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Die bekanntesten Werke von Robert Louis Stevenson. Robert Louis Stevenson
Читать онлайн.Название Die bekanntesten Werke von Robert Louis Stevenson
Год выпуска 0
isbn 9788027230266
Автор произведения Robert Louis Stevenson
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Nun, so ausgerüstet machten wir uns alle auf den Weg, sogar der Pirat mit der Kopfwunde, der gewiß lieber im Schatten hätte bleiben sollen, und gingen im Gänsemarsch nach dem Strand hinunter, wo die beiden Gigs lagen. Auch diese trugen Spuren des trunkenen Übermutes der Piraten: in dem einen war eine Ruderbank zerbrochen, beide waren schmutzig und voll von Wasser, das nicht ausgeschöpft worden war.
Der Sicherheit wegen sollten wir beide Boote mitnehmen; so stiegen denn in jedes Gig drei Mann, und wir fuhren los. Schon als wir über den Ankergrund ruderten, entstanden Meinungsverschiedenheiten wegen der Karte. Das rote Kreuz war natürlich viel zu groß, um den Ort des Platzes genau bezeichnen zu können, und der Wortlaut der Bemerkung konnte auf verschiedene Weise ausgelegt werden. Sie lautete, wie der Leser sich vielleicht erinnern wird, folgendermaßen:
»Großer Baum, Staffel des Fernrohrs, Nord-Nordost bei Nord.
Skelettinsel, Ost-Südost bei Ost.
Zehn Fuß.«
Ein großer Baum war also das Hauptkennzeichen. Nun war gerade vor uns der Untergrund von einer Hochebene eingefaßt, die zwei-bis dreihundert Fuß über dem Meeresspiegel lag; sie erstreckte sich nach Norden zu bis an den südlichen Abhang des Fernrohrs und nach Süden zu bis zu dem schroffen Felsgipfel, dem sogenannten Besanmast-Berg. Die Hochebene war dicht mit Fichten von verschiedener Höhe bewachsen. An vielen Stellen stieg ein Baum von anderer Art vierzig oder fünfzig Fuß hoch über seine Nachbarn empor, und welcher von diesen Bäumen jener »große Baum« des Kapitäns Flint war, das ließ sich nur an Ort und Stelle entscheiden, indem man den Kompaß zu Hilfe nahm.
Obgleich die Sache nun so lag, hatte jeder in den beiden Booten sich einen besonderen Lieblingsbaum ausersehen, bevor wir noch halb über den Ankergrund hinüber waren. Nur Long John zuckte die Achseln und sagte ihnen, sie sollten den Mund halten, bis wir da wären.
Wir ruderten auf Silvers Befehl ganz gemächlich, damit die Leute nicht frühzeitig müde würden, und landeten nach einer ziemlich langen Überfahrt an der Mündung des zweiten Baches, jenes, der aus einer bewaldeten Schlucht am Fernrohr herauskam. Wir wandten uns nun nach links und begannen die Anhöhe zu ersteigen, die zu der Hochebene hinaufführt.
Im Anfang kamen wir in dem schweren Morastboden, der mit Sumpfpflanzen wirr überzogen war, nur langsam vorwärts; allmählich aber begann der Abhang steiler zu werden, und unsere Füße fanden auf steinigem Boden besseren Halt; an die Stelle des Gestrüppes trat offener Wald. Wir näherten uns einem besonders schönen Teil der Insel. Stark duftende Kräuter und viele blühende Sträucher bedeckten den Boden anstatt des Grases. Aus Dickichten von grünen Muskatnußbäumen erhoben sich hier und da die roten Säulen von Fichten mit ihrem schattigen Dach, und die Luft war voll von dem gewürzigen Duft der einen und dem Harzgeruch der anderen. Die Luft wurde durch einen leisen Wind abgekühlt und erfrischte uns in wunderbarer Weise.
Die Schatzsucher bewegten sich fächerförmig ausgebreitet vorwärts, indem sie sich dabei fortwährend zuriefen. Ungefähr in der Mitte und ein gutes Stück hinter den übrigen folgten Silver und ich – ich an meine Leine angebunden, er mit schwerem Keuchen sich den Abhang hinauf abarbeitend. Von Zeit zu Zeit mußte ich ihm die Hand reichen – sonst wäre er ausgerutscht und rücklings den Berg hinuntergefallen.
So waren wir ungefähr eine halbe Meile vorwärts gekommen und näherten uns dem Rande der Hochebene, da begann plötzlich der Mann auf dem äußersten linken Flügel laut zu schreien, wie in furchtbarer Angst. Er stieß einen Schrei nach dem anderen aus, und die übrigen liefen zu ihm hin.
»Er kann doch den Schatz nicht gefunden haben?!« schrie Morgan uns zu, als er an uns vorüberlief; »denn das ist ja rein unmöglich!«
Wir fanden allerdings, als wir ebenfalls die Stelle erreichten, etwas ganz Verschiedenes! Am Fuße einer gewaltigen Fichte lag in grünen Ranken, die zum Teil sogar einige von den kleineren Knochen in die Höhe gehoben hatten, ein menschliches Gerippe, an welchem noch ein paar Kleidungsfetzen hingen. Ich glaube, ein Gefühl von Kälte packte für einen Augenblick jedes Herz.
»Er war ein Seemann,« sagte George Merry, der, mutiger als die anderen, dicht herangegangen war und die Kleidungsfetzen untersuchte; »wenigstens ist dies gutes Schiffertuch.«
»Ei ja!« sagte Silver, »das ist wahrscheinlich genug; du willst wohl kaum erwarten, hier einen Bischof zu finden, rechne ich. Aber wie liegen denn die Knochen? Das ist doch nicht natürlich!«
Allerdings schien es, wenn man genauer hinsah, unmöglich zu sein, daß das Skelett von selber eine solche Stellung angenommen hätte. Abgesehen von einigen kleinen Anordnungen – die vielleicht von den Vögeln verursacht waren, welche sein Fleisch gefressen hatten, oder von den grünen Ranken, die nach und nach die Überreste umsponnen hatten – lag der Mann vollkommen gerade ausgestreckt: seine Füße wiesen nach der einen Richtung, seine Hände, die über seinen Kopf zusammengefügt waren wie die eines Tauchers, zeigten genau in die entgegengesetzte Richtung.
»Ich habe einen Gedanken in meinem alten Schädel,« bemerkte Silver: »hier ist der Kompaß! Und dies ist der Wegweiser, der nach der Spitze von der Skelettinsel zeigt, die wie ein Zahn vorspringt. Legt mal schnell die Richtung fest, in der diese Knochen liegen!«
Sie taten es. Das Skelett zeigte genau nach der Insel, und auf dem Kompaß lasen sie: Ost-Südost bei Ost.
»Das dachte ich mir!« rief der Koch. »Dies hier ist ein Wegweiser! Auf diesem Strich entlang kommen wir zu unserm Polarstern und den blanken Dollars! Aber, beim Donner! Wenn es mir nicht ganz kalt im Leibe macht, an Flint zu denken! Dies ist so recht einer von seinen Witzen! Er und diese sechs waren hier allein; er tötete sie, bis auf den letzten Mann; und diesen einen legte er hier nach dem Kompaß als Wegweiser hin, Gottverdimmich! Es sind lange Knochen, und das Haar ist gelb gewesen. Tscha, das wird wohl Allardyce sein. Du erinnerst dich an Allardyce, Tom Morgan?«
»Ei jawoll! Ob ich mich an ihn erinnere! Er war mir Geld schuldig und nahm außerdem mein Messer mit an Land.«
»Da wir von Messern sprechen,« sagte ein anderer, – »warum finden wir sein Messer nicht hier? Flint war nicht der Mann dazu, einem Matrosen die Tasche auszuräumen, und die Vögel, mein’ ich, würden ein Messer wohl liegen lassen!«
»Beim Deuker! Das ist wahr!« sagte Silver.
»Hier ist rein gar nichts zurückgeblieben!« sagte Merry, der immer noch zwischen den Knochen herumtastete: »Kein Kupferdeut! nicht einmal eine Tabaksdose! Das kommt mir nicht natürlich vor.«
»Nein, der Tausend! das tut es nicht,« gab Silver zu; »nicht natürlich und auch nicht nett, heiliges Donnerwetter, Meßmaate! Wenn Flint noch am Leben wäre, da wäre hier ein heißer Ort für euch und mich. Sechs waren sie, und sechs sind wir; und Knochen sind sie jetzt!«
»Ich sah ihn tot daliegen, sah ihn mit diesen meinen Augen, die ich im Kopfe habe,« sagte Morgan. »Billy nahm mich mit zu ihm herein. Da lag er, mit Pennystücken auf den Augen.«
»So – eija, ganz gewiß ist er tot und liegt unter der Erde,« sagte der Mann mit dem verbundenen Kopf; »aber wenn jemals ein Geist umgegangen ist, so würde Flint umgehen. Ach du liebe Zeit, der hatte ein böses Ende, der Flint!«
»Jawoll, das hatte er!« bemerkte ein anderer; »bald tobte er und bald schrie er nach Rum und bald sang er. ›Fünfzehn Mann‹ war sein einziges Lied, Maate; und ich sage euch: ich mochte es eigentlich später nie wieder gerne hören. Es war mächtig heiß, und das Fenster stand offen, und ich hörte das alte Lied klar und deutlich – und dabei hatte der Tod den Mann schon in seinen Klauen.«
»Nu, nu!« sagte Silver, »laß das Gepappel! Er ist tot, und er geht nicht um, so viel weiß ich. Wenigstens kann er nicht bei Tage umgehen – und darauf könnt ihr Gift nehmen. Angst machte schon Katzen