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macht. Best-Practice-Beispiele in diesem Sinne konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Literaturtag an der KPH Edith Stein miterleben.

      Barbara Hoiß und Simone Stefan, die Herausgeberinnen dieses Bandes, waren auch die Initiatorinnen und die Hauptverantwortlichen für die Planung und Durchführung des Literaturtages, der sich dem Thema „Übergänge“ widmete: Übergänge von der Kinder- und Jugendliteratur zur sogenannten Erwachsenenliteratur, Übergänge, wie sie weiter oben bereits angedeutet wurden, aber auch in der Form, dass Texte zu Bildern und zu Liedern inspirieren und umgekehrt.

      Die achtsame und sorgfältige Planung der Programmpunkte mit dem Wechsel von wissenschaftlichen Vorträgen, Autorinnen- und Autorenlesungen, Beiträgen von Studierenden und Kindern sowie Konzerten des Chores und der Liederfinder Ratzfatz ermöglichte ein gemeinschaftliches Kulturerlebnis, an das sich alle Beteiligten gerne erinnern.

      Die Veröffentlichung dieses Bandes ist ein wesentlicher Teil des Projektes, damit werden die Themen des Literaturtages zusammengefasst und dokumentiert und so Personen zugänglich gemacht, die den Literaturtag selbst nicht miterleben konnten.

      Stellvertretend für alle, die mitgearbeitet haben, gilt der Dank in besonderer Weise den Herausgeberinnen.

      Peter Trojer (Rektor der KPH Edith Stein)

      Kinder- und Jugendliteratur wurde lange Zeit nur selten gemeinsam mit der Literatur für Erwachsene diskutiert. Erst seit dem späten 20. Jahrhundert finden intendierte kinderliterarische Werke vermehrt Eingang in den Kanon. Auch in der Wissenschaft rückt man näher zusammen. Dabei steht der hohe Stellenwert der Kinder- und Jugendliteratur in der Literaturvermittlung schon lange außer Zweifel. Man kommt aber nicht umhin, diesen Begriff der Kinder- und Jugendliteratur zu definieren. Schnell stößt jede Definition an ihre Grenzen, denn unweigerlich engt sie ein. So liegt es nahe, den Übergängen zwischen Allgemeinliteratur und Kinder- und Jugendliteratur und den Übergängen innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur auf den Grund zu gehen. „Es gibt keine Grenze, nur Übergänge.“, schreibt Marlen Haushofer in ihrer Erzählung Die Höhle. Wie bei Haushofer der Übergang von Kinder- und Jugendliteratur zu Erwachsenenliteratur fließend ist – denken Sie nur an ihren Roman Die Wand und an das Kinderbuch Brav sein ist schwer – ergeben sich ausgehend von der Kinder- und Jugendliteratur Übergänge in die unterschiedlichsten Richtungen: von der Kindheit ins Erwachsensein, vom Kindergarten zur Schule und weiter zum Beruf, von einer Kultur und Religion in die andere, von einem Sprachraum zum nächsten, vom Bild oder vom Medium zum Text, vom Text zur Kunst und von der Literatur zur Welt. Diese Übergänge lassen vielgerichtete Bewegungen zu, aus Dichotomien mit einer nur schmalen Verbindungsbrücke werden abwechslungsreiche, permeable Landschaften. Wo können diese Übergänge verortet werden? Welche Wege werden beim Bewältigen dieser Übergänge beschritten? Und wie sehen diese Übergänge aus?

      Diesen Fragen wurde am Literaturtag Übergänge. Verzweigte Wege in und zur Kinder- und Jugendliteratur am 12. November 2019 nachgegangen. Die Ergebnisse sind in diesem Band festgehalten:

      Barbara Frischmuth erlaubt uns dankenswerterweise ihre leider vergriffene Gutenachtgeschichte für Maria Carolina abzudrucken, mit der im Rahmen des Projektes intensiv gearbeitet wurde. Diese ausgezeichnete Erzählung möchten wir dem wissenschaftlichen Teil voranstellen. An dem kinder- und jugendliterarischen Text und anderen Werken Frischmuths überlegt Barbara Hoiß Übergänge, die zwischen den Leserschaften, der phantastischen und realistischen Literatur u. a.m. chanchieren.

      Eleonore De Felip schreibt über Friederike Mayröckers Kinderliteratur und nimmt Fäden auf, die sich durch das Werk der österreichischen Autorin ziehen. Mayröcker, die vielfältige Verbindungen zu Innsbruck und Tirol hat, lässt sich in ihren Werken immer wieder auf Kinder und Kinderliteratur ein.

      Den Bildteil bereichert der Wiener Fotograph, bildende Künstler und Autor Willy Puchner mit sechs, zum Teil noch unveröffentlichten Bildern, die er uns dankenswerterweise zur Verfügung stellt. Dabei ist es ihm ein Leichtes, sich der Genres so zu bedienen, wie sie ihm für sein Schaffen adäquat erscheinen. Kategorien wie erzählendes Bilderbuch versus Sachbilderbuch bricht er auf, bei ihm sind es subjektive Sichtweisen auf Sachthemen, die eine Brücke schaffen. Er integriert Tagebuch und Bilderbuch sowie Erzähltext zu einer Einheit. Inspiriert von der Farbenpracht und dem Wortreichtum arbeiten Schülerinnen und Schüler der Primarstufe mit Puchners Werken. Wie sie das bewerkstelligen, beschreibt Sabine Schwarz im Anschluss an den Bildteil.

      Danken möchten wir an dieser Stelle dem Verlag Bibliothek der Provinz (Sneke) und dem Verlag Ueberreuter (Sinclair Sofokles der Baby-Saurier), die uns erlauben, die Bilder von Angelika Kaufmann abzudrucken, die Bilderbücher von Friederike Mayröcker illustriert hat.

      Nach dem visuellen Übergang gehen Andreas Sappl und Johanna Röck auf den auditiven ein. Neben Klanggeschichten, die Andreas Sappl mit den Studentinnen und Studenten erarbeitet, legt Johanna Röck in ihren Einführungen dar, wie sich der Text mit der Musik verbindet bzw. wie sich beide stützen, erweitern, einengen oder widersprechen. Im Singen selbst – am Literaturtag vom KPH-Chor unter der umsichtigen Leitung von Thomas Kranebitter verwirklicht – findet der Übergang vom reinen Text zur produktionsorientierten Darstellung statt. Eine Brücke zum aktuellen Kinderlied schlug im November 2019 das Duo RatzFatz. (www.ratzfatz.at)

      Im Beitrag Bub, Steinwybli und angucken. Varietäten und ihre Bedeutung für den (Literatur-)Unterricht nähert sich die Sprachwissenschafterin Inés Pichler der Kinder- und Jugendliteratur von lexikalischer und syntaktischer Seite. Auch auf sprachliche Übergänge, wie die innere Mehrsprachigkeit – Dialekt und Umgangssprache – kann in Literatur und Schule nicht verzichtet werden.

      Mittels GABEK ausgewertete Interviews von acht Elementar- und acht Primarstufenpädagoginnen und -pädagogen sollen einen Einblick geben, welche Kinderbücher die befragten Personen in Kindergarten und Grundschule einsetzen. In der Befragung spielt u. a. das Bilderbuch eine tragende Rolle, da dieses Genre zahlreiche Übergänge – etwa zwischen Sehen und Hören – aufzeigt. Gleichzeitig können Bilderbücher institutionelle Übergänge erleichtern. Ergänzt werden die Ergebnisse der Interviews mit Darstellungen zum (komplexen) Bilderbuch aus aktueller wissenschaftlicher Literatur.

      Für die finanzielle Unterstützung möchten wir uns beim Tiroler Wissenschaftsfond (TWF) bedanken, für die organisatorische Hilfe bei der Leitung der KPH Edith Stein. Außerdem danken wir Sabine Schwarz für ihr großes Herz, Josef Windegger und Elisa Eisenstecken für ihr kritisches Auge.

      Stams, im Mai 2020

       Barbara Hoiß, Simone Stefan

      Barbara Frischmuth

      Für eine Kröte war sie eigentlich zu groß, dafür konnte sie sprechen. Sie saß auf dem ehemaligen Wickeltisch, der jetzt eine Kommode war, genau an der Stelle, an der der Schein der Nachttischlampe sich im Dunkeln verlor.

      „Ich hoffe, du hast nicht wieder darauf bestanden, daß die Tür einen Spaltbreit offen bleibt …“

      Die Kröte wuchs noch ein wenig. Maria Carolina blinzelte in Richtung Tür. Der Spaltbreit hatte sich zu einem Spalteng zusammengezogen, den man gar nicht mehr bemerkte.

      „Ich hasse es nämlich, wenn hier plötzlich jemand steht, ohne daß man die Tür gehen hört.“ Die Kröte zog die Lider über ihre goldfarbenen Augen und verschwamm in der blaugrauen Luft des Kinderzimmers.

      „Bist du noch da?“ Maria Carolina richtete sich auf und schnupperte. Es roch ein bißchen nach den großen grünen Blättern, aus denen man sich Hüte machen konnte, und ein bißchen nach See.

      „Warum sagst du denn nichts?“ Immer wenn Maria Carolina die Kröte aus den Augen verloren hatte, fürchtete sie, sie könnte von der Kommode gefallen und gegen die Wand geknallt sein und würde sich womöglich in einen Prinzen verwandeln. Der würde dann am Ende noch wollen, daß sie besser auf ihre Kleider achtgebe. Die Augen der Kröte sandten wieder goldenes Licht aus.

      „Natürlich

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