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mich wahrscheinlich für verrückt oder total überdreht.«

      »Das tue ich nicht, ich sehe doch, daß Sie verzweifelt sind, Maxi. Ich frage mich, wie es soweit kommen konnte. Sie waren vor sechs Jahren das Traumpaar des Jahres. Wie konnte diese Ehe einen solchen Verlauf nehmen? Es war doch nicht so, daß Sie nur einem Blender, einem Mitgiftjäger aufgesessen waren. Ihr Vater hatte genaue Erkundigungen über ihn eingezogen. Ich weiß das und erinnere mich jetzt wieder an alles.«

      »Ich frage mich doch auch, wie sich das alles so entwickeln konnte! Drei Jahre ging es doch auch gut, dann starb sein Vater und hinterließ chaotische Zustände. Ray und seine Brüder zerstritten sich, weil kaum noch etwas vorhanden war. Einer schob es auf den anderen, dabei schien es so, als hätte der Senior die ganze Familie getäuscht. Ich habe nie einen Überblick gewonnen, aber Ray hat sich seit diesem Tag geändert. Ich merkte erst jetzt, welch ein Materialist er war. Von meinem Erbteil blieb letztlich auch nichts mehr, wie ich dann merken sollte. Obwohl er überall Geschäfte machte, mußte ich mich sehr einschränken. Es hätte mir nichts ausgemacht, wenn wir gemeinsam versucht hätten, wieder etwas aufzubauen. Mama wollte ich nichts mitteilen. Jetzt weiß sie natürlich Bescheid und kann es immer noch nicht fassen, daß Ray so ganz anders wurde, als sie ihn einschätzte. Aber wozu erzähle ich Ihnen das eigentlich?«

      »Weil Sie sich mal aussprechen wollten, Maxi, und das ist gut so. Wie lange sind Sie schon bei Ihrer Mutter?«

      »Drei Wochen, aber ich bin zum ersten Mal in die Stadt gefahren. Ich werde die Angst nicht los, daß er mich verfolgen läßt und Patrick wegholt. Ich habe schon ein paar Anrufe bekommen, aber immer, wenn ich mich gemeldet habe, wurde die Verbindung unterbrochen. Wenn Mama sich meldete, war eine Frau am Telefon, aber nur einmal fragte sie nach mir. Mama sagte, daß sie nicht wüßte, wo ich sei. Mir sitzt die Angst im Nacken, nicht um mich, sondern um Patrick. Er hat ein Loch in der Herzscheidewand und müßte operiert werden, aber ich traue mich nicht, ihn in eine Klinik zu bringen.«

      »Wenn Sie wollen, setze ich mich mit einem Spezialisten in Verbindung. Man könnte ihn unter einem anderen Namen operieren lassen, wenn Sie keine Krankenversicherung in Anspruch nehmen.«

      »Aber ich habe das Geld nicht und möchte auch Mama nicht zu sehr beanspruchen. Es ist alles so schwierig. Ich sehe schon überall Gespenster. Bevor ich zu Ihnen fuhr, machte ich bei der Behnisch-Klinik halt. Ich hatte gehört, daß Dr. Behnisch gestorben ist. Es ist mir sehr nahe gegangen. Er hat meinen Vater so lange behandelt, und ich wollte gern Jenny Behnisch besuchen. Aber da sah ich Bess Melvin, ich habe es mir wenigstens eingebildet, daß sie es sei… aber diese Ähnlichkeit… sie hat mich auch angestarrt. Ich habe gleich die Flucht ergriffen. Ich weiß ja nicht, wie sie herkommen konnte, was sie hier macht an der Klinik, aber sie trug einen weißen Kittel.«

      »Wer ist diese Bess Melvin?« fragte Dr. Norden.

      »Sie war Pflegerin bei meinem Schwiegervater und hatte auch eine Beziehung zu Ray. Ich weiß, daß alles verrückt klingt, aber ich kann es mir nicht nur einbilden. Manchmal zweifle ich schon selbst an meinem Verstand.«

      Sie sah ihn so hilflos und voller Angst an, daß es ihn erschütterte.

      Was hatte Ray Gambill aus dieser Frau gemacht? Aus einem bezaubernden Mädchen, das überall, wohin es auch kam, Frohsinn verbreitete. Dem außerdem alle Wege zu einer beruflichen Karriere offenstanden. Was Daniel Norden jetzt sah, war ein völlig verstörtes Geschöpf, dessen Augen um Hilfe flehten. Aber er wußte nicht, wie er helfen konnte.

      Er überlegte kurz. »Ich könnte Sie und Patrick sofort auf der Insel der Hoffnung unterbringen«, erklärte er.

      »Aber Patrick muß operiert werden, wenn er einmal ein normales Leben haben soll.«

      »Ich kenne in der Schweiz einen Herzchirurgen, Dr. Dechy, mit dem ich sprechen könnte. Der Weg von der Insel ist nicht weit bis nach Zürich. Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen, besprechen Sie es mit Ihrer Mutter.«

      Sie nickte zustimmend. »Ich möchte aber auch gern wissen, wer diese Frau in der Behnisch-Klinik ist, die so aussieht wie Bess Melvin.«

      »Können Sie mir eine Beschreibung geben?«

      »Sie ist blond, ganz attraktiv, wirkt sehr arrogant und hat grüngraue Augen, die kalt glitzern.«

      Dr. Norden hielt den Atem an, denn danach konnte man Bridget Mellet erkennen, aber das wollte er lieber nicht sagen, denn Ähnlichkeiten gab es immer.

      »Mit welcher Bekannten hat sie Ähnlichkeit?«

      »Mit Bess Melvin, der Pflegerin meines Schwiegervaters. Wenn sie hier als Krankenschwester tätig ist, frage ich mich, warum sie ausgerechnet in München ist. Sie spricht allerdings sehr gut deutsch.«

      »Und Sie haben vermutet, daß sie ein Verhältnis mit Ihrem Mann hatte?«

      »Vielleicht ist das etwas übertrieben, er hatte mit manchen Frauen geflirtet. Ich neige wohl dazu, alles ganz schwarz zu sehen und bitte um Nachsicht, weil ich so am Boden zerstört bin.«

      »Sie dürfen sich jetzt nicht unterkriegen lassen. Ich werde Ihnen ein Medikament geben, das beruhigend und auch aufmunternd wirkt.«

      »Ich hatte schon eins verschrieben bekommen, aber ich habe den Eindruck, daß es mich noch nervöser macht.«

      »Haben Sie es dabei?«

      Sie nickte und entnahm es ihrer Handtasche. Das Glasfläschchen war halbvoll. Er schraubte es auf und roch daran.

      »Lassen Sie es bitte mal hier, und nehmen Sie das von mir, Maxi. Mal sehen, ob das besser hilft. Und dann sagen Sie mir bald Bescheid, ob Sie mit Patrick auf die Insel oder in die Schweiz gehen wollen.«

      »Das tue ich, und Sie sagen mir bitte, wie die Pflegerin heißt.«

      »Ich werde mich erkundigen.« Er hatte ein unbehagliches Gefühl und eine Ahnung, daß Jenny Behnisch einigen Ärger bekommen könnte, den er ihr gern ersparen wollte. Er ertappte sich auch dabei, daß er Maxi nachschaute, um sich zu vergewissern, ob ihr jemand folgte, aber das war nicht der Fall.

      Bevor er heimfuhr, hielt er beim Labor, mit dem er viel zusammenarbeitete. Er brachte Maxis Tabletten hin und bat, sie zu analysieren. Sie hatte ihn mit ihrem Mißtrauen tatsächlich bereits angesteckt.

      *

      Fee Norden betrachtete ihren Mann besorgt, weil er gar so wortkarg war. Den Kindern fiel es nicht so auf, denn sie waren lebhaft wie immer.

      »Fehlt dir was, mein Schatz?« fragte sie, als sie ihren üblichen Kaffee tranken.

      »Du wirst nicht glauben, wer heute bei mir war«, begann er geistesabwesend. »Maxi Dannenberg.«

      »Heißt sie nicht Gambill, seit sie verheiratet ist?«

      »Jetzt hat sie wieder ihren Mädchennamen angenommen und lebt bei ihrer Mutter.«

      »Oh, das bedeutet also, daß auch diese Ehe schiefgelaufen ist.«

      »Und wie schief!« Daniel erzählte, was er von Maxi erfahren hatte und Fee schüttelte ein über das andere Mal den Kopf. Er ließ auch ihren Kurzbesuch in der Behnisch-Klinik nicht aus und ihre Ängste.

      Fee runzelte die Stirn.

      »Wenn sie sich nicht getäuscht hat, könnte es sein, daß sich da jemand eingeschlichen hat, der Ärger machen könnte.«

      »Der Gedanke ist mir auch gekommen, und es wäre besonders schlimm, wenn sie gar keine Ärztin wäre.«

      »Aber sie wurde von Professor Schwerdt empfohlen.«

      »Man müßte sich dann fragen, in welcher Beziehung sie zu ihm steht. Ich erinnere mich allerdings, daß er vor einigen Jahren in England tätig war. Viel weiß ich nicht über ihn.«

      »Ich werde sie mir mal anschauen«, sagte Fee, schnell entschlossen. »Jenny kann wirklich keinen Ärger brauchen, und natürlich tut mir auch Maxi leid, wenn sie unter Druck gesetzt wird. Man hört ja oft genug, daß Kinder von ihren Vätern entführt werden und manchmal sogar getötet, um die Mutter an ihrer empfindlichsten Stelle

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