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seine Einwände sofort mit einer Handbewegung weg und beschwichtigte: „Sie tun es gern, das stimmt. Neulich kamen Eltern, die ihr Kind abholen wollten, und zeigten mir den Brief ihres Sprößlings, übrigens weiblichen Sprößlings. ‚Wir haben den ganzen Tag geschrubbt und geputzt‘, schrieb dieses Mädchen, das herkam mit Langhaar bis über die Schultern, spitzen Schuhen und Fingernägeln, so lang wie ein Heldengedicht, ‚und Mist gefahren. Alles, was wir zu Hause nie dürfen.‘ Wörtlich. Ist das nicht wundervoll?“

      Pölze lachte.

      „Gut so. Es gibt meines Wissens ein Sanatorium für managerkranke Nabobs und deren Frauen. Dort muß man auch für teures Geld schuften, Kühe melken, Gärten umgraben und ähnliches. Die Leute werden dabei gesund und froh.“

      „Na eben“, sagte der Froschkönig, „aber reiten müßten sie auch dürfen, finde ich.“

      „Dürfen sie das denn nicht?“ fragte Kornelia erstaunt.

      „Natürlich, aber höchstens eine Stunde am Tag. Mir erscheint das immer, in Anbetracht der Arbeit, die sie leisten, etwas wenig.“

      „Sie haben meist genug, wenn ich sie ordentlich jage“, brummte der Jägersmann. „Bekanntlich löst sich die Tapete auf der Rückseite dieser Leute, die es nicht gewohnt sind zu reiten, leichter als bei unsereinem, und dann macht Reiten nur noch den halben Spaß. ‚Wer selten reitet, dem tut der A ... weh‘, heißt ein alter Reiterspruch. So schone ich sie, wenn sie geschont werden wollen, und sie danken es mir. C’est tout. Aber du weißt ja immer alles besser. Und sobald ein wirklich hübsches Mädchen dabei ist, willst du Außendienst machen, aber nur dann.“

      „Gelogen, gelogen!“ rief der Froschkönig wütend, und Pölze und Kornelia amüsierten sich herzlich über das wilde Hin und Her, das jetzt losging und viertelstundenlang nicht aufhörte.

      „Er ist eben beleidigt, daß er die Rolle der Hausangestellten zog“, sagte der Jägersmann abschließend, und der Froschkönig zeigte ihm wütend drei Vögel hintereinander.

      „Nimm dich nur in acht, daß dir deine Hausangestellte nicht kündigt!“

      „Wie wäre es, wenn Sie sich jetzt erst einmal versöhnten und uns Ihre Ponys zeigten?“ schlug Pölze vor. „Ewig können wir unsere Reise nicht unterbrechen, und die Ponys sind ja nun einmal die Hauptsache.“

      „Erst noch mein weiteres Innenleben“, beschwor der Froschkönig, „kommen Sie, auf die Zimmer bin ich besonders stolz. Alles selbst gemacht, die Trennwände gezogen, das Licht installiert. Hier –“ Er ging voran, den Flur entlang, öffnete eine der vielen Türen. Ein sehr kleines Zimmer mit zwei Etagenbetten, also für vier Mann, schmale, verschließbare Spinde, auch vier, eine Tischplatte, unterm Fensterbrett herausklappbar, vier Schemel. Die Wände grün gestrichen und die Gardinen passend. Es sah süß aus und genügte für einen Ferienaufenthalt, bei dem man die meiste Zeit draußen war, bestimmt.

      „Waschgelegenheit?“ fragte Pölze nach dem ersten Blick.

      „Hinten gemeinsam. Einer für Jungen, einer für Mädchen. Kommen Sie!“

      Dort gab es Waschbecken und Duschen, primitiv, aber ausreichend. Pölze betrachtete alles genau und sehr nachdenklich, Kornelia strebte weiter, zu den Vierbeinern. So verließen sie das Haus und folgten einem kleinen Weg, der durch Gebüsch und Gesträuch führte. Ein Glück, daß hier welches stand, denn was man nun, da der Blick frei wurde, zu sehen bekam, war weniger schön.

      Es mochte eine stillgelegte Fabrik sein, deren Mauern hier noch standen, teilweise wenigstens. Überall jedenfalls lagen Trümmer, Eisenträger, verrostete Gartenzäune, Tür- und Fensterrahmen, Blech, Schutt, und ein paar Autoleichen glotzten einem mit toten Scheinwerfern entgegen. Nach ein paar Windungen des Weges kamen sie zu einer halb eingestürzten Halle. Zwei Wände standen noch, im Winkel zueinander, so daß sie eine Ecke bildeten, an deren inneren Seiten eiserne Raufen befestigt waren. Hier standen die dreißig Ponys, von denen die Freunde gesprochen hatten, knietief im Stroh, das sicher nicht allzuoft gewechselt wurde. Mitten auf dem Platz befand sich eine ausrangierte Zinkbadewanne, in die ein Schlauch hineinhing. Darum herum war Morast. Pölze sah es mit ziemlichem Schauder.

      „Ja, das sind unsere Pferde, wetterhart und anspruchslos“, sagte der Jägersmann stolz. „Von zu Hause – ich bin Westfale – kenne ich nur Großpferde, und da muß man ja umlernen. Ponys wollen winters und sommers im Freien sein, sie brauchen keine Pflege, sind genügsam und hart im Nehmen ...“

      Pölze hatte das Gefühl, als läse er aus einem Prospekt vor. Sie kannte Isländer nun auch schon ein paar Jahre lang, aber ...

      Übrigens stand auch in Kornelias Gesicht ein ganz deutliches Aber oder sogar mehrere.

      „Wir putzen unsere Isländer aber doch“, sagte sie, als er einmal eine Pause machte, „jedenfalls vor dem Reiten, und pflegen die Hufe –“ Sie hatte sich unauffällig gebückt und danach gesehen.

      „Und ein Stall ... natürlich ein kalter mit offenen Fenstern, aber trocken von unten und ganz zugfrei, und mit Jaucheabfluß, ist bestimmt keine Verweichlichung.“

      Der Jägersmann sah sie verständnislos an.

      „Vielleicht. Wenn man ihn hat. Sonst aber ... es steht doch überall so nachzulesen. Und wir machen auch immer wieder die Erfahrung, daß es geht.“

      „Wie lange reiten Sie denn Ihre Isländer mit den Kunden?“ fragte Pölze jetzt vorsichtig.

      „Zwei Jahre im Verleihstall. Dann verkaufen wir sie gewöhnlich an Private und beziehen neue. Gut eingerittene Isländer wird man immer los.“

      Zwei Jahre. Wenn man ein Pferd gerade in allen – oder beinahe allen – Eigenheiten kennt. Wenn man es liebgewonnen hat und sich mit ihm eins fühlt. Aber wahrscheinlich sind manche dann kurz vor dem Lahmen, dachte Pölze betrübt. Sie streichelte das ihr zunächststehende Pony und sprach mit ihm. Kornelia ging zwischen den Isländern umher, suchte und spähte.

      „Der da ist gut“, sagte sie einmal, auf einen klobigen Rotschimmel zeigend, „ein ausgesprochener Gewichtträger, ordentlich in den Beinen. Und die Stute dort!“

      „Ist auch unsere beste Zuchtstute. Eyglo“, erklärte ihr der Jäger, „sie bringt schöne Fohlen und läßt sich ohne Schwierigkeiten bis zum letzten Tag reiten.“

      „Bis zum letzten?“

      „Na, von Kindern eben. Mehr Schritt als anderes. Hat noch nie verfohlt.“

      Pölze war still geworden, sehr nachdenklich. Sie hörte zu, Kornelia dagegen fragte und fragte. Schließlich brachen sie auf. Der Froschkönig erbot sich großzügig und freundlich, ihnen noch ein Stück des Weges das Geleit zu geben.

      „Morgen kommen neue Reitkinder, da wollen wir heute noch mal unsere Freiheit genießen. Er“ – er wies auf seinen Freund – „reitet dann ja mit den Kindern aus. Ich muß putzen und kochen –.“ Er zog ein Gesicht.

      „Nehmen Sie den Rotschimmel“, flüsterte Kornelia ihm zu, „ich möchte ihn nachher mal probieren.“ Er zwinkerte ihr zu und holte das Kopfstück. Kornelia streifte es mit einem kurzen Blick. Na, geputzt war es wochenlang nicht, und das Gebiß.

      Doch, das Gebiß war blank. Gottlob, wenigstens das!

      Er halfterte auf und nahm keinen Sattel. Das gefiel ihr. Ganz ahnungslos oder gleichgültig war er wenigstens nicht.

      „Darf ich?“ fragte sie und glitt auf den Rücken des Wallachs, nachdem dessen Besitzer ihr zugenickt hatte. Sie ritt ihn im Schritt bis zum Haus, dann ein Stück Trab. Zurück ließ sie ihn dann einmal in Galopp gehen.

      Oh, er ritt sich gut, großartig. Sie hob das Bein über seinen Hals und rutschte hinunter, lobte und liebelte ihn. Sie hatte gleich Gefallen an ihm gefunden.

      „Ein feiner Kerl bist du, ja, ja ...“

      „Wenn nur nicht immer die Schwergewichtigen drauf säßen!“ murrte der Froschkönig. „Überhaupt, er ...“

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