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bei ihnen Monogamie Gesetz war, und die hohe sittliche Auffassung vom Wesen der Frau stimmt damit überein. Das schwerste Verbrechen war die gewaltsame Entführung und Schändung einer Frau, ein Verbrechen, für das man keine Entschuldigung kannte, das nur durch den Tod geahndet werden konnte.

      Wie man aber das Wesen der Ehe auffaßte, beweist folgende brahmanische Sentenz: „Ist die Schuld (Kinderzeugung) bezahlt, so soll der Mensch sich aus der Welt zurückziehen. Denn vom sinnlichen Leben erlöst zu werden, ist immer ein Glück.“ Die Ehe war also eine Pflicht, keine ideale Natureinrichtung, und die Kirche machte dem Staate die Konzession, sie als temporäre Notwendigkeit zu bezeichnen. Was aber vom sittlichen Standpunkt aus bei den Indern nicht genügend hervorgehoben werden kann, ist, daß sie die Ehe als Kaufgeschäft nicht zuließen. Frauenkauf, überhaupt Mitgiftzahlung, war verboten, und Arrhian berichtet ausdrücklich, daß in Indien die Heiraten geschlossen wurden, ohne daß etwas gegeben oder genommen wurde. Damit beweisen die alten Inder die Erkenntnis von der Unsittlichkeit, die in dieser Art der Eheschließung liegt, die stets zu materiellen Rücksichten bei Eingehung eines Bündnisses führt, zu dessen sittlichem Gedeihen die seelische und körperliche Übereinstimmung allein Pflicht und Notwendigkeit ist. Allein der alte indische Staat war andererseits weit davon entfernt, die Ehe als etwas anderes als eine die Wohlfahrt der Gesamtheit, nicht der einzelnen, fördernde Institution zu betrachten. Dies geht schon daraus hervor, daß er Abtreibung der Leibesfrucht den schwersten Verbrechen gleichstellte. Immerhin war die brahmanische Periode eine Zeit relativer Sittlichkeit, die dem Buddhismus nicht genügte. Seine Askese führte zur Reaktion und Entartung, bis wir an der Grenze des Mittelalters ein ausschweifendes Volk finden, bei dem die Prostitution in vollem Schwunge ist.

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      Die sittliche Auffassung der Frau in Griechenland ist durch die üppige Blüte der Prostitution charakterisiert. Der Staat, der die Notwendigkeit der Ehe für den Bestand rasch genug erkannt hatte, schuf sie mit allem gesetzlichen Beiwerk ausgestattet, indes der Instinkt des Einzelnen nach der freien Ausübung des Liebesgenusses verlangte. So entstand jener Zwitterzustand, den eine zweitausendjährige Kultur nicht beseitigte, sondern ihn verschärfte. Die Ehefrau war ein notwendiges Übel. Man kaufte sie, d. h. man tauschte seinen gesellschaftlichen Rang gegen ihre Mitgift ein und erfüllte seine Pflicht gegen den Staat, indem man mit der Sklavin der herrschenden Sittenanschauung Kinder zeugte. Von dem Schlafgemach der Ehefrau begab man sich zu den Hetären.

      So war auch die Erziehung der Jungfrau nur für ihren späteren Beruf berechnet, und dieselbe Abgeschlossenheit und Freudlosigkeit ihres Daseins erwartete sie nach der Eheschließung. Wer wollte ehrlicherweise bestreiten, daß dieser Zustand einem Handel gleichkommt, der nur reale Zwecke verfolgt und alle ideellen Anforderungen gering schätzt?

      Etwas besser war die soziale Stellung der Römerin, nicht weil die Römer sittlicher dachten, sondern weil sie praktischer waren. Dieses Volk war so sehr von dem einheitlichen Staatsgedanken durchdrungen, daß es in der Mutter die Gegenwart und die Zukunft des Gemeinwesens erblickte, und seine Ehrerbietung gegen die Frau war nichts weiter als Dankbarkeit gegen die Erzeugerin von Bürgern, in deren Qualität und Quantität das Schicksal Roms begründet war. Auch die Form der Eheschließung war nur auf den Vorteil des kaufenden Teiles berechnet und daher unsittlich. Das junge Mädchen, das mit vollendetem 12. oder 13. Jahre für ehereif befunden wurde, ward nun einem Mann übergeben, den es kaum vorher gekannt hatte. Die Jungfrau wurde nie um ihre Wünsche befragt. Die Familien schlossen gegenseitig die Ehen ihrer Kinder. Liebe und persönliche Zuneigung blieben außer Betracht. Dieser Handel zeitigte so lange keine schlimmen Folgen, als die Männer, oder besser, die Gesellschaft durch die grausamsten Gesetze jede freie Sinnenäußerung unterdrücken mußten. Mit der Zeit, da die Gesetze ihre Kraft verloren, brach auch die geknebelte Freiheit der Leidenschaften in einer Weise durch, die viel weniger die Sittenlosigkeit ihres Zeitalters, als die der vorhergehenden bewies.

      „Häufig genug gab es Weiber wie Fulvia, die, statt sich um das Hauswesen zu bekümmern, über die Mächtigsten herrschen wollten, um durch diese zu regieren. Unter solchen Umständen nahm die Ehelosigkeit immer mehr und mehr überhand.

      Überhaupt bildete diese Zeit im alten Rom ein Bild tiefster sittlicher Fäulnis, wie sie etwa nur das 17. und das 18. Jahrhundert der modernen Zeit aufzuweisen hat. Unerlaubte Verhältnisse waren selbst in den höchsten Kreisen etwas so Häufiges, daß man kaum noch davon redete. Der Sammelplatz der vornehmen Welt wurden die Bäder von Bajae und Puteoli, wo man alle die daheim durch die Sitte noch immer gebotenen Fesseln abwarf, und wo bei Tanz, Spiel und Völlerei jeder Art die Römer sich einer ausgesuchten Genußsucht hingaben. So nahm jene ungeheure Sittenlosigkeit überhand, wie sie in solchem Grad und Umfang die Welt kaum je wieder gesehen. Die Emanzipation der Weiber war in den höheren Kreisen ausgesprochen, und das einzige Lebensziel derselben war der Genuß.

      Schließlich wurde in späteren Zeiten der Verkehr der Frauen außer dem Hause ein fast unbeschränkter. Der Zirkus, das Theater, das Amphitheater standen ihnen offen. Die Folge dieser Zustände war die verbreitetste, tiefste Zerrüttung des häuslichen Lebens. Leichtfertige Ehescheidungen waren an der Tagesordnung.“

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      Die alten Franken hatten, entsprechend den Sittenanschauungen der Gallier, eine große Hochschätzung vor der freigeborenen Frau. Diese konnte für eine Prostitution nie in Betracht kommen. Dagegen hielten sie Sklavinnen, mit denen die „Herren“ einen schwunghaften Handel trieben. Die Ehre der freien Frau war nach jeder Richtung hin geschützt. Schon das Zerraufen der Haarfrisur einer Frau wurde mit schweren Strafen geahndet. Die Entführung einer Frau wurde mit dem Tode bestraft. Ein Sklave, der die Sklavin eines Herrn entführte, zahlte diesem nach dem damaligen Recht einhundertundzwanzig Denare. War er dazu nicht imstande, so erhielt er ebensoviel Rutenstreiche. Freigeborene Frauen, die sich freiwillig prostituierten, wurden meist aus dem Stamm oder später aus der Stadt ausgestoßen, erhielten wohl auch noch eine Anzahl Stockstreiche.

      In jener schon mehr und mehr zivilisierten Zeit bis auf Karl den Großen hatten die meisten Edelleute mehrere Konkubinen, die gewöhnlich Sklavinnen waren und gekauft wurden. Doch war die Stellung dieser Nebenfrauen eine ziemlich erträgliche, besser als die der Haremsfrauen des Sultans, wenngleich die Einordnung der fränkischen Konkubinen in eine Art Frauenhaus eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gefangenhalten in den Harems aufwies.

      Wie der Mädchenhandel in der Periode Karls des Großen, die unter dem Einfluß des erstarkenden Christentums und seiner immer kämpfenden Priester mehr und mehr die Einzelehe in Geltung brachte, geblüht hat, beweist ein Erlaß besagten Kaisers gegen die Kuppelei, in dem unter anderm vorgeschrieben wird, daß Priester keine Frauen aufnehmen sollen. In jener Zeit übernahm jene Kategorie von Kaufleuten, die am meisten mit den Edelleuten in Berührung kamen, den Handel mit Frauen, nämlich die Pferdehändler, die das ganze Mittelalter hindurch als quasi privilegierte Frauenhändler auftreten.

      Voreheliche Hingabe war unter den Frankenkönigen ein strafbares Verbrechen, dessen jeder Mann eine Frau bezichtigen durfte. Nur mußte er seine Klage damit beweisen, daß er sich entweder einem Gottesgericht oder einem Zweikampf unterwarf.

      Weinhold, Freybe und Felix Dahn haben über die Stellung des deutschen Weibes geschrieben. Die Frau war ein untergeordnetes, unselbständiges Geschöpf, denn nach altem Recht konnte der Geschlechtsvormund, Vater oder Gatte „die Frau wie des Lebens so der Freiheit berauben, sie in die Knechtschaft verkaufen, um ihren Vermögenswert zu realisieren“. Langsam schwand das Recht, die Frau in die Knechtschaft zu verkaufen.

      „Die Ehe, wie sie sich in den altfranzösischen Epen behandelt findet, wird selten aus aufrichtiger Liebe geschlossen. Die Frau wünscht die Ehe, weil sie von ihr eine Besserung ihres schutz- und rechtlosen Zustandes erhofft. Der Mann (meist unter Beirat seiner Verwandtschaft und Freunde) ehelicht, um den Einfluß und Reichtum der eigenen Sippe zu heben. Die Verlobung erfolgt feierlich vor Zeugen, auch wohl an geheiligter Stätte. Zu nahe Verwandtschaftsgrade sind ein Ehehindernis. Besondere Hochzeitsgebräuche finden sich nicht erwähnt. Die Feierlichkeit dauert manchmal auch acht Tage. Das Paar empfängt priesterlichen Segen.“

      Zur Zeit der Minnesänger bot die Frau dem Manne zuerst den Gruß. In seinem vaterländischen Hochgesang „Deutschlands Ehre“ bittet Walther von der Vogelweide die Frauen um keinen andern Sängerlohn,

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