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Dioskurentempels schmücken die Renaissance-Fassade der Chiesa San Paolo Maggiore, die sich heute an­stelle der anti­ken Forumsbauten an der Piazza San Gaetano erhebt. Namhafter als die Via Tribunali ist eine parallel verlaufende Gas­se, die auf viele Namen hört, den meisten Neapolitanern jedoch als „Spalt Neapels“ (Spaccanapoli) ein Begriff ist. In der Tat spal­tet diese Gasse das Altstadtquartier radikal in zwei Hälften. Am besten ist die­ser Ef­fekt vom Castel Sant’Elmo auf dem Vomero-Hügel zu erken­nen. Wie po­pu­lär der Na­me noch heute ist, zeigt u. a. die Tat­sa­che, dass sich ei­ne Ta­ran­tel­la-Musik­grup­pe nach dieser Gasse be­nannt hat. Die Hauptfla­nier­mei­le mit zahl­rei­chen Ge­schäften, Bars, Res­tau­rants und − na­tür­lich − Sakralbauten präsentiert sich zu jeder Tages- und Nachtzeit für Ortsfremde wie Ein­hei­mi­sche als hochattraktives Pflaster! Die be­rühmte Krippengasse ver­bindet den Spaccanapoli mit der anfangs er­wähn­ten Via Tri­bu­na­li.

      Einigen Flaneuren ist vermutlich nicht bewusst, dass sich unter dem heu­ti­gen Straßenniveau die Über­blei­b­sel aus der Antike befinden. Im Mittel­alter setz­ten die Bewohner ihre Häuser schlicht auf die vorhandenen Funda­men­te; und bis heu­te benutzen sie die da­runterliegende Bausubstanz aus grie­chisch-römischer Zeit als Keller. An meh­reren Stellen gibt es die Mög­lich­keit, von der Moderne in die An­tike hi­nab­zu­steigen: im Kom­plex San Lo­renzo Mag­giore oder im Rahmen ei­ner Füh­rung durch den Un­tergrund von Nea­pel (Napoli Sot­ter­ranea). Der be­rühm­te „Bauch Neapels“ bie­tet je­doch weit mehr als Einblicke in an­tike Bau­sub­s­tan­zen, denn während des letz­ten Welt­kriegs nutzten die Nea­po­litaner die Ka­ta­komben als Luft­schutz­bunker. Gran­dios ist das über­wie­gend aus der rö­mi­schen Epoche stam­mende un­ter­ir­dische Zi­sternen­system!

      Bei den zahlreichen Be­sich­ti­gungs­op­tio­nen sollte man nicht ver­ges­sen, dass die Altstadt mehr als Kir­chen, Klös­ter und Kreuzgänge bietet. Das Quar­tier prä­sentiert sich als durch­weg freund­liches und stets stim­mungs­volles Pa­noptikum des neapo­li­ta­ni­schen All­tags mit alter­nativer Kunst im öffent­li­chen Raum, charmanten Hin­ter­höfen, frisch ge­wa­schener Wä­sche zwi­schen Wohn­häu­sern u. v. m. 1995 wur­de die Alt­stadt zum Welt­kultur­erbe erklärt.

      Antike Wasserversorgung

      Die Führung durch den „Bauch Nea­pels“ konfrontiert Besucher mit der über 5000 Jahre wäh­renden Geschichte Nea­pels, in der sich eine labyrinthische Parallelwelt unter Tage gebildet hat. Die Gesamtlänge des Systems aus Grotten und Tunnels unter der Alt­stadt beträgt über 100 km! Der eine Teil der geführten Tour begutachtet zu­nächst eine der berühmt-berüchtigten bassi − der fensterlosen, im Winter stets klam­men Erdgeschosswohnungen der urba­nen Unterschichten. Am mu­seal her­ge­rich­teten basso lässt sich gut er­ken­nen, dass man sozusagen Seite an Seite mit den an­tiken Ruinenresten leb­te (und teilweise immer noch lebt), in die­sem Fall den Re­sten des römischen Thea­ters aus dem 4. Jh. v. Chr. An­geb­lich trat der nach öf­fent­li­cher Zu­stim­mung gierende Kaiser Nero hier vor Pub­likum auf! Beinahe noch in­te­res­san­ter ist der zweite Teil der Führung durch das v. a. in römischer Zeit ge­wach­sene Sy­stem unterirdischer Zisternen und Was­ser­leitungen. Die Besucher schie­ben sich, teilweise mit Kerzen in der Hand, durch Gänge in klau­stro­pho­bi­scher Enge, dann wieder weitet sich die Sze­nerie und der Blick fällt auf bizarre Tuff­stein­ka­vernen. Wo die Einwohner im Zwei­ten Weltkrieg Schutz vor Bomben such­ten, züchtet man heute Kräuter oder lagert Wein (Letzteren gibt es im Shop am Ausgang zu kaufen).

      ♦ Führungen tägl. 10−18 Uhr zu jeder vollen Std. (ital.), engl. Führungen um 10, 12, 14, 16 und 18 Uhr. 10 €, erm. 8 €, Kinder (5−10 J.) 6 €. Piazza San Gaetano 68, www.napolisotterra­nea.org.

      Der Komplex an der Abzweigung der Krippengasse von der Via Tribunali besteht aus drei Teilen: der Basilika, dem Kloster sowie den Ausgrabungen aus der Antike un­terhalb des Gottes­hauses. Kirche und Kloster gehörten im Mittelalter dem Fran­zis­kanerorden an, den Sakralbau im Stil der franzö­si­schen Gotik initiierte König Karl von Anjou im letzten Drittel des 13. Jh. Das ungewöhnlich breit konzipierte Haupt­schiff endet am architektonisch be­son­ders schön gelungenen Chor­umlauf. Eben­falls im Chor ist an zwei Stellen mit Plexiglas das originale Boden­mo­saik ab­ge­deckt; es stammt von der früh­christlichen Vorgängerkirche aus dem 6. Jh., die dem hl. Laurentius ge­weiht war.

      Lustiges Panoptikum: Neapels einzigartige Krippengasse

      Das angrenzende Kloster mit dem freskenverzierten Refektorium (Sala Sisto V.) aus dem 17. Jh. und dem schmu­cken Kapitelsaal (Sala Capito­lare) birgt den Zugang zu den Aus­gra­bun­gen aus griechisch-römischer Zeit. Zu sehen ist der ehe­malige Cardo Maxi­mus nebst an­grenzenden Geschäften, u. a. mit Wäscherei, Bäckerei und ei­ner Stoff­handlung. Eine stimmungsvolle Be­leuch­tung verleiht den erstaunlich gut kon­servierten Relikten aus der An­tike einen ganz spezifischen Reiz. Der Rund­gang en­det schließlich im Mus­eum, das in verschiedenen Räu­men Fund­objekte aus der An­tike, darunter Sar­kophage und Keramiken, sowie s­a­krale Kunst prä­sentiert. Ein Mo­dell ver­anschaulicht die exakte Lage des römi­schen Theaters (→ Link) in der heu­tigen Altstadt.

      ♦ Tägl. 9.30−17.30 Uhr. 9 €, erm. ab 6 €, Kombiticket mit Galleria Borbonica (→ unten) 15 €, erm. 10 €. Piazza San Gaetano, www.sanlorenzomaggiorenapoli.it.

      Was bei uns der Tannen­baum, ist für Neapolitaner die Krippe. Aus diesem Grund herrscht in den Kunsthand­werks­boutiquen beiderseits der Krip­pen­gasse in der Vor­weihnachtszeit der größte Trubel. Die neapoli­tanische Krip­pen­kunst ist jedoch weit mehr als gelebte christ­li­che Volks­frömmigkeit, denn wer genauer hin­sieht, entdeckt in den Auslagen Fi­gu­ren, die im Weihnachts­kontext eigent­lich nichts verloren haben: Politiker, Fuß­ball­spie­ler, Stars aus dem aktuellen Showbiz oder Prominente, die − aus welchen Grün­den auch immer − im jeweiligen Jahr in die Schlagzeilen geraten sind. Manche ver­or­ten daher die Ursprünge dieser Tradition in vorchristlichen Zei­ten. Das 18. Jh. brachte die Blüte der Krip­pen­kunst: Während man im höfi­schen Kontext Figuren aus feinem Por­zellan be­vorzugte, war man beim ein­fa­chen Volk etwas sparsamer und formte die Figuren aus Holz-Draht-Gestellen, an die man Tonköpfe befestigte. Auf diese traditionelle Art entstehen die Figuren noch heute, wobei zunehmend Bil­ligware aus Fernost den ein­hei­mi­schen Künstlern das Leben erschwert. Neben Krip­penfiguren findet man in den Vitrinen häufig das rote Hörnchen (corno) − ein be­liebter Glücksbringer (→ Link).

      Die Kirche und der Kreuzgang sind − über jeweils getrennte Treppen­auf­gän­ge − von der Krippen­gasse aus zu­gäng­lich und werden angesichts des Rummels rund um die Ver­kaufsstände gerne übersehen. Der Sakralbau ent­puppt sich als ty­pischer Ver­tre­ter nea­po­l­ita­ni­scher Ba­rockkunst mit einer prachtvollen Fres­ken­ausstattung, die bei­nahe voll­ständig vom neapoli­tani­schen Ba­rock­künstler Luca Gior­dano stammt. Der wunderbar weit­läufige Kreuz­gang wiederum wirkt im Gegen­satz zum Stadt­ge­tüm­mel wie eine Oase. Ein Au­gen­schmaus ist der mar­morne Barockbrunnen in der Mit­te mit allerlei verschlungenen Figuren und Meeres­tieren.

      ♦ Kirche: Mo−Sa 9−12, sonn- und feiertags 9−13 Uhr. Eintritt frei. Kreuzgang: Mo−Fr 9.30−13, Sa/So

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