Скачать книгу

Segel eingezogen, und nach dem frommen muhammedanischen Gebrauche lud der Reïs, der Schiffskapitän, seine Leute zum Gebete ein:

      »Haï al el salah, auf, rüstet euch zum Gebete.«

      Ich war schon im Fortgehen begriffen gewesen, wandte mich aber schnell um. Diese Stimme kam mir außerordentlich bekannt vor. Hatte ich recht gehört? War dies wirklich der alte Hassan, den sie Abu el Reïsahn, Vater der Schiffsführer, nannten? Er war in Kufarah, wo er einen Sohn besucht hatte, mit mir und Halef zusammengetroffen und mit uns nach Ägypten zurückgekehrt. Wir hatten einander außerordentlich lieb gewonnen, und ich war überzeugt, daß er sehr erfreut sein werde, mich hier wiederzufinden. Ich wartete daher, bis das Gebet beendet war, und rief dann zum Deck empor.

      »Hassan el Reïsahn, ohio!«

      Sofort reckte er sein altes, gutes, bärtiges Gesicht herab und fragte:

      »Wer ist – – o, Allah akbar, Gott ist groß! Ist das nicht mein Sohn, der Nemsi Kara Effendi?«

      »Er ist es, Abu Hassan.«

      »Komm herauf, mein Sohn; ich muß dich umarmen!«

      Ich stieg empor und wurde von ihm auf das herzlichste bewillkommnet.

      »Was thust du hier?« fragte er mich.

      »Ich ruhe aus von der Reise. Und du?«

      »Ich komme mit meinem Schiffe von Dongola, wo ich eine Ladung Sennesblätter eingenommen habe. Ich bekam ein Leck und mußte also hier anlegen.«

      »Wie lange bleibst du hier?«

      »Nur morgen noch. Wo wohnest du?«

      »Dort rechts in dem alleinstehenden Hause.«

      »Hast du einen guten Wirt?«

      »Ich werde kommen, wenn deine Pfeifen nicht zerbrochen sind.«

      »Ich habe nur die eine; du mußt also die deinige mitbringen, aber du wirst den köstlichsten Djebeli rauchen, den es je gegeben hat.«

      »Ich komme gewiß. Bleibst du noch lange hier?«

      »Nein. Ich will nach Kairo zurück.«

      Bei diesem Anerbieten kam mir ein Gedanke.

      »Hassan, du nanntest mich deinen Freund!«

      »Du bist es. Fordere von mir, was du willst, so soll es dir werden, wenn ich es habe oder kann!«

      »Ich möchte dich um etwas sehr Großes bitten.«

      »Kann ich es erfüllen?«

      »Ja.«

      »So ist es dir schon voraus gewährt. Was ist es?«

      »Das sollst du am Abend erfahren, wenn du mit mir Kaffee trinkst.«

      »Ich komme und – – doch mein Sohn, ich vergaß, daß ich bereits geladen bin.«

      »Wo?«

      »In demselben Hause, in welchem du wohnst.«

      »Bei dem Scheik el Belet?«

      »Nein, sondern bei einem Manne aus Istambul, der zwei Tage mit mir gefahren und hier ausgestiegen ist. Er hat dort eine Stube für sich und einen Platz für seinen Diener gemietet.«

      »Was ist er?«

      »Ich weiß es nicht; er hat es mir nicht gesagt.«

      »Aber sein Diener konnte es sagen.«

      Der Kapitän lachte, was sonst seine Angewohnheit nicht war.

      »Dieser Mensch ist ein Schelm, der alle Sprachen gehört hat und doch von keiner sehr viel lernte. Er raucht, pfeift und singt den ganzen Tag und giebt, wenn man ihn fragt, Antworten, welche heute wahr und morgen unwahr sind. Ehegestern war er ein Türke, gestern ein Montenegriner, heute ist er ein Druse, und Allah weiß es, was er morgen und übermorgen sein wird.«

      »So wirst du also nicht zu mir kommen?«

      »Ich komme, nachdem ich eine Pfeife mit dem andern geraucht habe. Allah behüte dich; ich habe noch zu arbeiten.«

      Halef war bereits vorausgegangen; ich folgte jetzt nach und streckte mich, in meiner Wohnung angekommen, auf den Diwan, um mir das heutige Erlebnis zurecht zu legen. Dies sollte mir aber nicht gelingen, denn bereits nach kurzer Zeit trat mein Wirt zu mir herein.

      »Sallam aaleïkum.«

      »Aaleïkum.«

      »Effendi, ich komme, um deine Erlaubnis zu holen.«

      »Wozu?«

      »Es ist ein fremder Sihdi zu mir gekommen und hat mich um eine Wohnung gebeten, die ich ihm auch gegeben habe.«

      »Wo liegt diese Wohnung?«

      »Droben.«

      »So stört mich der Mann ja gar nicht. Thue, was dir beliebt, Scheik.«

      »Aber dein Kopf hat viel zu denken, und er hat einen Diener, der sehr viel zu pfeifen und zu singen scheint.«

      »Wenn es mir nicht gefällt, so werde ich es ihm verbieten.«

      Der besorgte Wirt entfernte sich, und ich war wieder allein, sollte aber doch zu keinem ruhigen Nachdenken kommen, denn ich vernahm die Schritte zweier Menschen, welche, der eine vom Hofe her und der andere von außen her kommend, gerade an meiner Thür zusammentrafen.

      »Was willst du hier? Wer bist du?« frug der eine. Ich erkannte an der Stimme Halef, meinen kleinen Diener.

      »Wer bist denn du zunächst, und was willst du in diesem Hause?« frug der andere.

      »Ich? Ich gehöre in dieses Haus!« meinte Halef sehr entrüstet.

      »Ich auch!«

      »Wer bist du?«

      »Ich bin Hamsad al Dscherbaja.«

      »Und ich bin Hadschi Halef Omar Agha.«

      »Ein Agha?«

      »Ja; der Begleiter und Beschützer meines Herrn.«

      »Wer ist dein Herr?«

      »Der große Arzt, der hier in dieser Stube wohnt.«

      »Ein großer Arzt? Was kuriert er denn?«

      »Alles.«

      »Alles? Mache mir nichts weis! Es giebt nur einen Einzigen, der alles kurieren kann.«

      »Wer ist das?«

      »Ich.«

      »So bist du auch ein Arzt?«

      »Nein. Ich bin auch der Beschützer meines Herrn.«

      »Wer ist dein Herr?«

      »Das weiß man nicht. Wir sind erst vorhin in dieses Haus gezogen.«

      »Ihr konntet draußen bleiben.«

      »Warum?«

      »Weil ihr unhöfliche Männer seid und keine Antwort gebt, wenn man fragt. Willst du mir sagen, wer dein Herr ist?«

      »Ja.«

      »Nun?«

      »Er ist, er ist – – mein Herr, aber nicht dein

Скачать книгу