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genauso wie die Kuenringer, und auch der Konvent von Zwettl hatte enge Verbindungen zu Böhmen. Seit 1278 sind die Habsburger Landesherren und alle Allianzen müssen neu erarbeitet werden. Die einst mächtigen Kuenringer müssen sich neu positionieren und wollen auch in Wien Fuß fassen. Ihre zentrale symbolische Ressource ist das von ihnen gegründete Zisterzienserstift, und vielleicht ist der oben erwähnte Verkauf des Hofes an den Habsburger Herzog Albrecht der Beginn eines neuen Deals. Man könnte folglich darüber nachdenken, ob sich die Kuenringer auch mit dem Stifterbuch der Zwettler Mönche als altehrwürdiges Geschlecht vor den neuen habsburgischen Landesfürsten präsentieren wollten. Ein Argument dafür wäre der prunkvolle Stammbaum in der Bärenhaut, der höchstwahrscheinlich in der Wiener Gegend gemalt wurde – zumindest ist die Buchmalereiwerkstatt auch in Klosterneuburg nachweisbar.24

      Der Ausgang der Geschichte ist schnell erzählt. Fünf Jahre nach Baubeginn der großen Kirche ist das Pestjahr 1348, die Arbeiten kommen zum Erliegen. Zwar wird die Kirche unter größten Anstrengungen fertig gebaut, aber das Stift kann sich bis zum Ende des Mittelalters wirtschaftlich nicht mehr von dem Großprojekt erholen. Die Kuenringer versinken in der Bedeutungslosigkeit und werden am Ende von der Propaganda zu Raubrittern gemacht und geächtet.

      Die beschriebenen Einwirkungen des Menschen sind in der Erdkruste nachvollziehbar und gespeichert. Aber nicht nur dort, sondern auch in den Aufzeichnungen der handelnden Menschen sind sie dokumentiert. Die Archive und Bibliotheken sind voll von Material, das – ähnlich wie die geologisch „eingeschriebenen“ Informationen – im Hinblick auf das Anthropozän neu ausgewertet werden kann. Beiden Dokumentationen ist gemeinsam, dass sie uns eine Entwicklung im Sinne von Ursache und Wirkung nachzeichnen lassen. Der Unterschied zwischen beiden Wissensspeichern liegt vielleicht in den ideengeschichtlichen Informationen über die Vorstellungswelten und Motivationen, die aus den schriftlichen Quellen in den Archiven gelesen werden können. In der Auseinandersetzung mit den Ursprüngen der Interventionen in den Naturraum erlangen wir eine Vorstellung von den Auswirkungen. Im Bildungsbereich ist es umso wichtiger, diese Ursprünge freizulegen und die Motivation für Umwelthandeln zu verstehen und ihre Nützlichkeit zu reflektieren.

Illustration

       Abbildung 3: Darstellung des Umritts in den Annalen des Bernhard Linck aus dem Jahr 1670 (Stiftsarchiv Zwettl, Plansammlung, Nr. 11).

      Die Auswirkung von menschlichem Handeln auf den Planeten Erde hat in unserer Generation ein Ausmaß erreicht, das mittlerweile als Bedrohung für nahezu alle Lebensformen gesehen werden kann. Was neu erscheint und im Diskurs des Anthropozäns bearbeitet werden kann, ist die Umkehr dieser Bedrohung. Nicht mehr die Naturgewalt beherrscht die Menschen, sondern der Mensch scheint seine Umwelt soweit kultiviert zu haben, dass sie wiederum unbeherrschbar und damit ähnlich bedrohlich erscheint wie die undurchdringlichen Urwälder des Nordwaldes im Mittelalter. Ob eine Marienerscheinung hilft, ist hier allerdings fraglich.

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