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Jahr in ein Zweierzimmer zu ziehen!“

      „Gratuliere! Du ziehst also bei Alma und Sabine aus?“

      „Scheint so.“

      „Sag mal, willst du nicht zu mir kommen?“ Ilse Moll schenkte Leona einen beschwörenden Blick aus ihren babyblauen Augen.

      „Zu dir? Nein, vielen Dank!“ lehnte Leona spontan ab, aber sie hatte gelernt, daß man seine Mitmenschen nicht unnötig kränken soll, und fügte rasch hinzu: „Aber es war nett von dir, mir das anzubieten.“

      Ilse Moll gab noch nicht auf. „Wir könnten jede Menge Spaß zusammen haben.“

      „Möglich. Aber auch jede Menge Krach.“

      Leona klopfte auf die Tür mit der Aufschrift Sekretariat.

      „Grüß Pauline von mir!“ sagte Ilse Moll und zog weiter.

      Pauline, die eigentlich Helga Eulau hieß und von den Schülern nur so genannt wurde, weil ihr Mann, Direktor Eulau, den schönen Namen Paul trug, empfing Leona freundlich. Sie war sehr schlank, fast hager, trug das weiße Haar kurzgeschnitten, und ihre Augen hatten einen Blick, der den jungen Leuten, besonders wenn sie etwas angestellt hatten, durch Mark und Bein zu dringen schien. Wie immer war sie sehr korrekt und damenhaft gekleidet; sie hatte einen beigefarbenen Rock an mit einer leicht getönten Hemdbluse aus Seide, und eine Perlenkette um den Hals geschlungen.

      „Ich freue mich, dich wieder bei uns zu sehen, Leona“, sagte sie und forderte das junge Mädchen mit einer Handbewegung auf, am Schreibtisch ihr gegenüber Platz zu nehmen.

      Leona setzte sich; sie mußte an ihr erstes, recht ruppiges Auftreten hier in diesem Raum noch vor wenigen Monaten denken und konnte nicht verhindern, daß sie errötete. „Ich bin gern wiedergekommen“, gestand sie.

      Frau Eulau war viel zu klug, um ihr ein verdientes „Siehst du, ich habe es dir gleich gesagt“ an den Kopf zu werfen, statt dessen sagte sie nur: „Fein.“

      „Meine Eltern haben mir gesagt, daß ich ein Zweierzimmer beziehen darf.“

      “Ja, ich weiß Bescheid. Liegt dir denn soviel daran, von Alma und Sabine fortzukommen?“

      „Nein. Sie waren sehr nett zu mir. Aber sie werden es bequemer ohne mich haben.“

      „Das ist nicht gesagt, sie wohnen nun einmal in einem Dreierzimmer, und wenn es sich ergibt, werde ich ein drittes Mädchen zu ihnen legen müssen.“

      Darüber hatte Leona noch gar nicht nachgedacht. „Ach, so ist das.“

      „Ja. Aber ich will dir absolut nicht einreden, dort wohnen zu bleiben. Ich wollte nur mal auf den Busch klopfen, wie du dich mit den beiden vertragen hast.“

      „Gut.“

      „Das freut mich zu hören. Hast du dir schon überlegt, mit wem du zusammenziehen möchtest?“

      „Ja, aber mir ist nichts eingefallen.“

      „Also keine besonderen Wünsche? Wie wäre es mit Ilse Moll? In ihrem Zimmer steht ein Bett frei.“

      „Nein, lieber nicht … dann würde ich doch lieber in meinem alten Zimmer bleiben!“

      „Du lehnst Ilse Moll ab? Das wußte ich nicht. Mir ist zu Ohren gekommen, daß du dich im vorigen Semester sehr für sie eingesetzt hast.“

      „Das war nur Zufall“, wehrte Leona ab und überlegte, ob Frau Eulau etwas von der Schlacht im nächtlichen Park erfahren hatte oder nur darauf anspielte, daß sie Ilse vor dem Ertrinken bewahrt hatte.

      „Keine Sympathie?“

      „Ich mag Ilse ganz gern … aber ich möchte nicht mir ihr zusammenwohnen.“

      „Und warum nicht?“

      Leona wollte Frau Eulau nicht auf die Nase binden, daß Ilse Moll eine Schlampe ersten Ranges war, deshalb sagte sie nur: „Unsere Lebensgewohnheiten sind sehr verschieden.“

      Frau Eulau bedachte sie mit einem ihrer durchdringendsten Blicke, ließ es aber bei dieser Erklärung bewenden. „Dann muß ich dich mit einer Neuen zusammenlegen. Ich tue das ungern, weil ich sie selber noch nicht kenne.“

      „Sie wird schon nicht beißen“, sagte Leona, um sich selber Mut zu machen.

      „Das bestimmt nicht.“ Frau Eulau blätterte in ihren Papieren. „Sie heißt Ute van der Steek und kommt aus Berlin. Übrigens ist sie etwa in deinem Alter.“

      „Das paßt ja gut.“

      „Sie ist zum erstenmal von zu Hause fort, wird also möglicherweise Heimweh bekommen. Ich bitte dich, Leona, sei recht verständnisvoll zu ihr.“

      „Ich werd’s versuchen.“

      „Versuchen genügt nicht, Leona. Du mußt wollen.“

      „Sicher will ich. Aber manchmal will man etwas und schafft es doch nicht.“

      „Das ist richtig, Leona. Aber versprich mir, wenn irgendwelche Schwierigkeiten auftauchen, dich sofort an mich zu wenden … oder besser noch … an Frau Wegner.“

      „Das mache ich ganz bestimmt.“

      „Recht so. Dann beziehst du also jetzt das Zimmer einundzwanzig … ich wünsche dir viel Glück fürs neue Schuljahr!“

      Leona fühlte sich entlassen. Sie sagte artig „Danke schön“, stand auf und wollte zur Tür.

      Aber Frau Eulau hatte noch eine Frage. „Hast du dir eigentlich schon überlegt, welchen Kurs du diesen Winter belegen willst?“

      In Rabenstein wurden neben dem Schulunterricht noch eine Menge anderer Möglichkeiten zur Ausbildung angeboten: man konnte schreinern, töpfern, gärtnern, schneidern, Russisch, Italienisch, tippen und stenographieren lernen, um nur einiges aufzuzählen. Aber Leona hatte keine große Lust, sich neben der Schule noch mit anderen Aufgaben zu belasten.

      „Ich spiele ja Tennis“, sagte sie.

      „Ich weiß. Aber Ende September, spätestens Mitte Oktober ist es aus damit. Wir haben keine Halle.“

      „Daran habe ich noch nicht gedacht.“

      „Vielleicht würde es dir Spaß machen, in der Theatergruppe mitzuwirken? Sie wird schon bald damit beginnen, ein Stück für die Weihnachtsfeier zu proben.“

      „Vielleicht.“

      „Leiterin der Theatergruppe ist Frau Wegner.“

      Das klang schon besser. Leona verehrte die junge sportliche Lehrerin, die gleichzeitig als Erzieherin auf Rabenstein wirkte.

      „Ich werd’ es mir überlegen.“

      „Ja, tu das. Aber nicht zu lange. Die beliebten Kurse sind sehr schnell besetzt, und dann stehst du vor der Tür.“

      „Eigentlich“, sagte Leona nachdenklich, „würde ich ganz gern schreinern lernen … oder ist das nur etwas für die Jungen?“

      „Keineswegs. Aber eine Schreinerlehre kommt erst ab dem neunten Schuljahr in Frage. Sie schließt mit der Gesellenprüfung ab.“

      „Ach so ist das“, meinte Leona ein wenig enttäuscht.

      „Wie kommst du gerade auf die Schreinerei?“

      „Ich mag Holz. Ich rieche es gern, und dann … ich habe schon mal daran gedacht, später Architektur zu studieren. Dazu muß man schreinern oder mauern können, glaube ich. Oder stimmt das nicht?“

      „Doch, du hast recht, Leona. Ich freue mich, daß du schon so weit voraus denkst.“

      Stolz verließ Leona das Sekretariat.

      Auch in der kleinen Halle vor dem Speisesaal ging es sehr lebendig zu.

      Klaus Voss lief ihr, in einer Gruppe kleinerer, ihn bewundernden Jungen, über den Weg.

      „He,

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