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habe.

      »Ich verstehe! Jetzt verstehe ich.« sagte der Doktor.

      Darauf schlug er ein Buch auf und begann zu schreiben. Er fragte Hans, wie alt er sei.

      »Fünfunddreißig Jahre.«

      Dann fragte er Fräulein Naumann; sie wußte sich nicht genau zu erinnern, so ungefähr fünfundzwanzig.

      »All rigth! Wie sind Ihre Vornamen? Hans, Lora? Allright! Beschäftigung? Sie haben Kaufläden? All right!« Dann noch einige Fragen.

      Beide verstanden sie nicht, antworteten aber »yes«.

      Der Doktor winkte mit dem Haupte. »Alles erledigt.«

      Als er mit der Schreiberei fertig war, erhob er sich plötzlich zu Loras Verwunderung und küßte sie. Sie faßte das als günstiges Omen auf und ging voll rosiger Hoffnungen nach Haus.

      Am folgenden Morgen kam der Sheriff vor die Geschäftsläden. Beide standen vor den Türen. Hans schmauchte seine Pfeife, Lora sang ihr Spottlied.

      »Wollt Ihr zum Richter gehen?« fragte der Sheriff.

      »Wir waren schon dort.« »Nun und wie steht es?«

      »Mein lieber Sheriff, mein bester Herr Devis,« rief das Mädchen, gehen Sie hin, um zu erfahren, was er gesagt hat, und legen Sie für mich beim Richter ein gutes Wörtchen ein. Sie sehen, ich bin ein armes, alleinstehendes Mädchen.«

      Der Sheriff ging und kehrte nach einer Viertelstunde zurück. Man wußte aber nicht, warum er von einer Menschenmenge umringt zurückkehrte.

      »Nun, was ist? Wie steht’s?« begannen beide ihn auszufragen.

      »Alles ist gut.« sagte der Sheriff.

      »Na, was hat der Richter gemacht?«

      »Na, was hätte er Böses machen sollen, er hat Euch verheiratet.«

      »Verheiratet?!!!«

      Wenn ein Blitz jäh eingeschlagen hätte, wären Hans und das Mädchen nicht in diesem Grade bestürzt gewesen. Hans riß weit die Augen auf, öffnete den Mund, streckte die Zunge heraus und schaute Fräulein Naumann wie blöde an, und sie tat ganz dasselbe. Beide waren erstarrt, versteinert, dann erhoben sie ein großes Geschrei.

      »Ich soll seine Frau sein?« »Ich soll ihr Mann sein?« »Zu Hilfe! Zu Hilfe! Nie!« »Gleich eine Scheidung! Ich will nicht!« »Nein, ich will nicht!« »Lieber sterben! Scheidung, Scheidung! Was geht denn da vor?«

      »Meine Lieben!« sagte der Sheriff ruhig, »hier hilft kein Schreien, der Richter traut, aber eine Scheidung kann er nicht vornehmen. Warum schreit Ihr? Ich habe schöne Kinderschuhe, ich verkaufe billig. Good bye!« Dies sagend, ging er von dannen.

      Die Leute begannen ebenfalls lachend auseinander zu gehen. Die Neuvermählten blieben allein zurück.

      »Dieser Franzose,« schrie das Fräulein-Frau, »er hat uns das absichtlich getan, weil wir Deutsche sind!«

      »Richtig,« antwortete Hans. »Wir werden aber zur Scheidung gehen! Ich werde sagen: Sie haben mir ein ›t‹ aus der Mitte ausgekratzt.«

      »Nein, ich werde sagen, Sie haben mich in die Eisenfalle gelockt!«

      »Ich kann Sie nicht ausstehen!«

      Sie gingen auseinander und schlossen die Läden. Sie saß in ihrer Wohnung, den ganzen Tag nachsinnend, er in der seinigen.

      Die Nacht brach an. Die Nacht bringt Ruhe, aber beide vermochten nicht an Schlaf zu denken. Sie legten sich nieder, konnten aber die Augen nicht schließen. Er dachte: »Dort schläft meine Frau.« Sie dachte: »Dort schläft mein Mann.« Und seltsame Empfindungen entstanden in ihren Herzen. Es war Haß und Zorn mit einem Gefühl der Einsamkeit gepaart.

      Hans dachte außerdem an seinen Affen oberhalb des Geschäftsladens. Wie konnte er ihn weiter behalten, wenn dies jetzt eine Karikatur seiner Frau ist. Und es kam ihm vor, als habe er etwas sehr Garstiges getan, als er diesen Affen malen ließ. Aber wiederum haßte er dieses Fräulein Naumann doch, denn durch sie ist sein Eis geschmolzen und er hat sie doch bei Mondschein in die Eisenfalle gelockt.

      Da kamen ihm wiederum jene beim Mondlicht gesehenen Formen in den Sinn. »Nun, wahr ist es, sie ist ein fesches Mädchen,« dachte er, »aber sie kann mich nicht leiden und ich sie nicht.«

      Das ist eine Situation! Ach, Herr Gott! Er hat geheiratet. Und wen? Fräulein Naumann! Und eine Scheidung kostet so viel! Das ganze Geschäft wird dazu nicht reichen. –

      »Ich bin die Frau dieses Deutschen.« sagte sich Fräulein Naumann. »Ich bin kein Mädchen mehr, das heißt, ich wollte sagen, ein Mädchen, aber vermählt. Mit wem? Mit Kasche, der mich in der Eisenfalle erwischte. Es ist zwar wahr, daß er mich in die Arme nahm und hinauftrug, und wie stark er ist. – Was ist das? Da ist ein Geräusch!«

      Es war gar kein Geräusch, aber Fräulein Naumann begann sich zu fürchten, obwohl sie sich früher nie fürchtete.

      »Aber wenn er sich jetzt erdreisten sollte, Gott!« Dann aber fügte sie mit einer Stimme, in welcher ein seltsamer Tonfall der Enttäuschung klang, hinzu: »Er wird es aber nicht wagen, er …«

      Bei alldem steigerte sich ihre Furcht. »Einer alleinstehenden Frau ergeht es immer so,« dachte sie weiter. »Wenn ein Mann da wäre, wäre es sicherer. Ich habe von Mordtaten in der Umgegend gehört« – sie hatte nichts gehört – »ich schwöre, man wird mich noch einmal totschlagen. Ach, dieser Kasche! dieser Kasche! Er hat mir den Weg versperrt. Man muß aber wegen einer Scheidung Rat schaffen.«

      So spintisierend wälzte sie sich schlaflos im breiten amerikanischen Bette und fühlte sich wirklich vereinsamt.

      Plötzlich schnellte sie empor. Diesmal hatte ihr Schreck einen realen Grund. In der nächtlichen Stille war deutlich das Klopfen eines Hammers zu vernehmen.

      »Jesus,« schrie sie auf, »man schleicht sich in mein Geschäft ein!« Dies sagend, sprang sie aus dem Bette und eilte ans Fenster. Aber hinausblickend, beruhigte sie sich gleich. Beim Mondschein sah sie eine Leiter und auf derselben stand Hans. Er entfernte die Nägel, die das Affenschild festhielten. Fräulein Naumann machte leise das Fenster auf.

      »Er entfernt den Affen, das ist von seiner Seite anständig.« dachte sie. Und sie fühlte plötzlich, als taue etwas in ihrer Herzgegend auf.

      Hans zog langsam die Nägel heraus. Das Blechschild fiel klirrend zu Boden. Er stieg hinunter, löste den Rahmen, rollte das Blech in seinen sehnigen Händen zusammen und trug die Leiter fort.

      Das Mädchen verfolgte ihn mit den Augen. Es war eine stille, warme Nacht. »Herr Hans,« lispelte sie.

      »Sie schlafen nicht?« erwiderte Hans gleichfalls flüsternd.

      »Nein! Guten Abend!«

      »Guten Abend!«

      »Was machen Sie denn?«

      »Ich entferne den Affen.«

      »Herr Hans, ich danke Ihnen.«

      Kurzes Schweigen.

      »Herr Hans,« flüsterte wieder die Mädchenstimme.

      »Was wünschen Sie, Fräulein Lora?«

      »Wir müssen betreffs der Scheidung beratschlagen.«

      »Ja, Fräulein Lora.«

      »Morgen?«

      »Morgen.« Kurzes Schweigen, der Mond lachte, alles war still.

      »Herr Hans!«

      »Was, Fräulein?«

      »Ich habe es eilig, mich scheiden zu lassen.«

      Ihre Stimme hatte einen melancholischen Klang.

      »Auch ich, Fräulein Lora.« Hans’ Stimme klang traurig. »Wir wollen es nicht verzögern.«

      »Je früher man

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