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Raßmussen war entzückt von dem Kind und gab ihm das schönste Lackpapier. Sören klebte eine so herrliche Taube, daß Hubert vor Freude über solch ein Geschenk sprachlos war.

      Da war die Freundschaft zwischen den beiden so ungleichen Spielkameraden besiegelt, und wenn die Sonne sank und die anderen Kinder heimtobten, dann holte Hubert von der Großmutter das schönste Obst, Kuchen oder leckeres Wurstbrot für sich und den armen kleinen Sören, und sie wanderten zum Heidehang und blickten hinauf in den Himmel, an dem die Vögel wie lockende, winkende Verheißung schwebten. Wie glühten die Kinderherzen in tiefer, ungeduldiger Sehnsucht nach der blauen Ferne, die den armen Erdenmenschen noch ebenso verschlossen ist wie das Paradies, aus dem eigene Schuld sie vertrieben hat. Einmal emporfliegen können mit Taubenschwingen. Einmal die Rätsel des Himmels lösen können. Einmal sich untertan machen, was noch keines Menschen Wille und Klugheit gemeistert hat. Einmal siegen über das große, ernste, unerklärliche Hindernis, die Luft, die der Weg zum Reich Gottes ist.

      Der Hauslehrer genügte nicht mehr für Huberts Erziehung, die Tränen Friederikes flossen vergeblich, ihr Liebling wurde ihr genommen und mußte in der Nachbarstadt in Pension gegeben werden, um das Gymnasium zu besuchen.

      Hubert setzte es, wie alles, bei den Großeltern durch, daß Sören Hallwege in derselben Stadt bei einem Kunstschlosser in die Lehre kam. Raßmussen bezahlte für ihn, und der heißeste Wunsch des armen Knaben war erfüllt. Seine Hände waren geschickt, sein Kopf hell, sie brachten ihm alles ein, was sein schiefer, elender Körper versagte.

      Seine Liebe und Verehrung für Hubert war grenzenlos, und hätte man Sörens Leben für den Freund und Wohltäter gefordert, er hätte es jubelnd gegeben.

      Von Stund an, da ihr Grafenkind das Heidehaus verlassen hatte, sank Frau Friederike in ihr altes Leiden zurück.

      Es gab keine Besserung mehr. Langsam flackernd, wie ein Licht verlöscht, ging sie heim, um ihrer Ebba voll stolzen Glücks zu sagen: »Ich habe dein Kind ans Herz genommen und es zu einem frommen, braven Menschen gemacht.«

      Klaus Raßmussen drückte seiner Frau mit zuckenden Lippen die Augen zu, dann stand er ganz allein. Er war gut zu Hubert bis zur Schwachheit, etwas Scheues, wie ein ungebeichtetes Schuldbewußtsein, lag auf ihm und drückte den hünenhaften Mann nieder.

      Nur eins setzte er voll eisernen Willens durch. Ein Deutscher sollte der Junge sein, trotz seines ausländischen Namens. Wer Klaus Raßmussen beerben will, muß bis ins Mark hinein Germane sein.

      Und Hubert war es, wenigstens seinem Handeln nach. Er diente sein Jahr bei Haudese nur ab, er studierte Landwirtschaft und schien bereit, den Heidehof nach dem Tod des Großvaters selber in dessem Sinn weiter zu bewirtschaften.

      Sein Wesen und Sein aber konnte nie den heißblütigen, eleganten und galanten Ungar verleugnen, dessen Schönheit und Liebenswürdigkeit alle Herzen gewann, dessen kecker, tollkühner Wagemut im Regiment und auf der Universität von sich reden machte.

      Eine Lungenentzündung bereitete dem Leben des alten Raßmussen ein unerwartet schnelles Ende.

      Hubert von Giöreczy eilte in die Heimat, sein Erbe anzutreten.

      Der erste, der ihm im Heidehaus entgegentrat, war Sören Hallwege, der Kunde vom Tod seines alten Wohltäters erhalten hatte und zu seiner Beerdigung gekommen war.

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