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größerer Schaden zu erwarten ist.

      Oftmals scheuen Führungskräfte aber davor zurück, sich in einem Konflikt persönlich zu engagieren, weil sie sich hierfür nicht kompetent genug fühlen. Sie glauben, nicht über die erforderliche Qualifikation und Erfahrung zu verfügen, die für ein effektives Konfliktmanagement erforderlich sind. Das ist verständlich, weil sie zurecht befürchten, aus der Unsicherheit heraus die Situation eher noch zu verschlimmern. In der Praxis wird der Konflikt dann oft ignoriert oder bagatellisiert. Oder es kommt zu halbherzigen Aktionen, mit denen nicht wirklich etwas geklärt wird. Und das ist fatal. Denn so entsteht ein Gefühl der Hilflosigkeit (»Es ist fast schon gleichgültig, was wir tun. Wir haben schon alles versucht, aber wir bekommen das Problem einfach nicht in den Griff«).

      Bedenken Sie: Es ist gar nicht unbedingt erforderlich, dass Sie bei der Konfliktlösung selbst eingreifen. Die Angelegenheit kann auch an einen kompetenten Kollegen oder Mitarbeiter delegiert werden – solange nur die Zuständigkeit bzw. Verantwortung beim Chef bleibt. Auch die Einbindung eines erfahrenen externen Konfliktmoderators kann helfen, wenn Sie als Führungskraft zum Beispiel mit anderen Aufgaben ausgelastet oder überlastet sind.

      Wenn Sie aber selbst eingreifen, sollten Sie jede Möglichkeit nutzen, dann auch ein Feedback zu Ihrem Verhalten zu erhalten. Ein Konflikt bietet Ihnen die Chance, als Führungskraft zu wachsen. Deshalb sollten Sie sich nicht nur für die Klärung des Konfliktes zuständig fühlen, sondern auch unbedingt mit offenen Ohren und echtem Interesse den Verlauf bzw. die Ergebnisse verfolgen. So erhalten Sie wertvolle Hinweise zu Ihrem Führungsstil – und zwar in Bezug auf dessen konkrete Auswirkungen. Denn der Umstand, dass es zu einem gravierenden Konflikt gekommen ist, ist auch immer das Ergebnis des vorausgegangenen Umgangs miteinander. Sofern es nicht um unvermeidbare und zu erwartende Sachkonflikte geht (»Wer bekommt das höhere Budget? Wer erhält die Gehaltserhöhung oder die Prämie? Wie werden Zeit- oder Personalressourcen verteilt?«), bieten Konfliktsituationen oft Hinweise darauf, ob und in welchen Bereichen Sie Ihr Führungsverhalten eventuell verändern sollten.

       Keinen Stress, bitte!

      Vor einiger Zeit hatte ich eine Anfrage des Geschäftsführers eines mittelständischen Dienstleistungsunternehmens: »Können Sie für meine Regional- und Abteilungsleiter ein Kommunikationstraining machen? Die müssen lernen, wie man miteinander redet.« Auf meine Nachfrage, wie denn die aktuelle Situation sei und was ihn dazu veranlasst habe, gerade jetzt aktiv zu werden, sagte er: »Meine Führungskräfte kommunizieren nicht vernünftig miteinander, sodass Projekte nicht vorankommen oder sogar mit hohen Kosten scheitern. Gerade jetzt steht ein neues größeres Projekt an, das mit dieser Truppe so nicht zu machen ist.« Danach gefragt, ob er denn an einem solchen Kommunikationstraining auch selbst teilnehmen würde, erhielt ich die interessante und typische Antwort: »Nein, da will ich mich gar nicht einmischen. Wenn der Chef dabei ist, werden ja bestimmte Dinge doch nicht so zur Sprache gebracht. Außerdem geht es ja darum, dass die Manager miteinander besser kommunizieren sollen. Da will ich nicht im Weg stehen.« Ich konnte ihn dann aber doch davon überzeugen, zumindest an einer Feedbackrunde teilzunehmen, und fragte ihn, ob er denn gegebenenfalls bereit sei, sich von seinen Führungskräften ein Feedback geben zu lassen. Seine schnelle, ja beinahe reflexartige – und darum »verdächtige« – Antwort: »Selbstverständlich. Wir sind hier ja alle offen für Rückmeldungen.«

      Es kam dann tatsächlich zu einem sehr offenen Austausch. Allerdings: Schnell wurde klar, dass das eigentliche Problem nicht die mangelnde Kommunikationsfähigkeit der Manager war. Vielmehr waren nach ihren bisherigen Erfahrungen neue Projekte in der Vergangenheit immer wieder von oben »verordnet« worden, ohne dass sie in die Entscheidungen eingebunden gewesen waren. Kritische Rückmeldungen zu Schwierigkeiten in der Umsetzung waren immer wieder im Sande verlaufen, sodass nur noch die nötigsten Informationen weitergegeben wurden; aber auch das häufig nur nach expliziter Nachfrage.

      Ich habe dann statt eines Kommunikationstrainings einen Klärungsprozess-Workshop mit Geschäftsführerbeteiligung vorgeschlagen und dem Geschäftsführer bereits vorher mitgeteilt, dass er sich voraussichtlich auch auf ein kritisches Führungsfeedback einstellen müsse. Nach anfänglichen Bedenken war er dazu bereit. Ich habe ihm aber auch zugesichert, ihn zu unterstützen, falls die große Kritiktirade über ihn hereinbrechen sollte. Nach mehreren vertrauensvollen Vorbereitungstelefonaten war unser Kontakt schließlich so stabil, dass er sich auf dieses Wagnis einlassen konnte. Und das wurde es schließlich auch für ihn: ein Wagnis.

      Als im Workshop deutlich wurde, dass heute wirklich offene Meinungen gefragt seien, legten die Teilnehmer schnell ihre anfängliche Skepsis ab und nahmen kein Blatt vor den Mund. Ein Regionalleiter sagte ganz unverblümt und mit ungebremst-aggressivem Unterton: »Sie laden uns zwar offiziell zu einer offenen Kritik ein. Wenn allerdings jemand tatsächlich den Mut aufbringt, Ihnen zu widersprechen und Ihre Entscheidungen in Frage zu stellen, dann wollen Sie das gar nicht so genau wissen und stellen den Kollegen vor den anderen als inkompetent dar. Auf diese Bloßstellungen hat natürlich niemand Lust. Da dürfen Sie sich nicht wundern, wenn irgendwann keiner mehr den Mund aufmacht.«

      Mein Job war es, diesen Angriff in ein konstruktives und wertschätzendes Feedback umzuformulieren, das zwar die Kritikpunkte klar benennt, aber den Stachel der anklagenden Du-Botschaft herausnimmt, sodass der Geschäftsführer das Feedback trotz der deutlichen Kritik annehmen konnte. Wer sich angegriffen fühlt, reagiert in den meisten Fällen mit Widerstand, versucht sich zu rechtfertigen oder seinerseits anzugreifen und hat keine Kapazitäten mehr frei, um zuzuhören und zu verstehen. Dann hätten zwar der Regionalleiter und die andern Teilnehmer vielleicht das Gefühl gehabt, ihrem Geschäftsführer mal so richtig die Meinung gesagt zu haben; aber geholfen hätte das letztlich nicht. So aber erhielt der Geschäftsführer eine wichtige, konstruktive Rückmeldung zu seinem Führungsstil, die er vermutlich nicht bekommen hätte, wenn es ein »Kommunikationstraining« nach seinen ursprünglichen Vorstellungen ohne ihn gegeben hätte. Am Ende der Veranstaltung war er trotz der unangenehmen Situation froh, dass er sich darauf eingelassen hatte. Er wusste vor allem die Offenheit der Teilnehmer zu schätzen. Und er bat seine Mitarbeiter ganz explizit darum, ihn zukünftig deutlich darauf hinzuweisen, falls sie sich durch seine Äußerungen oder sein Verhalten bloßgestellt fühlen sollten.

      Aus meiner Erfahrung ist es fast nie so, dass Menschen im beruflichen Kontext erst lernen müssen, wie sie miteinander reden sollen. Stattdessen sind es entweder die unklaren persönlichen Standpunkte oder die äußeren Strukturen, die eine angemessene Kommunikation verhindern. Wenn aber innere und äußere Klarheit gegeben ist, sind die Beteiligten durchaus in der Lage, damit kraftvoll nach außen aufzutreten und sich konstruktiv auszutauschen. Allerdings ist es manchmal ein längerer, anstrengender Prozess, bis die unterschiedlichen Positionen tatsächlich eindeutig sortiert sind.

       3.Wenn der Schein trügt: Psychotricks und ihre Nebenwirkungen

       Darum geht es jetzt!

      Warum logisch nicht unbedingt psycho-logisch bedeutet, wir uns oftmals wider besseres Wissen verhalten und was das alles mit Lust zu tun hat. Was der hohe Preis der Manipulation ist. – In einem kleinen Exkurs in die Welt der Magier werden spannende Parallelen zur Businesswelt und zu Psychotricks gezogen.

       Nicht logisch, aber psycho-logisch: Ein kleiner Einblick in unsere Strickmuster

      Eine wesentliche Triebfeder menschlichen Handelns liegt im Wunsch nach positiven Emotionen und einem förderlichen Selbstkonzept. Wir wollen uns gern gut fühlen und am liebsten mit uns selbst im Reinen sein. Negative Empfindungen wie Schmerz, Zweifel, Ablehnung, Misserfolg, ungelöste Probleme und unerfüllte Wünsche mögen wir nicht so gern. Deshalb tun wir sehr viel dafür, um positive emotionale Zustände zu erreichen oder beizubehalten. Das kann zuweilen bizarre Formen annehmen. In Goethes »Faust« dreht sich der ganze Deal mit dem Teufel nur um dieses eine Thema. Faust, der als Wissenschaftler und eloquenter Geist nach persönlicher Weiterentwicklung und tiefer gehenden Erkenntnissen sucht, stößt immer wieder an die Grenzen seines irdischen Daseins

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