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sagte Herr Lemke.

      „Woso?“ fragte seine Frau, ihn völlig fassungslos anstarrend.

      „Seeh’ste, Anna“, sagte Herr Lemke, „du hast mir imma for dumm jehalten, ick bin’t aba nich. Ick hab mir die Sache jrindlich klar jemacht und nu weeß ick’s: Lemkens selje Witwe — meene Urjroßmutter — det is sozusagen der olle jute Jeist, der in uns Lemkes drinne jestochen hat und der in Edwin und seene Frau wieda uffjewacht is. Von uns is er jewichen und von Liesken will die Selje ooch nischt wissen, aba von Edwin. Und Tante Marie, die uns dunnemals uffjenommen, als wir noch nischt hatten und nischt waren — die hat die Selje beschworen!“

      „Willem, sei bloß nich so fisjonehr“, sagte Frau Lemke, „ick ängstje mir denn imma so um dir!“

      Am Nachmittag, als Herr Lemke wie gewöhnlich schlief, suchte seine Frau Tante Marie auf. Das alte Frauchen, das jetzt ein schwarzes Seidenkleid, einen falschen Scheitel und — statt der verstaubten Taftschleife — ein hübsches Spitzenhäubchen trug, saß wie gewöhnlich am Fenster im Sonnenschein und ließ ihr welkes, runzliches Gesichtchen bestrahlen.

      „Ach Jott“ — sagte Frau Lemke — „nu ha’icks doch wieda vajessen, Tante, ick wollte dir ja meen’n Faltenjlätter mitbringen!“

      „Häh?“ machte Tante, die zu ihrem alten Rheumatismus noch eine periodisch auftretende Schwerhörigkeit bekommen hatte. „Du mußt lauta sprechen ick hör’ heit wieda schwer!“

      „Fal—ten—jlätta!“ schrie ihr Frau Lemke in die Ohren.

      „Meen Jott, die is heit wieda janz taub“ — sagte Frau Lemke, laut vor sich hinsprechend. Und ihre Lungenkraft zusammennehmend, schrie sie ihr noch einmal in die Ohren:

      „Ick meene meen’n Massierapparat, da knudelt man sich in’t Jesichte mit rum, wie mit son Plätteisen, denn jehen die Falten weg!“

      Da Frau Lemke ihre Worte durch entsprechende Handbewegungen unterstützt und deutlicher zu machen versucht hatte, gelangte Tante Marie zu der Annahme, daß sie irgendwo im Gesicht etwas Schwarzes habe, wischte deshalb mit dem Taschentuch eifrig Backen, Nase und Stirn und besah sich dann das Tuch in der Erwartung, das Schwarze darauf wiederzufinden.

      „Nee is ja nischt — laß man!“ schrie Frau Lemke.

      „Jieb mir mal die Horchtute“ — sagte Tante Marie, auf das Höhrrohr weisend, das auf dem Nachttisch lag.

      „Nu nimmt se wieda die vaflixte Trompete, wo se en’n imma mit an die Backen stößt, wenn man sie wat sagen will“, murrte Frau Lemke.

      Wenn sich die Konversation nun auch etwas schmerzhaft gestaltete, so machte sie doch jetzt wenigstens Fortschritte. Der Besuch erfuhr, daß „Jrete“ — Edwins Frau — bald wiederkommen müsse, daß man Kalbsfilet mit Rührkartoffeln, gedämpfte Kirschen und Flammeri zu Mittag gehabt und daß das Dienstmädchen in der Nacht heimlich in die Speisekammer gegangen und eine halbe Leberwurst gegessen habe.

      „Denn haltet ihr se zu knapp“ — sagte Frau Lemke.

      „I — bewahre“, schrie Tante Marie, die — wie alle Schwerhörigen — in dem Glauben lebte, daß der andere auch ein bißchen taub sein müsse, „so jut wie hier hat’s keen Meechen nirjens woan’ners. Se kriegt dasselbichte wie wir!“

      „So!“

      Und dann glitt die Unterhaltung auf Herrn Lemkes Geisteszustand über. „Ick mach’ mir wirklich Sorje um Willem“, schloß Frau Lemke.

      „Broochste nich“, schrie Tante, „mit’s Jehirn kriecht Willem nischt, eha mit die Beene. Wenn die Beene anschwellen, denn is’s jefährlich!“

      „Na — habt ihr denn hier wat von die Selje gemorken?“ erkundigte sich Frau Lemke.

      „Jestern hatte’s ja ’n bißken gespukt“, schrie Tante, „aba et war nich von Bedeitung!“

      Onkel Karl macht eine Damenbekanntschaft

      „Und nu lern’ ick noch Englisch“ — sagte Onkel Karl.

      Er hatte sich heute früh das Haar „amerikanisch“ schneiden lassen, den Backenbart abnehmen und dem Schnurrbart die Form einer Zahnbürste geben lassen. Jetzt stand er und betrachtete — mit Hilfe eines kleinen — seine Kehrseite in dem großen Spiegel und war über sein Aussehen erfreut und verwundert, während Herr Lemke den Kopf schüttelte. „Tipptopp sind — det is det jroße Jeheimnis von heitzutage“, erklärte Onkel Karl weiter, „ick hab’ mir nie um meen Eißeret jekimmert, weil ick det for jänzlich iberflissich hielt, aba nu hol’ ick’s nach!“

      Herr Lemke starrte ihn immer noch ganz verblüfft an. Endlich sagte er: „Et soll keene Beleidijung sind, Karrel, aba du sehst nu aus wie der Mandrill in’n Zappalotschen! Dir machen se ja langsam varickt!“

      „Und seh ma’ die Stiebel“, sagte Onkel, „und denn vagleich se mal mit deene! Seh mal die Buchtung — da können die Zehen hibsch nebeneinander liejen und broochen nich uffeenander zu hocken, als wenn se sich jejenseitig awirjen wollen!“

      „Det is ja sehr praktisch“, sagte Herr Lemke, „wat machsten nu noch so?“

      „Nu trage ick ooch keene Manschetten mehr, wenn se nich gleich an det Obahemde feste dran sind. Wer heitzutage noch Stulpen trächt und ’n Vollbart als Fußsack int Jesichte zu bammeln hat, der is ’n Schwein!“

      „Also ick“ — sagte Herr Lemke.

      „Nee, Willem, det jeht nich uff dir, det sind so alljemeene Ausdricke!“

      „Und wozu broochsten Englisch?“

      „Ick vasteh’ ja nischt von det Jequatsche in die Sportsbar — die besten Tips sagen se sich doch in ihre Jaunasprache!“

      „Ach so! Na — Karrel — wennste det man aushältst“, sagte Herr Lemke sorgenvoll, „wenn eena mit sonne jroßen Vaenderungen in seene bisherige Lebensweise bejinnt, denn sterbt er jewöhnlich bald!“

      „I bewahre, ick millere ja jeden Tach“, sagte Onkel Karl leichthin, „und denn reib’ ick mir kalt ab und trinke Kefir!“

      „Wat sagt denn Zillmann zu?“

      „Zillmann“, sagte Onkel Karl, verächtlich die Achseln zuckend — „Zillmann is for mir een ibawundna Standpunkt, den ha’ick ibahaupt in’n Vadacht, det er faul is — nu weeßtet!“

      Herr Lemke schien diesen Befürchtungen nicht ganz dasselbe Gewicht beizulegen. „Ihr beede habt ja imma wat miteenanda jehabt“, sagte er, „det jeht ja schon von da an, wo du dir die Fluchmaschine hast wegfliejen lassen!“

      „Wat mir bei die janze Schohse noch bis heite unklar jeblieben is“ — sagte Onkel Karl —, „det is, det det Ding wirklich hat fliejen können und det man nie nich jehört hat, ob et irjendwo runtajekommen is! Ick staune bloß“ — und Onkel bewunderte dabei immer wieder sein Spiegelbild —, „wat ick dunnemals for hochfliejende Pläne hatte!“

      Sein Gesicht, das eben noch ganz heiter war, hatte sich plötzlich verfinstert, und Herr Lemke, der ihn heimlich beobachtet, merkte, daß er etwas auf dem Herzen hatte und nur noch nicht wußte, wie er es anbringen sollte.

      Endlich — nachdem er sich lange Zeit die Hosen mit der Reitpeitsche beklopft — fragte er: „Willem, weeßt du, wat eene Miß is?“

      „Nee“ — sagte Herr Lemke.

      „Weeßte ooch nich, wat eene Mistreß is?“

      „Det weeßick erst recht nich, det is ja noch länga“, sagte Herr Lemke.

      „Denn kann ick’s dir ooch nich azehlen“, sagte Onkel Karl niedergeschlagen.

      „Ick denk mir, et wird en Ferd sind — wo du dir jetz imma so for Ferde intressierst.“

      „Et is aba keen Ferd nich — sonnern een englischet Frauenzimma.“

      „Ach

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