ТОП просматриваемых книг сайта:
Ein Lord wie kein anderer. Inka Loreen Minden
Читать онлайн.Название Ein Lord wie kein anderer
Год выпуска 0
isbn 9783963700705
Автор произведения Inka Loreen Minden
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ihr Herz wummerte stets wie wild, wenn sie ihn sah, und Emily war stolz darauf, seine Freundin sein zu dürfen, obwohl sie sieben Jahre jünger war als er. Daniel würde einmal den Titel seines Vaters erben und ein echter Earl werden: Daniel Appleton, Lord of Hastings! Das hörte sich exquisit an.
Manchmal konnte es Emily immer noch nicht glauben: Ein Earl in ihrer Straße!
Weil die riesige Villa der Familie Appleton, die im noblen Stadtteil Mayfair lag, einer aufwändigen Renovierung unterzogen wurde, wohnte sie in den Jahren des Umbaus in diesem Stadthaus, das sie sonst vermietete.
Hier lebten zwar einige Mitglieder des niederen Adels: Baronets, wie ihr Vater, und Knights oder reiche Bürgerliche, aber keine weiteren Earls.
Zum Glück hatte Emily heute Morgen ihr schönstes weißes Kleid angezogen, sodass sie nur noch ihre Haube aufsetzen musste, mit der sie versuchte, ihre roten Locken zu bändigen. Zwischendurch spähte sie immer wieder aus dem Fenster. Am liebsten wollte sie Daniel winken, damit er auf sie wartete, aber seine Mutter redete gerade mit ihm. Hoffentlich musste er nicht schon wieder gehen! Bestimmt hatte er in der kurzen Zeit, die er zu Hause verbringen durfte, viele Verpflichtungen.
Emily war jedoch sehr froh, dass seine Mutter die Einkaufsmöglichkeiten in London liebte – wie er ihr einmal verraten hatte – und sein Vater gerne in den Parks ausritt oder diverse Herrenclubs besuchte. Deshalb lebten Daniels Eltern überwiegend in der Stadt und nicht auf ihrem Landsitz.
Zu Emilys unendlicher Erleichterung blieb Daniel sitzen, und seine Mutter verschwand im Haus. Er wirkte schon richtig erwachsen. Emily hatte sich lange den Kopf zerbrochen, woran das liegen könnte. Wahrscheinlich an seinen markanten Wangenknochen, dem dichten, dunklen Haar, dem ersten Bartwuchs und der noblen Kleidung. Wie sein Vater trug auch Daniel eine figurbetonte beige Hose und Stiefel, die ihm bis zu den Knien reichten, außerdem einen dunkelblauen Gehrock, darunter eine goldfarbene Weste mit einem hoch stehenden Kragen. Dazu ein Krawattentuch. Ihm musste furchtbar heiß sein! Aber er war eben kein Kind mehr und musste sich nun den Gepflogenheiten der Gesellschaft beugen.
Obwohl Emily viel jünger war als er, behandelte er sie kein bisschen wie ein kleines Mädchen, sondern nannte sie sogar »Lady Collins«, so wie ihre Mutter von allen gerufen wurde. Dabei war Emily überhaupt keine echte Lady. Doch das schien Daniel nicht zu stören. Als Tochter eines Baronets würde sie leider niemals einen Titel erben, und sie stammte auch nicht vom Hochadel ab, so wie einer von Vaters Bekannten, Lord Rowland. Dennoch war ihr Vater, Sir Richard Collins, sehr vermögend und investierte sein Geld in den ausländischen Möbelhandel, sodass sie sich dieses kleine Stadthaus, ein Dienstmädchen, eine Köchin und sogar eine Gouvernante leisten konnten – die heute zum Glück ihren freien Tag hatte. Nur anziehen musste sich Emily selbst.
Sie fluchte undamenhaft, weil sie die Bänder ihrer neuen weißen Haube nicht schnell genug zu einer hübschen Schleife binden konnte, verzichtete auf ihre Handschuhe, schlüpfte in ihre alten Slipper, die ihr eine kleine Kletterpartie nicht übelnehmen würden, und rannte danach die Stufen hinunter ins Erdgeschoss. Leise schlich sie am Salon vorbei, der sich auch zum Garten hin öffnete, und lauschte an der Tür. Sie hörte aufgeregtes Geschnatter und ein hohes, spitzes Lachen. Mist, ihre Mutter hatte Besuch von ihrer Freundin Beatrix – Lady Nelson. Nur die kicherte wie eine Hexe. Und sie sah auch aus wie eine.
Gut, Lady Nelson war über fünfzig, Mutter zehn Jahre jünger und immer noch wunderschön. Emily hatte das rote Haar von ihr geerbt. Ansonsten fand Emily die alte Lady aber ganz nett, denn sie brachte ihr ab und zu echte französische Bonbons mit.
Da Emily nun nicht durch den Salon in den hinteren Garten gelangen konnte, schlich sie weiter in die kleine Küche. Dort war es heiß und stickig, denn ihre Köchin Miss Mutton backte gerade Käsekuchen und bereitete auch schon das Abendessen zu.
Emily legte den Finger an ihre Lippen, als Miss Mutton sie mahnend anstarrte – denn normalerweise betrat Emily ihr Refugium nur, um Kekse zu stibitzen – und schlüpfte durch die Hintertür in den kleinen Garten. Sofort strömten ihr angenehme Wärme und der Duft von bunten Sommerblumen entgegen. Sie duckte sich, um sich im Schutz der hohen Pflanzen zur Mauer des Nachbargrundstücks zu schleichen, stieg auf eine Bank, kletterte von der Lehne auf den Apfelbaum und hangelte sich von dort aus auf die Mauer, die beide Grundstücke abtrennte. Mutter würde ihr wohl eine Woche Hausarrest geben, weil sie sich wieder wie »ein Äffchen« benahm, wie sie es nannte. Doch Daniel schien es jedes Mal zu amüsieren, wenn sie nicht durch die hinteren Gartentürchen, sondern auf diesem Weg zu ihm gelangte.
Frech grinste er sie an. »Em! Ich habe mich schon gefragt, wann du kommst.« Er stand auf, um eine galante Verbeugung zu machen. »Entschuldigen Sie, ich meinte natürlich: Lady Collins. Würden Sie mir die Ehre erweisen und mir ein wenig Gesellschaft leisten?«
»Aber mit dem größten Vergnügen, Mylord«, säuselte sie fröhlich und sprang nach unten in den Garten der Familie Appleton.
»Irgendwann brichst du dir noch die Beine, Em«, tadelte Daniel sie sanft und setzte sich ganz außen auf die Bank, sodass sie auch noch Platz darauf hatte. Zwischen ihnen befand sich wie eine Anstandsdame ein dickes, in Leder gebundenes Buch, das ihr bisher noch nicht aufgefallen war.
Hinter ihr drangen die melodischen Laute des Cembalos durch ein geöffnetes Fenster an ihre Ohren. Daniels Mutter spielte sehr gut und probierte sich auch an moderneren Stücken. Doch am ehesten bevorzugte sie Musik aus Italien.
Emily hätte auch so gerne ein Klavier. Leider musste sie Harfe spielen lernen.
Daniel blickte sich verstohlen um, als würde er gleich etwas Verbotenes tun, und Emily hielt die Luft an, während er sich das Krawattentuch abzog und seinen Gehrock über die Lehne legte. Anschließend öffnete er den obersten Knopf seines weißen Musselinhemds und atmete erleichtert auf.
Wenn das seine Eltern sahen, würde er bestimmt getadelt werden! Genau wie sie Ärger bekommen würde, weil sie außerhalb des Hauses keine Handschuhe trug. Aber Emily wollte den feinen Stoff nicht ruinieren, wenn sie auf den Baum kletterte.
Oh, er war ein richtiger Rebell, genau wie sie! Emily liebte ihn sofort noch mehr. Ihr Gesicht erhitzte sich plötzlich bei seinem Anblick, denn in der goldschimmernden Weste gab er ein vorzügliches Bild ab.
»Was liest du?«, fragte sie schnell und deutete auf das Buch, aber nicht nur, weil ihr auf einmal schrecklich warm wurde, sondern weil sie wirklich neugierig war. Sie war verrückt nach Büchern und vor allem Abenteuergeschichten. Die musste sie jedoch immer heimlich lesen. Ihre Freundin Claire hatte ihr zuletzt einen völlig zerfledderten Liebesroman zugesteckt, den Emily förmlich eingesaugt und bereits drei Mal verschlungen hatte! Dabei stellte sie sich vor, der Held der Geschichte wäre Daniel und sie die arme Dienstmagd, die er trotz aller Widrigkeiten heiraten würde.
Er lächelte verschwörerisch. »Das Buch handelt von griechischen Göttern. Da stehen sehr spannende Geschichten drin. Magst du es dir ausleihen?«
»Griechische Götter«, wiederholte sie ehrfürchtig, strich mit den Fingerspitzen über den edlen Einband und grinste Daniel an. Er kannte sie einfach schon zu gut. Gesittete Mädchenspiele langweilten sie, aber mit solchen Geschenken konnte man sie immer überraschen. Wenn Emily schon im echten Leben keine Abenteuer erleben durfte, dann wenigstens in ihrer Fantasie.
Ihr Herz hüpfte wild vor Aufregung. »Ich werde sehr gut darauf aufpassen.« Am liebsten wollte sie Daniel um den Hals fallen, aber das gebot sich natürlich nicht. Stattdessen stand sie auf, um einen förmlichen Knicks zu machen, für den sie wirklich lange geübt hatte – bis ihre Mutter zufrieden gewesen war. »Danke, Daniel, du bist der Beste!«
»Sag das mal meinem Professor.« Als er lachte, hörte sich das ein wenig