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Susebill tut was sie will. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Susebill tut was sie will
Год выпуска 0
isbn 9788711719459
Автор произведения Marie Louise Fischer
Издательство Bookwire
„Nein, Vater!“ rief Susebill. „Ganz bestimmt nicht … ich muß dich jetzt sprechen, jetzt sofort! Die alte Dame hat schrecklichen Ohrenzwang … Ich meine ihren Hund natürlich, Mecki heißt er, und deshalb … Ich habe sie draußen im Vorraum warten lassen, weil Mecki sonst immer nervöser wird …“
Dr. Meixner hob die Augenbrauen. „Bist du deshalb gekommen?“ fragte er.
„Ja natürlich, ich wollte doch nur … Bitte, könntest du Mecki nicht sofort drannehmen? Jetzt gleich? Ausnahmsweise?“
„Susebill“, sagte Dr. Meixner, „jetzt sieh mich mal an, ganz fest, nicht mit einem solchen Augenaufschlag, du weißt ja …“
Susebill schmunzelte. „Braune Augen sind nett, aber sehr kokett!“
„Schwindelst du mich nicht an?“
„Ich weiß gar nicht, was du meinst.“
„Es hat dir also nicht zufällig ein kleines Vögelchen etwas von einem Telegramm gezwitschert?“
„Telegramm?“ Susebill bekam vor Staunen den Mund nicht mehr zu.
„Ja, heute früh ist ein Telegramm von Tante Bettina durchgesagt worden, sie …“
„Sie kommt?“ schrie Susebill und tanzte von einem Bein auf das andere. „Sie kommt, Väterchen?“
„Ja. Übermorgen. Und du bist wirklich nicht gekommen, um dich darüber zu vergewissern?“
Susebill flog ihrem Vater in die Arme. „Nein, nein, nein! Ich wußte es nicht! Ich hab es nicht geahnt! Oh, wie fabelhaft! Tante Bettina kommt!“ Sie sauste zur Tür, drehte sich dann ganz plötzlich doch noch einmal um. „Aber du nimmst den armen Mecki jetzt doch gleich dran, ja?“ Und dann wirbelte sie aus dem Zimmer.
Dr. Meixner sah ihr kopfschüttelnd nach. Dann wandte er sich an Fräulein Hülsner, die die ganze Zeit stumm am Fenstertisch gesessen und die Blutprobe einer kranken Siamkatze analysiert hatte. „Was sagen Sie dazu?“ fragte er.
„Keine Sorge, Herr Doktor, sie wird sich schon noch mausern!“
Fräulein Hülsner stand auf und ließ den kranken Scotch und seine Herrin ein.
Beim Mittagessen wurde heftig über Tante Bettinas angekündigten Besuch diskutiert. Susebill und Theo, das Nesthäkchen, freuten sich unbändig. Andrea, die Große, etwas gedämpfter, während Stefanie und Thomas über die Aussicht, sich in ihren besten Kleidern und von ihrer besten Seite präsentieren zu müssen, alles andere als glücklich waren.
Eigentlich war Frau Bettina Gütler gar keine wirkliche Tante, sondern Mutters Schulfreundin. Sie hatte einen sehr reichen Mann geheiratet und war immer hochelegant. Frau Meixner versuchte niemals, ihr etwas vorzumachen, dennoch legte sie natürlich Wert darauf, sich von der Freundin nicht beschämen zu lassen. Sie wollte gerne ihre Kinder und ihre Wohnung im besten Licht zeigen, und das war für die Wildfänge Thomas und Stefanie durchaus nicht angenehm.
„Ausgerechnet Samstag“, maulte Thomas, „wo ich mit ein paar aus meiner Klasse Fußballspielen gehen wollte …“
„Und ich!“ rief Stefanie. „Ich wollte zum Himbeerenpflücken fahren – und nun …“ Sie schluckte.
„Was … nun?“ fragte Dr. Meixner.
„Alles Essig“, sagte Thomas, „wir müssen zu Hause bleiben und feine Leute spielen!“
„Thomas!“ sagte die Mutter böse. „Bitte! Was sind das für ungezogene Redensarten …“
„Laß ihn nur, Hilde, wahrscheinlich meint er es so, wie er sagt …“
„Na klar! Was denn sonst?“
„Trotzdem möchte ich dich bitten, mich erst aussprechen zu lassen, Thomas, das dürfte wohl das wenigste sein. Also, bitte herhören! Was ich jetzt sage, gilt für alle … Wer von euch keinen Wert darauf legt, zur Begrüßung von Tante Bettina zu Hause zu bleiben, der kann es lassen. Gezwungen wird niemand.“
Einen Augenblick schwiegen alle verblüfft.
„Soll das heißen“, fragte Thomas dann ein wenig unsicher, „soll das heißen, Vater, daß ich trotzdem zum Fußballspielen gehen kann?“
„Sicher!“
„Und ich zum Himbeerpflücken?“ fragte Stefanie.
„Wohin du willst.“
Stefanie und Thomas sahen sich an.
„Das ist aber wirklich sehr großzügig von dir, Vater“, sagte der Junge dann, „vielen Dank.“
„Nichts zu danken, mein Sohn. Das ist doch wirklich ganz selbstverständlich. Ich setze natürlich voraus, daß ihr auch bereit seid, auf Tante Bettinas Mitbringsel zu verzichten.“
Susebill lachte schallend, und Thomas und Stefanie zogen lange Gesichter.
„Wer bekommt denn dann die Geschenke?“ fragte Stefanie.
„Wer zu Hause bleibt natürlich!“ rief Susebill.
„Irrtum“, sagte der Vater, „Mitbringsel, für die sich kein Empfänger einstellt, werden dem Waisenhaus gestiftet. Bitte, versucht mir jetzt nicht einzureden, daß ihr erst die Geschenke entgegennehmen und dann noch fortgehen könnt oder umgekehrt … Es ist unanständig, nur deshalb nett zu einem Menschen zu sein, weil man etwas von ihm haben will. Ansonsten scheint euch beiden, Stefanie und Thomas, jedenfalls nichts an Tante Bettina zu liegen … Ich bin wirklich sehr gespannt, ob ihr soviel Charakter habt, zu eurer Überzeugung zu stehen.“
Nachher, als die drei Mädchen auf ihr Zimmer gegangen waren, um Schularbeiten zu machen, sagte Susebill: „Ich weiß gar nicht, was du hast, Stefanie! Ich finde Tante Bettina fabelhaft … sie selber, nicht nur ihre Geschenke.“
„Sie ist so fein, daß man gar nicht wagt, sie anzurühren.“
„Wozu auch? Bloß die kleinen Kinder müssen alles anfassen …“
„Sie lebt in einer ganz anderen Welt als wir. Wenn man ihr etwas erzählt, dann tut sie wohl so, als ob sie zuhört, sie lächelt auch dabei, aber in Wirklichkeit begreift sie gar nichts.“
„Das kommt daher, weil sie so reich und so verwöhnt ist.“
„Nein“, sagte Andrea überraschend, „das kommt, weil sie sehr unglücklich ist.“
„Unglücklich?“ Susebill riß Mund und Ohren auf. „Tante Bettina? Andrea, du spinnst wohl! So verwöhnt, wie Tante Bettina ist, und dann unglücklich? Nein, das ist ganz ausgeschlossen.“
„Doch ist es wahr!“ Stefanie hatte sich rücklings auf ihr Bett geworfen und starrte zur Decke. „Andrea hat recht … aber davon verstehst du doch noch nichts, Kleine.“
Nichts konnte Susebill so aufbringen, als wenn jemand gönnerhaft „Kleine“ zu ihr sagte. Mit einem Aufschrei stürzte sie sich auf Stefanie und fuhr ihr mit beiden Händen in das Haar. Stefanie war in der ungünstigeren Lage, weil sie unten lag, aber sie bekam Susebills Kopf zu fassen und zerrte aus Leibeskräften daran.
„Aufhören!“ rief Andrea zornig. „Kinder, was fällt euch denn ein!“ Sie packte Susebill bei den Schultern und riß die beiden streitbaren Schwestern auseinander. „Schluß jetzt … aber sofort!“
„Susebill hat angefangen, dieses Biest!“ sagte Stefanie und fuhr sich mit beiden Händen durch die zerzausten Haare.
„Nein, Stefanie war schuld!“ behauptete Susebill. „Sie tut, als wäre ich ein Baby … Und du auch, Andrea! Warum fangt ihr erst an, was zu erzählen, und nachher hört ihr plötzlich auf und behauptet, ich wäre zu klein, um es zu verstehen … Zu klein! So ein Quatsch! So gescheit wie ihr bin ich noch lange!“
„Das sieht man an deinen Leistungen in Mathematik!“ sagte Stefanie spitz.
Susebill wollte sich sofort