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WILDER FLUSS. Cheryl Kaye Tardif
Читать онлайн.Название WILDER FLUSS
Год выпуска 0
isbn 9783958350083
Автор произведения Cheryl Kaye Tardif
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ich weiß, er ist es! Ich kann es nicht erklären, aber ich weiß es einfach. Ich habe es immer irgendwie gewusst. Als meine Mutter und ich ihn begraben mussten, da wusste ich, dass der Sarg nicht umsonst leer war. Nicht, weil sie seine Leiche nicht gefunden hatten, sondern weil mir klar war, dass es keine Leiche gab.«
»Moment! Ich verstehe nicht ganz, weshalb du mich brauchst. Ich weiß überhaupt nichts über das Verschwinden deines Vaters.«
»Das vielleicht nicht, aber du kanntest meinen Dad, wusstest, wie er denkt.«
Anspannung lag in der Luft, während Del auf seine Antwort wartete.
»Es tut mir leid«, sagte er leise. »Ich kann im Moment unmöglich gehen. Schon gar nicht auf irgendeine sinnlose Unternehmung irgendwo im Norden. Ich befinde mich mitten in einem Mammutprojekt …«
»Vergiss es!«
Sie riss ihm das Notizbuch aus der Hand und rannte zum Ausgang.
Als sich die Türen öffneten, warf sie ihm einen vernichtenden Blick zu. »Bevor er zum Nahanni aufbrach, war der Professor in bester gesundheitlicher Verfassung.«
Als sie keine Reaktion bekam, schnaubte sie verbittert. »Macht es dich denn nicht im Geringsten neugierig, wie er Progeria überhaupt bekommen konnte?«
Sie stapfte aus dem Labor.
Arschloch!
Kapitel 4
Zwei Wochen später konnte es Del kaum noch erwarten, zum Nahanni River aufzubrechen, doch die rapide Verschlechterung von Arnold Schroeders Zustand verfolgen zu müssen, ließ Zweifel in ihr aufkommen. Was, wenn er tatsächlich nur halluziniert hatte? Wenn er einfach nur von den anderen Männern getrennt wurde?
Was wenn …?
»Morgen, Del«, grüßte TJ.
Es gefiel ihr ganz und gar nicht zu sehen, wie er so völlig nonchalant einfach in ihr Haus spazierte.
»Schon mal was von Anklopfen gehört, TJ?«
Ohne sie zu beachten, wanderte TJs Blick durchs Wohnzimmer. Seiner gekränkten Miene nach zu urteilen, hatte er das leere Tischchen am Fenster bemerkt – die Stelle, an der früher sein Bild gestanden hatte. Sie hatte definitiv nicht vor, ihm mitzuteilen, dass das Foto in Dutzende kleine Schnipselchen zerschreddert worden war. Oder, dass sie damit das Katzenklo ausgelegt hatte.
»Vertragt euch«, flüsterte ihr Lisa ins Ohr.
TJ ließ seinen langbeinigen Körper auf einen Küchenstuhl gleiten. »Wir treffen die anderen am Flughafen. Bist du startklar?«
Del nickte mit dem Kopf auf einen großen Rucksack, der neben der Tür lehnte. Ihre Taschen waren gepackt, seit Stunden zum Aufbruch bereit.
»Auf geht’s.«
Sie hievte das schwere Gepäck über ihre Schulter und deutete in Richtung Tür. TJ und Lisa folgten ihr nach draußen zum Taxi, das bereits in der Einfahrt wartete.
»Gab es irgendwelche Probleme, einen Charter zu bekommen?«, fragte sie und stopfte ihr Gepäck in den Kofferraum.
»Nope«, sagte TJ. »Hab uns ’nen Zwölfsitzer besorgt. Wir fliegen mit WestJet von hier nach Edmonton, nehmen von dort aus den Charter nach Yellowknife und Fort Simpson, dann ein Seeflugzeug nach Rabbitkettle Lake. Hab uns auch ’nen Reiseführer besorgt.«
Das musste Del ihm lassen. Er hatte definitiv seine Hausaufgaben gemacht.
Sie fing Lisa in eine schnelle Umarmung ein. »Vielen, vielen Dank, dass du dich um Kayber kümmerst, Lisa. Pass auf, dass er dir nicht die Haare vom Kopf frisst, und lass auch nicht deinen Kaffee auf dem Tisch stehen. Der Gierschlund wird ihn komplett vernichten. Er ist der reinste Kaffeesüchtling.«
Sie wischte sich ein paar Tränen weg, die ohne ihre Erlaubnis ausgebüxt waren, und setzte sich auf den Rücksitz des Taxis. TJ quetschte sich neben sie, wobei er mit den Knien unbequem gegen die Rückenlehne des Beifahrersitzes drückte.
»Warum setzt du dich nicht vorne rein?«
»Nee, alles cool«, meinte er.
Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück, dankbar, dass TJ sich um alles gekümmert hatte. Sie hätte nicht einmal gewusst, wo sie hätte anfangen sollen.
»Ist ein Zwölfsitzer nicht etwas zu groß für vier Leute, TJ?«
»Sechs.«
Sie machte große Augen vor Überraschung. »Wen hast du denn noch alles eingeladen?«
TJ sah sie verwirrt an. »Nicht ich – du!«
»Ich habe sonst niemanden gefragt.«
»Oh doch, hast du. Den Doc von Bio-Tec?«
»Jake Kerrigan?«
Sie war geplättet.
Warum hat er seine Meinung geändert?
TJ sah sie verwundert an. »Er hat bei dir angerufen, als du nicht zu Hause warst. Lisa ist ran. Hat sie’s dir nicht erzählt?«
»Nein, aber wie es aussieht, unternimmt Lisa in letzter Zeit so einiges hinter meinem Rücken. Was hat sie ihm gesagt?«
»Er solle mich anrufen. Als ich ihm die Details erklärte, meinte er, er wäre mit dabei. Er bringt auch noch Verstärkung mit.«
»Wen?«
»Seinen Forschungsassistenten.«
***
Als sie am Vancouver International Airport ankam, entdeckte sie Peter Cavanaugh, der ein T-Shirt der Edmonton Oilers trug. Er stand am Gepäckschalter von WestJet und neben ihm ein junges japanisches Mädchen.
»Peter, bist du sicher, dass du das tun möchtest?«, fragte Del ihn nervös.
Der junge Mann straffte seine Schultern. »Ja, ich bin sicher, Professor.«
»Nenn mich Del. Bitte. Wir duzen uns hier alle.«
Sie lächelte und bemerkte die leichte Röte, die auf die Wangen des jungen Mannes trat. Dann wandte sie sich an das Mädchen zu seiner Seite.
»Und du bist …?«
»Miki Tanaka«, erwiderte das Mädchen mit sanftem Akzent.
Miki war jung – sehr jung. Sie war nicht einmal eins-sechzig groß und hatte glänzendes schwarzes Haar, das glatt über ihre Schultern hing. Ihr Gesichtsausdruck war ernst und in ihren dunklen Augen lag nicht die Spur eines Lächelns.
Del fluchte leise. Auf die zusätzliche Last, sich auf ihrer Reise auch noch um ein Kind kümmern zu müssen, konnte sie getrost verzichten. Sie musste schon mit genug fertig werden.
Was dachte sich Peter nur dabei?
Sie packte ihn am Arm und bugsierte ihn ein paar Meter von Miki weg.
»Deine Freundin sieht aus, als wäre sie gerade erst aus der Highschool raus, Peter.«
»Miki macht gerade ihren Studienabschluss in Mathematik und, äh, Botanik.«
Sie warf einen flüchtigen Blick hinüber zu Miki, die eher den Eindruck machte, als würde allein ein Nieser sie schon in zwei Hälften zerteilen.
»Es werden ein paar Wochen voller Strapazen sein, Peter. Wir brauchen Leute, die auch mithalten können.«
»Sie ist härter im Nehmen, als sie aussieht, glaub mir. Außerdem sagtest du, du bräuchtest jemanden, um dieses Buch zu entschlüsseln. Sie macht nicht nur einfach ihren Abschluss in Mathematik – sie ist ein wahres Mathe-Genie.«
Del musterte das Mädchen erneut prüfend.
Ein Mathe-Ass, das möglicherweise Schroeders Code lösen kann?