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Familie ist grundlegend für jede psychologische Entfaltung in der Kinder- und Jugendzeit, welche größtenteils durch die Nähe zu den Eltern, ihre Liebe, Zuneigung, Anerkennung und Aufmerksamkeit geprägt ist. Eine Person, welche nicht bereits in diesem jungen Alter Selbstvertrauen und einen Selbstwert aufgebaut hat, benötigt wesentlich stärkere Impulse im Erwachsenenalter, um ein positives Selbstwertgefühl zu entwickeln. In der theoretischen Psychologie heißt es, dass bis zum siebten Lebensjahr entschieden ist, ob eine Person ein positives Selbstvertrauen haben oder eher zurückhaltend auftreten wird. Ferner treten die Familienmitglieder auch als unmittelbare Vertreter der kulturellen und sozialen Umgebung gegenüber einer Person auf und sind damit Vermittler der gesellschaftlichen Wert- und Moralvorstellungen. In der postjugendlichen Phase ist die Familie unmittelbarer Gegenpol zur Karriere. Sie kann beraten, unterstützen und Feedback geben sowie Ausgleich zu Beruf, Ausbildung oder Studium bieten. Dem gegenüber steht der Zeitaufwand, welchen Sie in eine Familie investieren und einbringen müssen. Damit wird die Familie zur permanenten Selbstwertquelle, kann aber auch eine eklatante Selbstwertbedrohung darstellen, wenn grundsätzlicher Dissens über Entwicklungswege besteht oder die Familie dem Einzelnen kein Vertrauen entgegenbringt und eine ausreichende Anerkennung verweigert.

      4. Relevante Bezugsgruppen

      Selbstwert durch Feedback aus „Peer-Groups“

      Schon ab der ersten Schulklasse orientiert sich ein Mensch an Gleichaltrigen bzw. Menschen, die sich in gleicher und ähnlicher Situation befinden, den so genannten „Peer-Groups“. In diesen Gruppen werden Ideale gebildet und festgelegt, wie eine Person durch das Zeigen oder die Adaption von Merkmalen den zeitgemäßen Trendvorstellungen genügen kann. Die Anerkennung und Akzeptanz in diesen „Peer-Groups“ hat augenblickliche Einwirkung auf das Selbstwertgefühl. Die Frage, wie Sie bei einer anderen Person oder einer Gruppe ankommen, spielt unmittelbar eine Rolle in der Erwägung des eigenen Selbstwertgefühls. Diese Bezugsgruppen werden nicht mit der Abschlussprüfung der Oberschule abgelegt, sondern begleiten uns fortwährend – seien sie beruflich oder privat. Erfolg und Glück werden vielfach in Vergleichen zu anderen Personen aus unserer „Peer-Group“ gemessen. Besonders im fortgeschrittenen Alter, wenn die 50 überschritten ist, findet häufig eine Art vergleichendes Resümee statt. In diesem evaluiert der Einzelne, was er erreicht hat. Dabei betrachtet er die relevanten Bezugsgruppen und bewertet in einer Unterschiedsanalyse den eigenen Lebensweg. Fällt dieses Resümee negativ aus, fällt die Person eventuell in eine Midlife-Crisis.

      5. Individuelle Faktoren

      Mit individuellen Faktoren sind die Einflüsse umschrieben, welche von Person zu Person oder auch zwischen den Geschlechtern unterschiedlich ausgeprägt sind. So ist zum Beispiel soziale Überlegenheit ein solcher individueller Faktor. Auch das Verhältnis zu oder die Abhängigkeit von beruflichen Erfolgen oder die Neigung zur Selbstkritik können solche Faktoren sein, welche individuell das Selbstwertgefühl beeinflussen. Diese persönlichen Faktoren beeinflussen das Selbstwertgefühl ebenso stark und gelegentlich sogar nachhaltiger als die anderen Umstände. So ist beispielsweise das Verlangen nach Anerkennung unterschiedlich ausgeprägt und kann bei einer Person mit starker Ausprägung dieses Faktors besonders zügig zur Selbstwertquelle oder Selbstwertbedrohung werden.

      Quellen und Bedrohungen des Selbstwertgefühls

      Alle diese erwähnten Faktoren beeinflussen unser Selbstvertrauen. Als Quelle spenden und als Bedrohung rauben sie uns Kraft und Mut für komplexe Herausforderungen im Privat- und Berufsleben. Studien haben wiederholt bewiesen, dass Personen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl nicht unter einer höheren Quantität von Faktoren litten, als selbstbewusste Personen. Vielmehr können sie mit einer vergleichbaren Anzahl von Faktoren nur schlechter umgehen. Demnach kommt es gar nicht darauf an, geradewegs alle der erwähnten Faktoren als direkte Quelle zu akquirieren, wenn Sie bereits zu einer Einzelnen ein außerordentlich zuträgliches Verhältnis aufgebaut haben.

      Aufbau und Stärkung des Selbstwertgefühls

      Trotz frühkindlicher Prägung ist mangelnde Selbstsicherheit kein unkorrigierbares Schicksal – es wurde erlernt und kann demnach größtenteils auch umgelernt werden. Dazu klären wir im Folgenden erst, welchen Grundlagen das Selbstwertgefühl entspringt und schließen dann einige konkrete Vorschläge an, wie Sie durch gezielte Übungen Ihr Selbstwertgefühl gegebenenfalls steigern können.

      Individuen mit einem gesunden persönlichen Selbstwert haben erfahrungsgemäß eine positive Abgrenzung zu anderen Personen in ihrem Umkreis aufgebaut. Sie sind sich ihrer Individualität und ihrer eigenen Stärken bewusst geworden. Betont sei hierbei, dass es sich nicht um einen einfachen Vergleich mit anderen Personen handelt, in welchem Sie Schwachpunkte anderer identifizieren. Vielmehr geht es um die Identifikation der eigenen Stärken im Vergleich zur durchschnittlichen Qualifikation einer Gesellschaft bzw. des eigenen Umfelds. Dabei obliegen Ihnen nicht nur mehrere der oben genannten Selbstwertquellen, sondern meist entwickelt sich ein positives Verhältnis zu allen Faktoren.

      Gerade die erste Aussage der Abgrenzung mag elitär klingen, ist aber per Rückschluss empirischer Forschung stichhaltig, da Individuen mit hohem Selbstwertgefühl auffallend häufig die Überlegenheit in einigen sozialen oder fachlichen Kompetenzbereichen gegenüber anderen Personen als Quelle ihres Selbstvertrauens aufführen.

      Selbstwertgefühl nicht durch Vergleiche mit anderen, sondern durch eigenen Maßstab

      Wie können Sie nun aber den Gedanken Ihrer fachlichen oder sozialen Ausnahmestellung, auch nur in einer ausbalancierten Form, postulieren, wenn Sie zuvor erkennen, dass selbstbewusste Personen an sich nicht sehr konkurrierend sind? Die angesprochene positive Abgrenzung ist der Initialschritt zu einer persönlichen Entfaltung, macht jedoch eine Person langfristig jeweils nur in diesem einen konkreten Vergleich seelenstark. Selbstwertgefühl ist aber langfristig unabhängig von Vergleichen und ist als ein intrinsischer Wert losgelöst von anderen Personen. In der abgrenzungsorientierten Formulierung heißt es: „Ich kann wenigstens besser finanzmathematisch rechnen als er.“ In einer selbst bezogenen Formulierung heißt es hingegen: „Meine Rechenleistungen sind für mein Alter herausragend gut. In der finanzmathematischen Kalkulation bin ich meiner akademischen Erfahrungen weit voraus“ (Kapitel 2.2.). Kompetenz, Stärke und Individualität sollten Sie bei der Suche nach Selbstwert nie direkt vergleichend bewerten. Lediglich im Rahmen der externen Evaluierung von Bewerbern für eine ausgeschrieben Stelle wird jedoch häufig eine vergleichende Bewertung vorgenommen.

      Selbstwertgefühl durch Kenntnis von Stärken und Schwächen und Fokussierung auf Stärken und Erfolge

      Zweite Grundeinstellung ist, seine Stärken und Schwächen zu akzeptieren – die Stärken einzusetzen, um seine Ziele zu erreichen, und seine Schwächen nicht als Grenzmarke, sondern in Form einer Herausforderung zu betrachten. Nur ungefähr 10 Prozent aller Menschen besitzen ein unerschütterliches Selbstvertrauen, die restlichen 90 Prozent müssen ihr Selbstwertgefühl verbessern, indem sie versuchen, an Schwächen zu arbeiten und ihre Stärken effektiver zu positionieren. Mitunter trägt bereits eine einfache Übung zu einer enormen Steigerung Ihres Selbstwertgefühls bei. Machen Sie sich einfach bewusst, wie viel Sie in einzelnen Bereichen bereits erreicht haben – regelmäßig und insbesondere dann, wenn Sie unzufrieden oder orientierungslos sind. Zum Beispiel so:

      ▪ kulturelle Faktoren: „Ich bin in einer werte- und sozialorientierten Gesellschaft aufgewachsen, habe eine anständige humanistische und kritische Ausbildung genossen und mit einem international gut anerkannten Abitur abgeschlossen.“

      ▪ soziale Faktoren: „Ich habe gute und tiefe Freundschaften – Freunde, welche mir stets zur Seite stehen, mich aber auch infrage stellen.“

      ▪ Familie: „Ich habe stets den guten Kontakt zu meinen Eltern und Großeltern gepflegt und kann mich jederzeit auf sie verlassen. Ich bin für sie, wie sie für mich, eine Unterstützung.“

      ▪ relevante Bezugsgruppen: „Ich komme mit allen aus der Volleyballgruppe außergewöhnlich gut klar, und wir haben immer ungeheuren Spaß zusammen.“

      ▪ individuelle Faktoren: „Ich habe mein Abitur gut bestanden, ein Studium abgeschlossen und die

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