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ohne die Unterstützung, die eine sorgfältige Analyse dieses Materials erbracht hätte, können wir unsere zu Anfang gestellte Frage bereits deutlich beantworten.
98 Jesus war nicht einfach ein Moralist, dessen Lehren zufällig auch einige politische Implikationen enthielten. Er war nicht in erster Linie ein Lehrer von Spiritualität, dessen öffentliches Wirken unglücklicherweise in einem politischen Licht gesehen wurde. Er war nicht nur ein Opferlamm, das sich auf seine Opferung vorbereitete, oder ein Gottmensch, dessen göttlicher Status uns veranlasst, sein Menschsein außer Betracht zu lassen. Jesus war, in seiner von Gott beauftragten (d. h. verheißenen, angekündigten, messianischen) Prophetenschaft, Priesterschaft und Königsherrschaft, der Träger einer neuen Möglichkeit menschlicher, sozialer und daher politischer Beziehungen. Seine Taufe ist die Einsetzung und sein Kreuz der Höhepunkt dieses neuen Regimes; die Jünger sind aufgerufen, daran teilzunehmen. Die Menschen mögen dieses Königreich als irreal, irrelevant, unmöglich oder nicht einladend abschreiben, doch zu dieser Einschätzung können wir nicht länger im Namen der systematischen Theologie oder ehrlicher Hermeneutik kommen.
An diesem einen Punkt gibt es keinen Unterschied zwischen dem Jesus der
Historie und dem Christus der
Geschichte, zwischen Jesus Gott und Jesus Mensch, zwischen der Religion Jesu und der Religion über Jesus (oder zwischen dem kanonischen Jesus und dem historischen Jesus). Keine derartige Zerstückelung kann seinen Ruf zu einer Ethik, die durch das Kreuz gekennzeichnet ist, verhindern; ein Kreuz, in dem die Bestrafung eines Mannes erkannt wird, der die Gesellschaft durch die Gründung einer neuen Gemeinschaft radikal neuen Lebens bedroht.