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gewesen“ — nickt der Grosskaufmann harmlos und fügt mit einem beinah innigen Blick auf Gerda hinzu: „nur Herzensdiebe nicht, — zu deren Zunft möchte ich gern selber mal gehören!“

      Hottjepottje kläfft los und reteriert auf den Balkon, denn jetzt hat Willem energisch zugetreten!

      Fräulein Freienfeld scheint aber von der ganzen Sache nicht viel gehört zu haben, sie hat sich über den Hund erschreckt und sieht ein bisschen dämlich aus!

      Es ist gut, dass schon in einer Stunde der Zug nach dem Haag zurückdampft.

      Rösing hält gar nichts von mündlichen Liebeserklärungen. Wie alle Gemütserregungen wirken sie schädlich.

      Er wusste auch gar nicht, was er sagen sollte. — Irgendein Liebesgedicht deklamieren? — Infam, dass die einschlägigsten schon alle so bekannt sind. Man musste da gerade auf Ovid oder Petrarca zurückgreifen.

      In den Sachen Ovid ist Schwung und Feuer, — namentlich die Geständnisse an seine blonde Sklavin Bissula —! Du liebe Zeit, wie lang ist das schon her, dass er in der Prima dafür schwärmte und sich vornahm, im Falle ihn das Schicksal mal zum Lenker grosser Völker mache, um dieser Bissula willen die Leibeigenschaft wieder einzuführen! Aber gerade so etwas in eine Liebeswerbung einzuflicken, dürfte riskiert sein.

      Und Petrarca? Vielleicht das hohe Lied der Liebe, für welches er den Lorbeerkranz bekam?! — Auch so ’ne Sache. — Was ist Liebe und Romantik heutzutage? Die Damen sind alle praktisch beanlagt und fussen auf dem Realen. Wenn heutzutage ein Petrarca nicht den goldenen Lorbeerkranz versilbert und ihn seiner Umworbenen in Form eines Brillantkolliers zu Füssen legt, gilt er für einen Knickstiefel und eine sehr mässige Partie.

      Vielleicht tun es die Brillanten auch ohne Gedichte und poetische Aussprache! — Er versteht sich nun mal nicht auf Gefühlssachen, und über seine Kräfte kann doch der Mensch nicht.

      Friedrich Karl pafft noch ein paar riesige himmelblau duftende Wölkchen aus seiner wundervollen Havannaserie und nimmt sich vor, die Sache noch zum letzten gründlich zu überlegen und dann einen ruhigen, sachgemässen Brief zu schreiben.

      Binnen einem halben Jahr muss er persönlich nach den Kolonien hinaus, er muss nach dem Rechten sehen, jetzt mehr denn je, und währenddessen braucht er eine treue, zuverlässige Seele, welche hier im Haag sein Hab und Gut sowie den reichen Hausstand verwaltet. — Die Tochter eines Rechnungsrats wird doch rechnen können!!

      Er drückt also Gerda noch einmal recht herzlich die Hand, und seine runden, gutmütigen Augen sehen beinah feierlich aus.

      „Es war sehr schön, dass ich Sie wiedersah, Fräulein Freienfeld! — Wir haben uns ganz gut vertragen. Nun bitte ich Sie, mich während der nächsten acht Tage nicht zu vergessen“ — und mit einem Anflug seiner alten, drolligen Selbstironie: „Gehen Sie doch manchmal an die Koppel hinaus und sehen Sie sich die Rosse an, dann denken Sie schon an mich!“

      Was Frau Eliza wieder zu so einer leidigen Rückäusserung veranlasste: „Lieber nicht! es sind lauter Durchgänger.“

      Da hatte sie wieder die Lacher auf ihrer Seite. — Friedrich Karl aber eilte mit beflügelten Schritten dem Wagen zu und schickte ein Stossgebetlein zum Himmel: „Lieber Herrgott, behüte meine zukünftige Frau, dass sie sich nicht durch irgendeinen Humorbazillus bei Frau Eliza ansteckt!“

      Fräulein Freienfeld hatte sich mit sehr höflichem, korrekten Wesen verabschiedet und wandte sich nun in ihrer stillen Art, in Haus und Hof wieder ihres Amtes zu walten.

      Eskenboom aber legte den Arm um sein fideles Weibchen, sie noch ein wenig in den Garten zu führen.

      „Glaubst du, Eliza, dass Rösing Absichten auf Fräulein Gerda hat? — Armer, armer Mann!!“

      Und dann hörte man wieder das Kichern und Lachen des glückseligen Paars durch die Blütenbüsche, und die Sonne stand am Himmel und lachte mit.

      Kapitel 3

      Die freudigen Überraschungen, welche jeder einmal im Leben kennen lernt, waren bisher für Gerda verdeckte Schüsseln geblieben, nun schienen sie es mit einem Schlage nachholen zu wollen, mit einem wahren Kanonenschlag, denn wie solch einer war die Wirkung des Briefes, welchen die Gesellschafterin der Frau van de Eskenboom soeben in Händen hielt.

      Von Herrn Rösing.

      Ein regelrechter Heiratsantrag.

      Träumt sie? Äfft sie irgendein Fieberwahn? Ist es Ironie oder eine Art Aprilscherz, welche sich der reiche Mann mit ihr erlaubt?

      Undenkbar.

      Er ist Ehrenmann, im ganzen Land geachtet und bekannt.

      In seiner ruhigen, ehrlichen Weise erklärt er ihr ja selber diesen unbegreiflichen Schritt, dass er sie, das mittel-, sang- und klanglose alternde Mädchen, all den vielen reichen, jungen und schönen vorzog, welche so sehr um seine Gunst buhlten, wie die Frau Konsul ihr erzählt hatte.

      Friedrich Karl schrieb:

      „Mein hochverehrtes liebes Fräulein! Wenn Sie sich genugsam über meine Kühnheit, Ihnen diesen Brief zu schreiben, gewundert haben, verzeihen Sie mir, bitte, alles, was darin steht. Wir haben uns kennen gelernt. Sie hörten wohl, dass ich reich und völlig unabhängig, aber auch ebenso allein und einsam in dem grossen, langweiligen Haus im Haag wohne. — Ich brauche eine Frau. — Ein Mädchen, welches wie Sie wohl im Anfang der dreissiger Jahre steht, bedarf ebenso notwendig eines Mannes, wenn sie kein Herz von Stein und Sinn für behagliche Häuslichkeit hat. — Das besitzen Sie, wie ich beobachtete. Ich bin kein Freund von langen Reden. Meine Freunde nennen mich einen verdrehten Kerl, wohlwollendere ein Original. Ich möchte schriftlich um ihre Hand anhalten und fragen, ob wohl im Laufe des nächsten Monats schon unsere Hochzeit sein kann, denn ich muss durchaus notwendig eine längere Reise nach den Kolonien antreten, und da könnten Sie derweil haushalten. Es gefällt mir so gut an Ihnen, dass Sie stiller und ernster Natur sind, für einen nervösen Mann ist solch schweigsames Einverständnis ein Labsal. — Halten Sie mich nicht für unhöflich; ich werde Ihnen gegenüber stets der rücksichtsvollste, generöseste Ehemann sein, welchen man sich denken kann. Äussern Sie Ihre Wünsche. Steht die Erfüllung derselben in meiner Macht, so sichere ich sie Ihnen hiermit zu.— Und nun überlegen Sie sich die Sache, — aber nicht zu lang, — Sie können sich denken, dass man gern klare Rechnung haben möchte; es ist Ultimo! — Ich küsse Ihre Hand und freue mich jetzt schön von Herzen, Sie bald als Braut begrüssen zu können!

      Stets Ihr sehr getreuer

      Friedrich Karl Rösing. (Datum.)

      Ja, hier steht es; schwarz auf weiss. Ihre Schweigsamkeit und gefügiges Wesen sind dem überarbeiteten Mann sympathisch. Von Liebe schreibt er nichts, verlangt sie nicht und begehrt sie ebensowenig. Das ist ehrlich. Gerade diese rückhaltlose Offenheit gibt ihr Zutrauen zu dem wunderlichen Mann, welcher gewiss die vielen heiratslustigen Damen, Fangleine und Handschellen zum Ekel bekommen hat. — Muss ja auch einem Mann angst und weh werden, wenn er nur noch auf Vogelleim einherschwankt.

      Ihm einen Korb geben? das wäre ja Wahnsinn!

      Dem lieben Herrgott auf Knien danken, dass er es so unfasslich gut und gnädig mit ihr im Sinne hat.

      Ja, auch daheim die Menschen gedachten es böse mit ihr zu machen, aber der Herr hat alles wohl hinausgeführt.

      Sie braucht nicht zu überlegen. Sie antwortet umgehend, ebenso ehrlich und geradeaus, wie er, — setzt ihm ihre Verhältnisse auseinander und gelobt ihm, in steter Dankbarkeit für sein Wohl zu sorgen.

      Und dann tritt sie abermals an das Fenster und blickt auf die Obstbäume im Garten, von welchen der Segen trieft, und welche im Frühling auch von so eisigen Stürmen geschüttelt worden sind wie sie, die Einsame, Verlassene.

      Über uns allen hat eine Sonne nur auf die gebenedeite Stunde gewartet, wo sie als Glücksspenderin über uns aufgehen konnte!

      Nun kam eine bewegte Zeit.

      Im Hause Eskenbooms schlug die Nachricht von Fräulein

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