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bitte, bitte … denk du doch für mich nach!«

      »Das geht nicht!« widersprach der Grashüpfer streng. »Es sind ja deine Schuhe, die verlorengegangen sind. Da mußt du schon selber deinen Kopf anstrengen! Überleg mal in Ruhe, wo du deine Schuhe zuletzt gesehen hast!«

      Elga setzte sich neben den Grashüpfer an den Wegrand. Sie stützte ihren Kopf in die Hand, den Ellbogen auf das angezogene Knie. Dann dachte sie so angestrengt nach, daß sich ihre Stirn in lauter Falten legte. Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie rief vergnügt:›In meiner Hand!«

      »Wieso?« schnarrte der Grashüpfer. »Ich dachte, Schuhe gehören an die Füße?«

      Elga sprang aufgeregt in die Höhe und hüpfte von einem Bein aufs andere. »Ja, aber ich hatte sie ausgezogen und trug sie in der Hand und dann …« Sie stockte. Es fiel ihr beim besten Willen nicht mehr ein, was dann mit den Schuhen geschehen war.

      »Was war dann?« forschte der Grashüpfer.

      »Ich habe es vergessen«, murmelte Elga bedrückt.

      »Das macht nichts«, tröstete der Grashüpfer. »Paß auf, jetzt denken wir gemeinsam nach! Du hast dir die Schuhe sicher ausgezogen, als du die Blumen pflücktest?«

      Elga sah auf die Blumen in ihrer Hand. Sie waren gar nicht mehr schön und ließen müde und traurig die Köpfchen hängen.

      »Ja, das stimmt … das weiß ich noch!«

      »Dann schau dir die Blumen einmal ganz genau an und denk nach, wo du sie gefunden hast. Vielleicht fällt dir dabei etwas Gescheites ein!«

      Elga sah sich gehorsam jede Blume an. Da war das Wiesenschaumkraut mit seinen zarten, winzigen weißen Blüten. Das hatte am kleinen Bach gewippt. Als sie es pflücken wollte, da war ihr der eine Schuh fast ins Wasser gefallen. Die goldgelben Sumpfdotterblumen hatten dicht daneben geblüht. Ihre dicken Stengel hatten die Hand allzu rasch gefüllt. Es war schwierig gewesen, sie mit einer Hand zu pflücken. Mit der anderen Hand hatte sie die Schuhe festgehalten.

      Elga wußte ganz genau: am Bach hatte sie die Schuhe noch gehabt.

      Dann war sie an den Hang gekommen. Sie war hinaufgeklettert, weil an seinem oberen Rand die blauen Glockenblumen gelockt hatten. Dann, ja dann hatte sie weit oben die leuchtend weißen Margeriten gesehen und war hinaufgeklettert. Aber die Schuhe … nein …, die waren schon fortgewesen. Wo hatte sie sie bloß gelassen? Als sie die Glockenblumen gepflückt hatte, waren die Schuhe noch da. Sie hatte sie an den Wegrand gestellt.

      Elgas Gesicht strahlte auf.

      Jetzt wußte sie es wieder ganz genau! Die Margeriten waren viel weiter oben gewachsen. Statt zurück zu ihren Schuhen zu laufen, war sie immer mehr hinaufgestiegen.

      »Ich hab’s! Ich hab’s!« rief Elga. »Ich weiß, wo meine Schuhe sind … bei den Glockenblumen!«

      »Dann lauf rasch und hol sie dir«, knarrte der Grashüpfer und tat einen riesengroßen Sprung.

      »Vielen Dank, lieber Grashüpfer, daß du mir geholfen hast!« sagte Elga.

      Der Grashüpfer antwortete nicht mehr, er war verschwunden.

      »Grashüpfer! Grashüpfer!« rief Elga ein über das andere Mal.

      Aber sie vernahm keinen Laut und konnte auch nicht das winzigste Stück eines grünen Grashüpferbeines entdecken.

      Da entschloß sie sich, dem Rat ihres neuen Freundes zu folgen. Sie lief schleunigst zu den Glockenblumen zurück.

      Wirklich, da standen ihre Schuhe! Elga fand, daß sie fast vorwurfsvoll dreinsahen. Sie drückte sie fest an ihr Herz. »Meine lieben Schuhe«, sagte sie, »wie gut, daß ich euch wiederhabe!«

      Es war schon dämmrig geworden. Vom Berg herab wehte es kühl, denn die Sonne wollte gerade untergehen.

      Die Schuhe an die Brust gepreßt, rannte Elga nach Hause. Sie war sehr froh.

      Die kleine Wasserprinzessin

      Die ganze Nacht hatte es geregnet.

      An jedem Grashalm schimmerten Regentropfen. Auch die Spinnweben glänzten feucht. Die hohen Schafgarben mit ihren weißen und rosa Blütendächern hatten sich zur Seite geneigt.

      Nun bemühte sich die Sonne, so rasch wie möglich alles zu trocknen, was eine dicke schwarze Wolke mit ihrer Wasserflut so tüchtig geputzt hatte. Ein leichter Dunst stieg aus den Wiesen.

      Elga blinzelte in all den Glanz, der ihr tausendfältig aus jedem Tropfen entgegenleuchtete. Sie ging der Sonne entgegen. Deshalb sah sie den wunderschönen Regenbogen gar nicht, der mit seinen bunten Farben hinter ihrem Rücken den Himmel mit der Erde verband.

      Nein, Elga drehte sich nicht um. Sie war ganz erfüllt von einem Gedanken. Immerzu mußte sie an den Gartenzaun der fremden Frau denken, durch dessen Latten man den steinernen Brunnen sehen konnte. Dort wuchsen herrliche gelbe Blumen. Sie sahen wie kleine Prinzessinnen aus, mit einem wehenden Röckchen und einer kleinen Krone auf dem Kopf.

      Zu diesen Blumen wollte Elga heute gehen. Aber sie beeilte sich gar nicht auf dem Wege. Es gab unterwegs vieles zu sehen, woran man nicht einfach vorüberhasten durfte. Da war der kleine Vogel, der mit hellem Gezwitscher aufflog. Über den Weg kroch wahrhaftig ein nasser glänzender Regenwurm. Elga mußte stehenbleiben und aufpassen, ob er gut auf die andere Seite kam.

      Dann hatte sie den Bach mit den vielen Vergißmeinnichten erreicht. Elga bückte sich, um sie aus der Nähe zu beschauen. »Nein, nein, ihr Vergißmeinnichte, euch will ich heute nicht pflücken«, flüsterte sie den Blümchen zu.

      Dann richtete sie sich auf und wanderte weiter. Sie beguckte sich den Himmel, der wieder blank und blau war, und ein anderes Mal ihre Füße, an denen heute fest und sicher ihre Schuhe saßen.

      »Ein bißchen wart ihr auch schuld«, schalt sie leise vor sich hin, »warum seid ihr einfach auf dem Weg stehengeblieben? Wenn ich euch nun nicht wieder gefunden hätte!« Da fiel Elga ein, was der Grashüpfer gesagt hatte: Sicherlich war es besser, nachzudenken, statt zu schimpfen. Elga dachte nach. Sie mußte zugeben, daß die Schuhe gar nichts für die Geschichte konnten. Nur einer war schuld, und das war sie selber. Ein dummer Gedanke, fand Elga, gar nicht angenehm, aber leider: er stimmte.

      »Bitte, liebe Schuhe, verzeiht mir«, bat sie laut, »ich weiß, ich habe euch unrecht getan. Ihr könnt gar nichts dafür. Ich verspreche euch ganz fest, ich will euch nie mehr verlieren! Bestimmt habt ihr Angst gehabt, als ihr allein auf der Wiese standet. Vielleicht habt ihr gedacht, ich käme nie mehr wieder! Es tut mir leid, ehrlich!«

      Nach diesen Worten fühlte sich Elga auf einmal viel, viel besser. Sie war froh, daß sie sich mit ihren Schuhen versöhnt hatte. Fröhlich schritt sie schneller aus.

      Als sie um die Biegung des Weges kam, sah sie den Gartenzaun. Das Herz klopfte ihr bis zum Halse, als sie ihr Näschen durch die Latten steckte. Sie starrte zu den zauberhaften Blumen hin, die um den Brunnen tanzten.

      Hin und her wiegten sie sich im Wind, feierlich und voller Anmut.

      Ob sie eine lange Zeit am Zaun gestanden hatte oder nur eine kurze Weile, das wußte Elga nachher nicht mehr.

      Sie wußte nur noch, daß die fremde Frau unerwartet aus dem Haus gekommen war.

      Dann war das Wunder geschehen. Die fremde Frau war zu den tanzenden Blumen am Brunnen getreten, hatte eine abgepflückt und sie der kleinen Elga über den Zaun hinweg gereicht.

      »Danke«, war alles, was Elga hervorbringen konnte. Ihr Herz war voll von Glück, als sie den festen schlanken Stengel in den Händen fühlte. Schnell drehte sie sich um und lief den Weg zurück, die seltsame schöne Blume dicht vor den Augen.

      Eine Weile lief sie, beglückt und zufrieden. Aber dann kam ihr plötzlich der Gedanke, daß die Sonne viel zu heiß auf ihre zarte Blume schien.

      »Du sollst trinken, meine Blume, du siehst ja schon ganz durstig aus!« Unbekümmert stapfte

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