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Aussage »Wir verwenden die männliche Form, meinen aber auch Frauen« erschien uns ebenso wenig praktikabel wie das konsequente Verwenden beider Formen, das heißt »Mentorinnen und Mentoren«. Sprache ist Macht. Untersuchungen zeigen, dass sich Frauen von männlichen Formulierungen (»Mentor«) nicht angesprochen fühlen, auch wenn im Vorfeld explizit darauf hingewiesen wurde, dass jeweils beide Geschlechter gemeint sind. Aus diesem Grund haben wir uns im vorliegenden Buch für die gängige Form des »…Innen« (MentorInnen) entschieden, die unserer Meinung nach die Lesbarkeit am wenigsten beeinträchtigt, aber deutlich macht, dass sowohl Männer als auch Frauen damit gemeint sind. Wo dies sprachlich nicht möglich ist, verwenden wir beide Formen.

      Eine weitere Herausforderung bestand darin, die Erfahrungen von zwei Expertinnen deutlich zu machen. Zum Teil handelt es sich um gemeinschaftliche Erlebnisse oder Annahmen. Dies wird durch Aussagen wie »Unserer Erfahrung nach« oder »Wir haben erlebt, dass …« deutlich. Andere Texte spiegeln unsere individuellen Erfahrungen wider. Da es für die inhaltliche Aussage nicht relevant ist, haben wir in diesen Fällen darauf verzichtet zu kennzeichnen, um welche der Autorinnen es sich jeweils handelt.

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      Mentoring: Ein (alt-)bewährtes Instrument neu interpretiert

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      Das Angebot an Personalentwicklungsmaßnahmen ist bunt und vielfältig. Den Überblick in diesem wachsenden Markt zu behalten und die geeigneten Maßnahmen für die eigene Person, eigene Mitarbeiter oder das Unternehmen zu finden ist selbst für PersonalexpertInnen nicht leicht! In diesem Kapitel stellen wir Ihnen die Entwicklung des Instruments Mentoring vor und zeigen Unterschiede zu anderen Personalentwicklungsmaßnahmen. Ein persönlicher Erfahrungsbericht schildert die Erfahrungen eines Mentors mit verschiedenen Programmen.

      »Mentoring bedeutet die Tätigkeit einer erfahrenen Person (Mentor/Mentorin), die ihr fachliches Wissen und ihre Erfahrungen an eine weniger erfahrene Person (Mentee) weitergibt.«3

      Ein Blick in Personalabteilungen, Schulen, Universitäten und Vereine macht es sehr deutlich: Mentoring ist in. Es erscheint fast unmöglich, nicht mit einem der unzähligen Paten-, Buddy- oder Tandem-Programme konfrontiert zu werden, die in den letzten Jahren ins Leben gerufen wurden.

      Ob Männer, Frauen, SchülerInnen, MitarbeiterInnen mit und ohne Migrationshintergrund oder Studierende bestimmter Fächer: Die Gruppe der potenziellen Mentees ist nahezu unerschöpflich. Ebenso vielfältig sind die angebotenen Themen. Ob Entscheidungsfindung, Integration, Chancengleichheit, Karriereplanung oder eine verbesserte Work-Life-Balance: Es kann der Eindruck entstehen, dass Mentoring das Instrument für sämtliche Zielgruppen, von Schülern bis zu Führungskräften, und alle Herausforderungen und Themen sei.

      Doch woher kommt die Begeisterung für dieses (im tatsächlichen Sinne) ja nicht neue Instrument? Bereits bevor Mentoring in den 1970er-Jahren als zielführende und kostengünstige Personalentwicklungsmaßnahme entdeckt wurde, gab es ein »Best-Practice-Tandem«:

      Als Odysseus, König der Insel Ithaka, in den Trojanischen Krieg aufbricht, beauftragt er seinen Freund Mentor, für seinen Sohn Telemachos zu sorgen. In den darauffolgenden Jahren steht Mentor Telemachos als vertrauensvoller Freund und Ratgeber auch in schwierigen Situationen zur Seite und ist damit zum Sinnbild und Namensgeber des heutigen Mentoring-Prinzips geworden.4

      Die fast universelle Anwendbarkeit des Prinzips hat in den letzten Jahren zu einem Boom zunächst in der Wissenschaft und anschließend in der Personalentwicklung, in Vereinen und Schulen gesorgt. Auch in der Politik wird vermehrt mit dem Instrument Mentoring gearbeitet. Ein Beispiel hierfür ist das Mentoring-Programm »Politik braucht Frauen!«, das vom niedersächsischen Sozialministerium im Vorfeld der Kommunalwahl 2015 angeboten wurde. Hier war, ähnlich wie in vielen Unternehmen, das Ziel, den Anteil von Frauen zu erhöhen, der in der Kommunalpolitik ähnlich gering ist wie in Führungspositionen.5

      Mentoring von anderen fördernden und betreuenden Programmen abzugrenzen ist oft schwierig: Ist beispielsweise die intensive Betreuung einer Studentin durch ihren Professor gleichzusetzen mit Mentoring? Oder handelt es sich hierbei lediglich um einen festen Bestandteil des beruflichen Alltags des Lehrenden? Wie unterscheidet sich der Onboarding-Prozess des neuen Kollegen von einem internen Mentoring-Programm? Ist der Austausch in meinem beruflichen Netzwerk vielleicht auch so etwas wie Mentoring? Und ist überall, wo ein »Mentoring-Programm« angeboten wird, auch Mentoring gemeint? Die Tatsache, dass »Mentoring« kein geschützter Begriff ist und dieser in den letzten Jahren geradezu inflationär gebraucht wurde, erschwert die Antwort zusätzlich.

      Dabei muss die Unterscheidung von weiteren Maßnahmen, wie zum Beispiel Supervision, Training, fachspezifische Beratung oder Coaching, für die Auswahl seriöser Anbieter möglich sein.

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      Keine der im Folgenden genannten Maßnahmen ist ein »Allheilmittel«. Jedes der Programme ist für bestimmte Frage- und Problemstellungen geeignet. Definieren Sie im Vorfeld genau, wofür Sie Hilfe und Unterstützung benötigen, und wählen Sie dann das passende Instrument wie Mentoring, Coaching, Beratung o.Ä.

      Einige Programme oder Instrumente überschneiden sich und haben ähnliche Ansätze. Und alle haben ihre Daseinsberechtigung. Wichtig ist, Ziele und Zielgruppe genau zu definieren, um die richtige Wahl treffen zu können. Hier können Sie sich einen ersten Überblick über Methoden und Anwendungsmöglichkeiten verschaffen.

      BeraterInnen sind Sachverständige zu bestimmten Themen. Sie geben direkte Handlungsempfehlungen, die sich auf rein fachliche Unterweisungen beschränken. BeraterInnen sind FachexpertInnen, wie zum Beispiel SteuerberaterInnen, WirtschaftsberaterInnen oder EDV-ExpertInnen. Ziel der BeraterInnen ist es, das Problem der KlientInnen zu lösen. Der Lernzuwachs ist nicht das primäre Ziel. BeraterInnen werden für ihre Dienstleistungen bezahlt.

      Coaches arbeiten zusammen mit ihren KlientInnen prozessorientiert, wobei es sich in erster Linie um »Hilfe zur Selbsthilfe« handelt. Die Annahme ist, dass die Coachees die Lösung durch Begleitung und gezieltes Fragen des Coaches selbst entwickeln können. Der Coach wird sich im Idealfall mit dem Praxisfeld der KlientInnen auskennen, muss aber kein Profi in deren Themengebiet sein. Coaches arbeiten mit Methodenvielfalt, um die Selbstmanagementfähigkeiten der KlientInnen zu unterstützen. Da die Ausbildung zum Coach nicht geschützt ist, empfiehlt es sich, genau auf die eigenen Bedürfnisse und die passende Qualifikation des Coaches zu achten. Neutralität ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Coaching, das einzeln, im Team oder in Gruppen stattfinden kann. Coaches werden für ihre Dienstleistungen bezahlt.

      Paten/Patinnen verstehen sich als RatgeberInnen und erste Anlaufstelle bei Fragen oder Problemen. Patenprogramme werden häufig in Schulen oder Vereinen angeboten, wo sich beispielsweise ältere SchülerInnen um jüngere SchülerInnen kümmern oder langjährige Mitglieder des Vereins sich für neue Mitglieder als Ansprechpartner oder MultiplikatorInnen zur Verfügung stellen. Paten/Patinnen werden nicht für ihre Tätigkeit bezahlt.

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      SupervisorInnen sind ursprünglich in der Beziehungsarbeit, das heißt für TherapeutInnen, SozialarbeiterInnen oder BeraterInnen im psychosozialen Bereich, tätig gewesen und erst in den letzten Jahren auch für andere Gruppen in den Fokus gerückt. SupervisorInnen werden primär als »Berater für Berater«, also auch für Coaches usw., tätig und weniger für die individuelle Förderung. Supervision findet häufig in Gruppen oder Teams statt. SupervisorInnen werden für ihre Tätigkeit bezahlt.

      TrainerInnen

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