritt frei.

      Karg wirkt die Fassade der Domini­ka­ner­kirche von außen, innen über­wäl­tigt üp­pi­ger Barock. Die prächtige Aus­stattung erzeugt einen stimmigen Ge­samt­eindruck und verhehlt dabei nicht, dass es sich ursprünglich um ein goti­sches Bauwerk han­del­te. Übrigens stu­dier­te 1239−1244 Thomas von Aquin am Studium Generale der Uni­versität von Neapel; der Dominikaner sollte in der Folge zu einem der be­deu­tendsten Kir­chenlehrer des Mittelalters werden. Seltsamerweise führt vom Vor­platz am Spaccanapoli eine Treppe hinauf und in die Kirche, wobei man das Gottes­haus durch eine Türe direkt am Haupt­altar betritt! Im Kloster nebenan wer­den die Kirchenschätze ausgestellt, die sich bei einer Führung begutachten lassen.

      ♦ Kirche: Tägl. 10−19 Uhr. Eintritt frei. Klos­ter und Museum: Tägl. 10−18 Uhr. Füh­run­gen 5 €, erm. 4 € (kompakt), 7 €, erm. 5 € (aus­führlich). Piazza San Domenico Maggiore 8a, www.museosandomenicomaggiore.it.

      Der ehemalige Klaris­sinnen­konvent zählt zu den Haupt­sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Fen­ster der riesigen Kir­che im Zentrum des Kloster­kom­plexes lassen nur we­nig Licht hinein, und auch sonst wirkt das hoch aufragende go­ti­sche Längsschiff auf den ersten Blick etwas karg. Eigen­artigerweise ver­zichtet der Sakralbau auf Quer­haus und Chor, was kon­zeptionelle Gründe hat: Der benach­barte Kla­ris­sin­nen­kon­vent musste nämlich integriert werden, ein Problem, das die Architekten im 14. Jh. mit einem komplett vom In­nen­raum abgetrennten Nonnenchor lös­ten. Das Längsschiff wird auf beiden Seiten von Kapellen flankiert, die u. a. als Grab­kapellen nea­politanischer Herr­scher fungierten. Das kunst­his­to­risch be­deu­tendste Grabmal befindet sich hin­gegen am Hochaltar. Hier ruh­en die sterb­lichen Reste Roberts von Anjou, Mitte des 14. Jh. schufen die flo­ren­ti­ni­schen Kün­st­ler Giovanni und Pacio Ber­tini das Monumentalgrab. Ein Bom­benangriff am 4. August 1943 richtete schwere Zerstörungen in der Kirche an.

      Sehenswert ist auch der Kreuzgang südlich der Kirche. Einzig­artig sind die Säu­len, Balustraden und Sitzbänke, die mit farbigen Majolika­platten gefliest sind. Der spielerisch-leichte Gesamt­ein­druck will so gar nicht zur monas­ti­schen Strenge pas­sen, schließlich leben heute noch immer einige franzis­ka­ni­sche Minder­brüder in dem Kloster. Den Majolika­kreuzgang schuf 1739 der be­deu­te­nde neapoli­tanische Ma­ler und Ro­koko­bildhauer Domenico Antonio Vaccaro. Den Umbau der mit­tel­al­ter­lichen Klo­ster­anlage im Stil des Barock sponserte u. a. die Königin Maria Ama­lia von Sachsen, Frau des Bour­bonen­kö­nigs Karl III., mit nicht geringen finan­ziellen Mit­teln. Vom Seitenflügel des Kreuz­ganges ist ein über­sich­t­li­ches, aber se­hens­wer­tes Museum zu­gän­g­lich (Museo­ dell’Opera): Die ge­zeig­ten Ex­ponate illustrieren As­pekte der Bau­geschichte und stammen aus unter­schiedlichen Epochen von der Go­tik bis zum Barockzeitalter. Außerdem sind vom Museum die freigelegten Res­te ei­ner Therme aus römischer Zeit zu­gäng­lich. Es handelt sich um die grö­ßte bislang ent­deckte Thermen­an­la­ge im Stadt­ge­biet; die wichtigsten Funde aus dem Gra­b­ungs­areal werden ebenfalls ne­ben­an im Museum präsentiert.

      ♦ Kirche: 7.30-13 und 16.30-20 Uhr. Kloster: Mo−Sa 9.30−17.30, So 10−14.30 Uhr. 6 €, erm. 4,50 €. Via Santa Chiara 49c, www.monasterodisantachiara.it.

      Oase der Ruhe: Der Majolika-Kreuzgang von Santa Chiara

      Von außen ist dieses Gotteshaus aus gu­tem Grund nicht als ein solches er­kenn­bar: Denn ursprünglich befand sich hinter der Diamantquaderfassade mit den Py­ra­mi­den­spitzen aus Stein der Palazzo der Adelsfamilie San­se­ve­ri­no. Im Zeitalter der Re­nais­sance ent­wi­ckel­te sich der Palast zu einem der be­deu­tend­sten kulturellen Zen­tren der Stadt. Nach der gescheiterten

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