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      Nataly von Eschstruth

      Halali!

      Roman

      Saga

      Halali!

      © 1921 Nataly von Eschstruth

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711472965

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      Erstes Kapitel

      Das war ein wirklicher, echter, rechter Sonntag. So hell hatte die liebe Sonne lange Tage zuvor nicht mehr geschienen, so früh war sie in letzter Zeit keinmal aus ihrem rosigen Wolkenbett emporgestiegen, wie heute!

      Madame hatte auch schon volle Toilette gemacht, das goldrote, wundervolle Gewand umweht von flimmerndem Strahlenflor und duftigen Schleiern, die weit hinauf in die lichten Himmelsfernen wehen.

      Auf ihrem Haupt funkelt das Diadem der Allbeherrscherin, von dem sich nächtens die hellen Sterne lösen, ihrer Gebieterin die rühmende Gefolgschaft zu machen.

      Während das leuchtendschöne Weib ihren Sonnengott, dem sie sehnsüchtig entgegenstrebt, umfängt, hüten die kleinen Himmelsaugen mit blitzendem Umblick die schlafende Welt und wissen gar manche ernste und heitere Geschichten von den wunderlichen Menschenkindern zu erzählen, die sich oft hassen, weil sie sich lieben, und sich auf Amors Schlachtfeld gar grimmig befehden, weil sie im Grunde des Herzens gern den süssesten Frieden machen möchten.

      Glockenläuten hörte man in dieser Waldeinsamkeit nicht, es müssten denn grad’ die blauen Campanula’s sein, die am Wegrain im köstlichen Morgenwind hin und her schaukeln und geburtsechten Sonntagskindern mit feierlichem Geläut verständlich sind.

      Ja, das war eine wonnesame Luft, die von den endlos gedehnten Bergwäldern um das idyllisch gelegene Kurhaus wehte, geschwängert von all dem würzigen Duft, der der Blumen Sprache ist, wollen sie mit den Himmeln des Ewigen Ehre preisen!

      Der Tau stiebt im Sonnengold wie ein Miniaturfeuerwerk um die Tannenzweige und zündet im Moos ungezählte Funken an.

      Vögel baden im Frühlicht die weiten Schwingen, und die Schmetterlinge küssen die schlaftrunkenen Gesichtchen von Masslieb und Ehrenpreis.

      Nur die Kurgäste schlafen noch.

      Gestern abend hat man lang’ bei farbigen Windlichtern auf der Veranda zusammengesessen, den warmen Sommerzauber zu geniessen.

      Die Jugend vom leichtlebigen Schlag tanzte nach den Klängen des Grammophon, die alten Herren machten ein harmloses Jeuchen, und was so ein bisschen poetisch und schwärmerisch, oder neugierig jagdsportlich beanlagt war, wandelte auf leisen Sohlen über die mondbeschienene Wiese, um Gedichte zu denken, oder das schlanke Wild zu belauschen, wenn es vorsichtig auf die Schneise trat, das auserwählte Alttier und der Bock voran — um in schweigendem Frieden zu äsen!

      Nun schlief man verständnislos, bei verhängten Fenstern, in den unvergleichlichen Morgen hinein.

      Nur der Hausknecht hatte die Stiefeln und Stiefelchen, die Schuhe und Schühchen mit rücksichtsloser Ungalanterie zusammengeschmissen und wichste die Kreidegezeichneten vor der Hintertür mit leisem Pfeifen:

      „Als Napoljum dies vernommen,

      liess er gleich die Stieweln kommen,

      die vordem sein Onkel trug! ...“

      Tempi passati!

      Wo sind die seligen Tage hin, da ein Napoleum noch Stieweln trug!

      Damals schlittete er, Johann, noch auf echten Filzparisern durch die Welt, — jetzt fährt das filzige Paris mit ihm Stuhlschlitten, als ob er nie in der Champagne und am Chemin des Dames mit echtem Krambambuli das Wohl seiner Damen zu Hause getrunken hätte!

      Das stimmte selbst einen Hausknecht, dem sonst alle Politik und jede Komödie auf dem theatrum mundi ganz schnuppe ist, recht wehmütig.

      Ein Gärtner harkte die vertrampelten Kieswege glatt, auf die die Kurgastjöhren sogar Birnenschalen und eine abgerissene Pferdeleine hingeschmissen haben. Er grollt nicht darüber, er ist tolerant, nur manchmal schnupft er aus einer blauen Tüte etwas „Hamburger Reiterlein“, denn er ist ein alter Mann und braucht von Zeit zu Zeit etwas geistige Anregung.

      Inmitten der Hausfront, die sich längs der breiten Waldchaussee hinzieht, auf der während der lieben langen Sommerszeit Wagen auf Wagen, Touristen und Velofahrer, Mandolinen bewaffnete Wandervögel und alles weitere, was den Tross reisewütiger Salontiroler, Bergfexe und ehrlicher Enthusiasten einer mittelalpinen Gebirgswelt, bildet, rastlos dahinzogen.

      Die lange Fensterfront des Kurhauses, das den Mittelpunkt von einem der vielen Luftkurorte bildete, wurde inmitten von einer geräumigen Loggia unterbrochen.

      Auf breitem Holzsims standen die landesüblichen Scherben, von denen eine bunte Pracht von Hängenelken, rotglühenden Geranien, die selbst dann noch „Brennende Liebe“ heissen, wenn sie schon ganz welk und gebleicht sind, an dem holzgeschnitzten Geländer herniederrankten.

      Die Stubentür, die zu ihnen herausführte, wurde leise geöffnet.

      Einen Augenblick flammte es in der Sonne grellweiss auf, — dann sanken die zartgrauen Schatten des Windschirms über das elegante Morgenkleid und zwei reizende kleine Hände stützten sich auf die Balustrade.

      Nicht zart und kränklich, wie sie über zuckende, überreizte Nerven streichen, sondern rosig, voll und weich, kraftvoll-energisch und edel geformt, als seien sie dazu geschaffen, ein Zepter zu führen.

      Im Buchenschatten, am Waldhang gegenüber, blitzen ein Paar blaue Augen sehr interessiert empor.

      Ein junger Tourist, im schmucken grünen Jagdzivil, den Weichen Filzhut aus der Stirn herausgerückt, sitzt behaglich im Moos und studiert die Geländekarte. Er scheint das schlafende Kurhaus mit seiner menschenleeren Terrasse zu langweilig zu finden, um dort zu frühstücken, und berechnet die Kilometer, die er bis zum nächsten Gebirgshotel zu wandern hat.

      Da leuchten die beiden Frauenhände auf dem Balkongitter zu ihm herüber.

      Die Ringe mit den Edelsteinen jauchzen der Sonne mit lebhafter Farbensymphonie entgegen.

      Wie das blitzt und funkelt!

      Hm, — schöne Hände, sehr schön!

      Man sagt, der Charakter drücke sich darin aus.

      Na, taxieren wir mal.

      Viel Schönheitssinn, schick, schelmisch und zu lustigen Streichen aufgelegt, das deuten die Grübchen in der liebenswürdigen Fülle an.

      Sie fasst energisch zu. — Sie weih, was sie will.

      Unklar darf man ihr nicht kommen.

      Wenn sie einen Fächer führt und man wird keck, — klappst sie zu!

      Weh tut sie nicht damit, dazu sind die samtweichen Pätschchen viel zu mollig. Aber sie zieht sie auch nicht ängstlich zurück, wenn es gilt!

      Die Nägel sind rosig und hübsch geformt, kurz geschnitten, wie bei einem tätigen Weibe, das nicht tagaus tagein auf dem Diwan liegt und Krallen an den Fingerkuppen züchtet.

      Jede Übertreibung ist hässlich.

      Der Kritikus rückt sich heimlich noch tiefer hinter den kleinen Wachholderbusch zurück und lockert den Krimstecher.

      Er

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