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dürfte.

      Ob freilich in Deutschland die Sitte des Keuschheitsgürtels sehr verbreitet war, darf man bezweifeln. Aber in Italien war der Gürtel bestimmt vielfach in Gebrauch. Die Italiener haben sich in ihrer maßlosen Eifersucht ganz andere Dinge noch geleistet. Und vielleicht durfte manche Frau froh sein, mit solch einem Gürtel und mit der Unverletzbarkeit desselben dem heimkehrenden Gatten einen Beweis ihrer ehelichen Treue bieten zu können. Denunziationen waren damals an der Tagesordnung, und bei dem Recht über Leibes-, ja Lebensstrafen, das der Mann oft genug gegen die Frau besaß, schwebte diese immer in Gefahr, ganz unschuldig verdächtigt und gerichtet zu werden. Daß aber Deutschland den Keuschheitsgürtel gekannt hat, beweist eine Stelle in Johann Fischarts Dichtungen, der (etwa 1575) spöttisch bemerkt, „gegen Weiberlist helfe auch kein Panzerfleck mit Mahlschlossen“. Und noch um das Jahr 1600 wurde eine vornehme österreichische Edelfrau sogar mit einem solchen Gurt bestattet — ein Beweis, daß diese Sicherung gegen Untreue nicht etwa geheim gehalten wurde, sondern auch die Öffentlichkeit nicht scheute. Der Hingang einer vornehmen Frau in jenen Zeiten war ein großes Ereignis, und es gab immer viele weibliche Zeugen bei der Zurichtung der Leiche.

      Blainville, der 1707 dem Grafen von Verona einen Besuch machte, sah mit eigenen Augen einen solchen „Venusgurt“. Er schreibt darüber: „Ich war so frei, zu sagen, daß nur ein unbesonnener eifersüchtiger Tor eine solche Maschine erfinden könnte. Denn zehn für einmal würde er dadurch nur zum Narren, weil Frauen viel zu erfahren wären, um sich von ihren Männern auf diese Weise betreuen zu lassen, wenn sie lange eingeschlossen lebten.“ Der Graf erwiderte seinem Gast, das sähe er wohl ein, aber die Ehemänner in Italien verschafften sich durch solche Gurte immerhin eine gewisse Beruhigung. Sie glaubten fest daran, daß diese kleine Vorsicht gut wäre, um ein Anwachsen der Hörner (natürlich nicht beim Weibe, sondern beim Manne) zu verhindern.

      Blainville konnte sich nicht beruhigen, daß Eifersucht solche Marterwerkzeuge hervorrufen konnte. Er bezweifelte nach wie vor, daß „Venusgurten“ und selbst bewaffnete Wächter die Männer vor bösen Streichen ihrer Frauen hüten könnten, und er fand diese Gurte recht geeignet, überhaupt erst den Gedanken in der Frau zu nähren, wie sie am besten trotz des Gurtes und mit dem Gurt ihrem Manne einen Streich spielen konnte.

      An diesen Ausführungen — und überhaupt an vielen Geschichten jener Zeit, die sich mit Vorliebe mit der ehelichen Treue befassen — nimmt weniger die Ansicht Blainvilles über den Wert des Venusgürtels unser Interesse in Anspruch, als die Tatsache, daß der vielerfahrene Reisende die eheliche Untreue als eine kaum zu umgehende Tatsache betont. In der Tat wimmeln die Erzählungen der italienischen Autoren jener Zeit, des Stravanarola, Crébillon, Grapputo und anderer, von Ehebrüchen junger Frauen, und die Schriftsteller werden nicht müde, aufzuzählen, welche Listen die Frauen angewandt haben, um die Wachsamkeit ihrer Männer zu täuschen. Gewöhnlich lauten die Überschriften etwa so: Faustina wird dem alten Gherardo zur Frau gegeben. Sie verliebt sich in einen Jüngling, liegt bei ihm und wird von ihm geschwängert. Gherardo findet sie schließlich im Bett mit ihrem Buhlen und will beide töten ..... (Francesco Grapputo).

      Oder: Der auf seine Frau eifersüchtige Gianni wird von ihr durch seine eigene Schuld gehörnt (Thomas Costo) oder (derselbe Autor): Dionigi, der auf seine Frau eifersüchtig ist, verleitet, weil er übermäßig neugierig ist, zu wissen, ob sie ihm Hörner aufsetzen würde, die Frau dazu, es auch zu tun .....

      Die Autoren bieten ihren ganzen Witz auf, um die Ehemänner lächerlich zu machen, und nichts bereitet ihnen größeres Vergnügen, als zu berichten, wie die Frau das angestellt hat. Man darf also bei der Beurteilung des Keuschheitsgürtels nicht vergessen, die Zeit zu beurteilen, die ihn hervorgebracht hat.

      Es gibt aber kein Zeitalter, das nicht töricht genug wäre, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Vor einigen Wochen, im Jahre 1931, wurde in Österreich ein Bauer verhaftet, der seine drei Töchter seit Jahren eingesperrt gehalten hatte, „damit sie ihre Keuschheit nicht verlieren könnten“. Es bedurfte eines ganzen Aufgebots von Gendarmen, den Vater zu bändigen, der sich in vollem Rechte glaubte und der Meinung war, daß er Herr über die Keuschheit seiner Töchter sei. Und 1910 verübte in Paris der Apotheker Parat Selbstmord, als die Öffentlichkeit erfuhr, daß er seine Frau seit Jahren in Ketten gefangen gehalten hatte, um ihrer Treue sicher zu sein. Noch mehr, dieser ehrenwerte Mann hatte der Gefangenen einen Keuschheitsgürtel umgelegt, und er hatte dieses Instrument nicht etwa aus einem Museum entwendet: Nein, er hatte es in Paris gekauft, Anfang des XX. Jahrhunderts, und es wurde bei dieser Gelegenheit festgestellt, daß in Frankreich noch in der neuesten Zeit, als schon die Trompeten der neuen Amazonenkorps schmetterten, die der Frau die Befreiung bringen wollten, solche Gürtel gehandelt wurden. Das Patentamt löschte 1903 in Deutschland ein Gebrauchsmuster (D. & G. M. Nr. 204538), durch das die Erfinderin — es war ein richtiger Keuschheitsgürtel — die Männer gegen eheliche Untreue zu schützen versprach.

      Leibesstrafen an Ehebrecherinnen

      Es gibt keine stärkere Illustration für die Hörigkeit der Frauen als die Strafen, welche die Männer über die verhängten, die sich gegen ihren Willen und gegen ihre Moral auflehnten. Nicht jede Frau war eine Griseldis. Die Zeitalter wechseln ihre Gesichter, die Frauen mit ihnen. Rudolf Quantner schreibt in „Leibes- und Lebenstrafen“:

      „Die Verweisung ins Kloster konnte nach kaiserlichen Rechten gegen die Ehebrecherinnen ausgesprochen werden.“ Und der Art. 120 der Carolina bestätigt diese Strafe, wenn er sagt: „So ein Ehemann einen anderen um des Ehebruchs willen, den er mit seinem Eheweibe verbracht hat, peinlich beklagt und des überwindet, derselbig Ehebrecher sammt der Ehebrecherin sollen, nach Sag Unser Vorfahren und Unser Kaiserlichen Rechten, gestrafft werden. Item, daß es auch gleicher Weise im Fall, so ein Eheweib ihren Mann oder die Person, damit er Ehebruch vollbracht hätte, beklagen will, gehalten werden soll.“ Das war also ein Fall, bei dem Frauen auch nach weltlichem Recht zur Strafe ihres Verbrechens ins Kloster geschickt werden konnten oder vielmehr sollten.

      Der Verweisung in ein Kloster pflegte beim Ehebruch eine Leibesstrafe, gewöhnlich der Stockschilling, vorauszugehen. Auf kurze Zeit erfolgte ja auch die Verweisung niemals, sondern stets auf Jahre hinaus. Beim Ehebruch war die Einrichtung der Strafe so, daß die schuldige Frau zunächst auf zwei Jahre die Hoffnung hatte, von ihrem Manne befreit zu werden. In den zwei Jahren konnte er ihr die Schuld vergeben und sie wieder zu sich nehmen. Verlangte er die Frau zurück, um mit ihr die Ehe fortzusetzen, dann mußte sie ihm zurückgegeben werden. Blieb der Mann aber unerbittlich, wollte er die ihm angetane Schmach nicht vergessen, die Schuld nicht verzeihen, dann war nach Ablauf der zwei Jahre meist an eine Rettung nicht mehr zu denken, und die Schuldige blieb im Kloster.

      „Das Spinn- oder Zuchthaus des unnützen und unbändigen Frauen-Volkes zu Amsterdam ist wegen vieler verwilderter Mägdlein, die auff den Gassen lieffen, auch um der müßiggehenden geilen Mädchen und Weiber willen, die sich in Huhrhäusern aufhielten, und des Sauffens beflissen, ja selbst zum Diebstahl verfielen, Anno 1596 gestiftet. Selbige unbändigen faulen Weibes-Bilder wurden alsobald an das Flachs- und Wollen-Spinnen, Netze stricken, und dergleichen Arbeit gesetzt. Die ersten Außen-Mütter, welche die Bürger-Meister über dieses Hauß verordnet, waren Atgen Klasin und Aaf Hetmansin. Als Anno 1643 dieses Spinnhaus abgebrand, ist ein viel schöneres und prächtigeres erbauet, über der Thür stehet in Stein gehauen, die Züchtigung, in Gestalt einer Frauen, und hebet mit der rechten Hand eine Geißel in die Höhe, mit der linken aber fasset sie eine von den Züchtlingen, welche ein Netz stricket, bey den Ermel, als willte sie selbige geißeln, zur rechten Seiten sitzet eine andere mit einem Spinn-Rocken. Aber wie schön dieses Hauß von außen anzusehen, so übeln Geruch giebt von innen der gemeine Sitz-Platz der leichten Mätzen von sich. Denn sobald man die Treppe hinauff gestiegen, und vor das Gitter gelanget, diese hübschen Thierlein zu schauen, kömmet einem ein solcher äckelhafftiger dampfichter Qualm entgegen, daß man die Nase zuhalten muß. Man findet aber dieselbe allda in drey unterschiedlichen Buchten abgeschieden. In der ersten sitzen diejenigen, die auff den Branntwein zu sehr verleckert sind, und lieber ihren Rock samt dem Hembde versetzen oder verkauffen, als die Käle unbefeuchtet lassen wollen. In der andern sind die geilen versoffenen Mären, die in Hurhäusern ihren Leib samt der Scham um ein liederliches Hurengeld vermiethet. In der dritten befinden sich die allerehrlichsten: Nemlich dieselben, die

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