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die Idee meines Vaters, er hat mich quasi in die Verbannung geschickt, weil ich freiwillig doch net weggefahren wäre.«

      »Dann solltest deinem Vater dankbar sein«, riet Anna ihm.

      Sie schafften die Strecke in zwei Stunden und blieben noch eine Weile bei dem Aussichtspunkt, der einen herrlichen Rundblick bot. Immer wieder entdeckte Anna etwas, das sie Max zeigen mußte.

      »Schau nur, wie nah der Königssee ist, wunderbar! Und die Bergwälder sehen hier ganz anders aus. Ist das da unten der Eggerer-Hof? Mei, der wirkt ja wie ein Spielzeug. Ach, Max, ist es net einfach herrlich hier? Die Luft ist so klar, die vertreibt einem die dunklen Gedanken, gelt?« Sie biß sich auf die Lippen, als ihr klar wurde, daß sie doch recht unbedacht daher geredet hatte. »Sei mir net bös’, ich hab’ das nur ganz allgemein sagen wollen.«

      »Ich versteh’ dich schon, Anna. Und ich kann dir net widersprechen. Seit ich hier bin, geht es mir besser, ich hocke nimmer herum und grübele den ganzen Tag. Und der Eggerer, ich glaub’, der hat ein Herzproblem. Es juckt mich in den Fingern, ihn gründlich zu untersuchen und zu therapieren. Doch der Bauer ist ein sturer Bock und mag net.«

      Als er ihrem Blick begegnete, bemerkte er das befreite Lächeln um ihren schön geschwungenen Mund. »Das hättest noch vor einer Woche net gesagt. Ich freu’ mich, daß du langsam auch wieder Freude an deinem Beruf findest, Max. Das bedeutet, es geht dir wirklich besser. Du überwindest deinen Kummer allmählich.«

      »Ich geb’ mir jedenfalls Mühe.« Er lächelte schmal. »Pack’ mer’s wieder? Wenn wir nicht bald absteigen, verpassen wir das Nachtmahl bei den Eggerers. Und ich find’, das wär’ schade.«

      »Du willst mich wohl immer noch auf dem Bauernhof unterbringen und nur ab und an besuchen«, frotzelte sie.

      Max ging nun auf ihren Ton ein. »In meiner Junggesellenbude bin ich halt der König. Und freche

      Madeln haben da gar nix zu suchen.«

      »Und liebe Madeln?«

      Er grinste. »Darüber mache ich mir lieber keine Gedanken.«

      Valentin Eggerer reagierte überhaupt nicht erfreut darauf, daß Max in Begleitung erschien. Und als er Anna als seine Freundin vorstellte, verschloß sich die Miene des Bauern vollends.

      Die hübsche Blondine unterhielt sich angeregt mit der Hoftochter, die beiden verstanden sich auf Anhieb. So verlebten Anna und Max einen lustigen Abend auf dem Erbhof und waren bester Dinge, als sie schließlich aufbrachen. Nur eines schien Anna zu irritieren.

      »Wieso hast denn behauptet, ich wäre deine Freundin? Das verstehe ich net«, fragte sie Max.

      »Sei mir net bös’, es war nur ein kleiner Trick, um den Eggerer ruhig zu stellen. Seit ich hier bin, versucht er mich mit seiner Tochter zu verkuppeln. Ich weiß aber, daß die einen anderen liebhat. Und jetzt wird er es wohl aufgeben.«

      »Ach so. Die Valerie ist nett, ihr Bruder auch. Und die Kinder sind allerliebst, so wohlerzogen. Nur der Alte paßt irgendwie net zu den anderen. Er ist allerweil so mürrisch gewesen. Oder lag das nur an meiner Anwesenheit?«

      »Der Bauer ist ein sturer Hund, der seine Familie terrorisiert und nix gelten läßt. Die haben es net leicht mit ihm.«

      »Max, warten Sie bitt’ schön!« Es war Valerie, die den beiden gefolgt war, und wissen wollte: »Was soll denn nun werden mit dem Vater? Die Mama sagt, er hat Beschwerden, will sich aber nicht untersuchen lassen. Sie haben doch gesagt, daß er zum Doktor muß. Können Sie net noch einmal mit ihm reden?«

      Max hob die breiten Schultern. »Ich kann es versuchen, aber nützen wird es gewiß nix. Schließlich kann man niemanden zwingen, vernünftig zu werden. Geht es ihm denn schlechter?«

      Valerie nickte zustimmend. »Er streitet es ab. Und eben ist er in die Wirtschaft gegangen. Die Mama macht sich Sorgen. Alkohol ist doch gewiß net gut für sein Herz, gelt?«

      »Kaum. Weißt was, Valerie? Ich rede morgen nach dem Frühstück noch einmal mit deinem Vater. Dann bringe ich meinen Koffer mit und untersuche ihn auch. Einverstanden?«

      Das Madel atmete auf. »Recht schönen Dank, Max. Es ist mir ja Leid, Sie im Urlaub damit zu behelligen, aber…«

      »Ist schon recht, das ist schließlich mein Beruf. Dann bis morgen.« Er wandte sich zum Gehen, Anna stellte fest: »Du bist ja wieder ganz der Alte. Mei, das ist wirklich erfreulich.«

      *

      In den nun folgenden Tagen verbrachten Anna und Max ihre gesamte Zeit zusammen. Sie unternahmen lange Bergtouren und genossen die schönen Sommertage in vollen Zügen. Doch leider ging nun auch die zweite Urlaubswoche für den jungen Landarzt allmählich zu Ende. Anna stellte es bedrückt fest.

      »Ich wünschte, wir könnten noch länger bleiben«, sinnierte sie an ihrem letzten Abend. »Dafür würde ich sogar noch eine Woche auf dem schmalen Gästebett in Kauf nehmen. Oder zwei…«

      Max lachte. »Du hast dich tapfer gehalten. Deine Feuertaufe als Sennerin hast fei hinter dir.«

      »Kunststück, in Gesellschaft eines netten Senners…« Anna suchte den Blick des jungen Mannes, nun wurde sie ernst. »Sag einmal, Max, meinst, du hast es überwunden und kannst wieder arbeiten wie vorher? Wenn net, solltest vielleicht wirklich noch bleiben. Der Sommer ist lang, und auf dem Hüttel fühlst dich doch wohl. Ich denke, es hat keinen Sinn, etwas übers Knie zu brechen, was einfach seine Zeit braucht.«

      Er nickte langsam. »Ich hab’ auch schon darüber nachgedacht. Aber ich glaube, das würde nix bringen. Außerdem will ich den Vater net über Gebühr strapazieren. Es ist mir eigentlich gar nicht recht, daß er sich mit dem Kollegen Haselbeck abwechselt. Ich möchte diese Ausnahme net noch in die Länge ziehen.« Er lächelte Anna zu und drückte leicht ihre Hand. »Es ist lieb von dir, daß du dir Sorgen um mich machst. Aber ich glaube, das ist nimmer nötig. Langsam komme ich auf die Beine.«

      »Das ist schön, ich hab’ mich nämlich wirklich um dich gesorgt«, gab sie da ein wenig verschämt zu.

      In diesem Moment meldete sich Annas Handy. Max hatte mit Absicht darauf verzichtet, seines mitzunehmen, er wollte nicht erreichbar sein. Nun seufzte er: »Die Zivilisation hat uns wohl wieder. Hoffentlich nix Unangenehmes.«

      »Die Nummer kenne ich gar net«, murmelte die junge Frau mit einem Blick auf das Display, dann nahm sie den Anruf entgegen. Sie hörte kurz zu, sprach ein paar knappe Worte und beendete gleich darauf das Gespräch. Zu Max, der sie fragend anschaute, sagte sie: »Drunten auf dem Eggerer-Hof ist was passiert. Das war die Valerie, sie bittet dich, sofort zu kommen. Offenbar hatte ihr Vater einen Zusammenbruch…«

      Auf dem Erbhof waren alle in heller Aufruhr, als Anna und Max wenig später eintrafen. Die Bäuerin lief unruhig in der Diele hin und her, Thomas saß bei seinem Vater, der in der guten Stube auf dem Sofa lag, Monika versuchte, ihre Schwiegermutter zu beruhigen. Und die Kinder schlichen wie Schatten herum.

      Max betrat die gute Stube und wollte vom Jungbauern wissen, was geschehen sei. Dieser erklärte: »Es hat einen Streit gegeben, der Vater hat sich schrecklich aufgeregt. Es ging wieder mal um die Valerie und den Toni. Er hat geschrien wie net gescheit und wollte sogar handgreiflich werden. Dann ist er von einem Augenblick zum nächsten einfach umgefallen. Damit hat er uns wirklich einen Heidenschrecken eingejagt.«

      Der junge Landarzt stellte seinen Notfallkoffer ab. Er mußte nur einen Blick auf den Kranken werfen, um Bescheid zu wissen. »Ruft sofort einen Krankenwagen, er muß ins Spital. Sieht nach einem Infarkt aus.«

      Thomas nickte wortlos, man sah ihm an, daß diese Worte ihn geschockt hatten. Nachdem er gegangen war, bat Max Anna, ihm zu helfen. Er tat nun alles, um den Patienten zu stabilisieren.

      »Ich lege einen provisorischen Herzkatheter. Bis der Notarzt eintrifft, wird ihn der stabil halten. Hoffen wir nur, daß es net zu lange dauert. Mist aber auch, hätte ich mein tragbares EKG nur mitgenommen. Das könnten wir jetzt gut gebrauchen.«

      »Wir schaffen es auch so«, versicherte Anna ihm mit Nachdruck.

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