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war international: japanische Kirschblütenlieder, englische Shanties, französische Chansons, deutsche Abendlieder – jeder brachte ein Stück seiner Kultur und persönlichen Vorlieben. Baba nahm alles lachend an, die Unterscheidung heilig-unheilig schien für Ihn nicht zu existieren, im Gegenteil, bei sogenannten »frommen« Liedern machte Er schnell ein gelangweiltes Gesicht. »Vor Gott ist alles heilig!«, erklärte Er später. Für mich war klar: Hier ist alles möglich, dieser Baba holt jeden sofort auf den Teppich und lässt keine Scheinheiligkeit zu.

      Draußen war der Himmel dunkel bewölkt und im Tempel musste das Licht eingeschaltet werden. In dem gerade gesungenen französischen Lied lautete eine Zeile: Die Liebe ist aus! Als beim Wort aus die gesamte Lichtanlage ausfiel, gab es schallendes Gelächter und Baba freute sich wohl auch über Seinen Witz. Kurze Zeit später ging das Licht wieder an.

      Bevor die Reihe an mich kam, hatte ich meinen nicht geringen Liederschatz durchforscht, aber mein Kopf war leer wie ein ausgelaufenes Fass. Nur ein Lied, das ich aber unter keinen Umständen singen wollte, weil es mir traurig und unpassend erschien, machte sich in meinem Gedächtnis breit. Schließlich sang ich es und stand dabei total neben mir. Es war das Lied, das Orpheus singt, als er Eurydike endgültig verloren hat: Ach, ich habe sie verloren! Erst einige Monate später verstand ich, warum ich das Lied aus der gleichnamigen Oper von Christoph W. Gluck singenm u s s t e:Mein Mann konnte (verständlicherweise) nicht verstehen, was Balasai Baba für mich bedeutete, und er wollte auch nichts davon hören. Als ich wieder zuhause war, sang er eines Nachmittags »zufällig« dasselbe Lied und es lief mir kalt den Rücken herunter. Ich hatte zu dem Zeitpunkt keinerlei andere Absichten, außer als Besucherin regelmäßig zu Baba zu kommen. Ich liebte meinen Mann und meine Arbeit, und nichts davon wollte ich verlassen. Ich spürte, dass dieses Lied einen Zeitpunkt in der Zukunft vorwegnahm, durfte dieses Wissen aber noch nicht an mich herankommen lassen.

      Zurück in Österreich sollte sich das lustige Lichtspiel etliche Male wiederholen: Immer wenn ich von Baba erzählte, flackerten die Lichter oder gingen für kurze Zeit ganz aus, egal ob in der Straßenbahn oder beim Zahnarzt.

      Als ich einer interessierten Kollegin von meinen Erlebnissen berichtete, ging die Tischlampe aus. Sie schien nicht sehr beeindruckt: »Nur Magie!« Einige Tage später informierte sie mich, dass sie sich doch entschieden habe, im Januar mit zu Balasai Babas Geburtstag zu kommen. Im selben Moment ging die Deckenlampe aus. Beide Male untersuchte sie die Glühbirnen, die aber einwandfrei funktionierten. Als sie Baba persönlich begegnete, erkannte sie bald, dass die Magie ein Teil des göttlichen Spieles war.

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       Indische Reiseeindrücke

      Nach zehn Tagen im Ashram war unsere Weiterreise geplant. Der Abschied fiel mir schwer. Baba hatte sich täglich mit den Besuchern in kleiner Runde getroffen und mich eines Tages gefragt: »Was wünscht du dir von Mir?«

      Spontan antwortete ich: »Baba, bitte gib mir Geduld!« Ich erlebte mich als einen ungeduldigen Menschen und fand den inneren Druck in solchen Situationen sehr unangenehm. Als Antwort kreiste Babas Arm und Er materialisierte mir einen typisch indischen »Planetenring«, der wegen der neun Steine, die jeweils einen Planeten symbolisierten, recht groß war. Bisher hatte ich außer einem schmalen Ehering nur selten Schmuck getragen und ich hätte mir diesen Ring selbst gewiss nicht ausgesucht, aber bei allem, was von Baba kam, waren persönliche Geschmackserwägungen nicht wichtig und so trug ich ihn mit großer Freude und Dankbarkeit.

      Schon einige Tage später, während unserer Reise Richtung Süden, war der Ring ein zu tastender »Beweis«, dass alles nicht nur ein Traum gewesen war.

      An einem Sonntag erreichten wir Mysore und fuhren am nächsten Morgen mit dem Bus zum Chamundi-Hill, einem der wichtigsten Pilgerorte von Indien, wo Gott als die universelle Mutter verehrt wird – von all dem hatte ich damals noch keine Ahnung. Im Bus genoss ich den Duft der Jasmingirlanden, mit denen die Frauen ihr Haar geschmückt hatten – damals konnte ich vorurteilsfrei die Schönheit und Besonderheit aller Eindrücke auf mich wirken lassen, gnädig ließ ein Schleier nur die märchenhaften Eindrücke zu.

      Als wir auf der Höhe aus dem Bus ausstiegen, klopften laute Trommeln, quietschten die schon bekannten trompetenartigen Oboen und an der nächsten Ecke kam eine ungewöhnliche Prozession auf uns zu: hinter den Musikanten fuhr ein Wagen, von Priestern begleitet, über und über mit Blumen geschmückt, und es dauerte eine Weile, bis ich eine kleinere goldfarbene Statue unter einem Baldachin bemerkte. Nach wenigen Augenblicken waren die Musiker, der Wagen, die Priester und nachfolgenden Sänger um die nächste Wegbiegung verschwunden. Kurze Zeit später kam eine etliche hundert Meter lange Menschenschlange in Sicht, die sich nur langsam ins Innere des Tempels bewegte. Erst viel später erfuhr ich, dass die Menschen die ganze Mühsal des Aufstiegs und des Wartens in großer Hitze auf sich nahmen, um an diesem Tag, dem höchsten Ehrentag der Göttin, ihren Segen zu bekommen. Gleichzeitig dämmerte mir, dass Sri Chamundeshwari, der hier verehrte Aspekt der göttlichen Mutter, uns bei Ihrer Ausfahrt einmal im Jahr persönlich begrüßt hatte. Und erst Jahre später realisierte ich, dass Sri Balasai Baba als Avatar, als göttliche Herabkunft auf die Erde, die höchste schöpferische Kraft des Universums repräsentiert, die als weiblich angesehen wird.

      Die Tage im Ashram hatten wir wie auf einer Insel der Seligen erlebt, geschützt vor der Hektik und Widersprüchlichkeit des indischen Alltags. Hier zeigte sich das laute, bunte, kraftvolle indische Leben, mit Schlangenbeschwörern, Bettlern, Krüppeln, asketischen Heiligen, uralten Zeremonien, inbrünstigen, gläubigen Verehrern, erschöpften Pilgern; ein Bild, wie es sich seit Jahrhunderten nicht verändert hat. Die Kraft der religiösen Traditionen bildet auch heute noch einen – wenn auch erstarrten – Goldgrund, vor dem sich das Leben des modernen Indien mit seiner explodierenden reichen Geschäfts- und Industriewelt und den mittelalterlich anmutenden Sozialstrukturen, die dreiviertel der Bevölkerung in äußerster Armut, Krankheit und Unwissenheit belassen, abspielt.

      Für einen Pilger in Indien sind harte körperliche Anstrengungen ein unverzichtbarer Teil der Opfer, mit denen er sein Karma zu verbessern sucht. Wir beschlossen jedoch, die tausend Stufen, die von der Ebene hinauf zum Tempel führen, aus Spaß hinunterzugehen, um uns die vermisste Bewegung zu verschaffen – Motive, die Indern fremd sind.

      Der Blick über die grüne hügelige Umgebung war erholsam, und die Begegnung mit Nandi, dem Stier, dem Begleiter Shivas, beeindruckend. Mit fünf Metern Höhe ist er der größte in Indien, geschmückt mit frischen Girlanden von Marygold. Dies ist neben Jasmin und Rosen eine beliebte Blume für religiöse Zeremonien – bei uns als Tagetes oder Studentenblume bekannt und wegen des nicht besonders betörenden Duftes wenig geschätzt.

      Es war ein unvergessliches Erlebnis zu beobachten, wie eine ältere Frau auf den Stufen kniete und ihrer Verehrung und Hingabe Ausdruck gab, indem sie jede Stufe mit farbigen Pulvern in orange und rot markierte, Wasser und Rosenblätter darüber sprenkelte und dabei unentwegt betete. Diese Verrichtung in gebückter Haltung mochte wohl noch Stunden dauern, bis die Stufen auf dem Berg vor den Augen der Göttlichen Mutter endeten …

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       »Ich bin Alles!«

      Meine Sicht auf die Welt und mein Lebensgefühl hatten sich während der zehn Tage im Ashram von Sri Balasai Baba vollständig gewandelt. Es war vor allem die neue Freude, die von der lebendigen Erfahrung herrührte, dass die Welt nicht allein gelassen war. Mit Begriffen wie Karma, Reinkarnation, Geistige Welt usw. hatte ich mich schon seit vielen Jahren beschäftigt und sie widersprachen für mich keineswegs einem Weltbild, in dem Wissenschaft und Logik ihren Platz hatten, aber zu erleben, dass diese formlose geistige Welt sich in einer menschlichen Form konzentriert und eine Brücke für die menschliche Erfahrung bilden kann – in diesem Falle für meine Erfahrung –, das gab meinem bisherigen Leben einen neuen, unerwarteten Hintergrund.

      Aber wie sollte

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