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andere als gut für die Mannschaft. Aus 14 Partien hat sie gerade einmal neun Punkte geholt. Also holt man Verstärkung: Messi und Alfi aus der Juvenil A. Am 29. November gewinnen sie gegen den CE Europa. Beide Jungen spielen hervorragend. Doch der schönste Augenblick kommt noch. Am 4. Januar 2004 spielt man in Santa Coloma gegen UD Atlètica Gramenet. Barça liegt mit 1:2 zurück. In der 87. Minute aber kommt Leos großer Auftritt. Ein Kopfball und ein Schuss mit links – zack, zack –, und der Floh erzielt in null Komma nichts nicht nur den Ausgleich, sondern auch den Siegtreffer für seine Mannschaft. Seine fünf Tore in zehn Spielen tragen maßgeblich zum Klassenerhalt bei. Leo aber wird in höhere Sphären wandern. Er ist zu gut für die Tercera División. Es scheint sinnvoller, ihn in einer höheren Liga zu testen, auch wenn er erst 17 Jahre alt ist.

      FC Barcelona Atlètic: Am 16. März debütiert Messi in einem Heimspiel gegen den CE Mataró. Trainer Pere Gratacós bestätigt, dass er ein besonderes Training absolvierte, weil er auf ältere, größere, stärkere und erfahrenere Spieler treffen würde. Dennoch verblüfft es den Coach, wie leicht es dem Jungen fällt, zwischen den verschiedenen Mannschaften, Mannschaftskollegen, Trainern und Spielsystemen hin und her zu wechseln und dabei alles zu geben. Leo bestreitet fünf Spiele, doch nur das erste endet mit einem Sieg. Allerdings, so Gratacós, musste Leo sich zunächst akklimatisieren und konnte erst später zeigen, was er drauf hatte. Messi gewöhnt sich an die Liga und ist im Spiel gegen den FC Girona bester Mann auf dem Platz. Dennoch geht es zunächst einmal kurz zurück zu Juvenil B. „Andere hätten herumgemosert, nicht aber Leo“, sagt Juan Carlos Pérez Rojo, sein Jugendtrainer. „Als die Juvenil B ihn brauchte, sagte er sofort zu.“

      Es sind die letzten drei Spiele der Meisterschaft 2003/04. Drei Mannschaften kämpfen noch um den Titel: Espanyol, Barça und CE Premià de Mar. Am 15. April findet das entscheidende Aufeinandertreffen mit Espanyol statt. Wenn Espanyol das Spiel nach Hause fährt, sind sie nur noch einen Schritt vom Titel entfernt. Im Gegensatz dazu kann Barça sich keine Niederlage leisten, wenn sie sich bis zum letzten Spieltag alle Optionen offenhalten wollen. Also zaubert Leo ein brillantes Spiel aus dem Hut. Als der Gegner 1:2 hinten liegt und in seinen verzweifelten Versuchen, den Ausgleich zu erzielen, immer gefährlicher wird – da gibt Messi seine ganz eigene Antwort und schießt ein Tor, das die Partie unter Dach und Fach bringt.

      Zwei Wochen darauf feiert die Mannschaft den Titel. Seine 36 Pflichtspiel- und 50 Freundschaftsspieltore haben einen enormen Wert und sind nicht zuletzt ausschlaggebend für seinen ersten Profivertrag. Angesichts der vielen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vereinsvorstand und Jorge Messi, der sich persönlich um die Angelegenheit kümmert, verlaufen die Verhandlungen nicht gerade reibungslos. Schließlich aber einigt man sich. Barças Bosse wissen genau, dass Leo woanders nur zu willkommen ist, sollte er die Stadt verlassen. In den Turbulenzen nach dem Rücktritt Joan Gasparts haben sie bereits Cesc Fàbregas an Arsenal London verloren. Eine Wiederholung dieser Geschichte wollen sie dann doch lieber vermeiden.

      Kapitel 11

      Die Videokassette

      29. Juni 2004

      Hugo Tocalli erzählt folgende Geschichte: „Sie brachten mir eine Videokassette von einem Jungen, der beim FC Barcelona spielte. Was er konnte, fand ich wirklich toll, aber … in solchen Fällen habe ich immer die Sorge, dass die Kassette von irgendeinem Spielervermittler stammt. Außerdem war der Junge noch nicht sehr alt … Also sagte ich mir, nein … ich warte noch eine Weile. Erst mal reise ich mit der U17 nach Finnland. Wenn ich wieder da bin, finde ich dann mehr über diesen Spieler heraus. Alle erzählten sie mir Großartiges über ihn. Also traf ich mich mit Grondona [dem Präsidenten des argentinischen Fußballverbands AFA] und arrangierte, den Jungen in zwei Freundschaftsspielen gegen Paraguay und Uruguay zu beobachten.“

      Besagter Junge war Leo Messi, ein Unbekannter auf der anderen Seite des Atlantiks. Und jene berühmte Videokassette, die an Tocalli geschickt wurde (der damals für den Jugendbereich der AFA zuständig war und heute als Trainer des argentinischen Erstligisten Quilmes Atlético Club arbeitet) kam von Claudio Vivas. Dieser war Assistent von Marcelo „El Loco“ Bielsa, dem „Verrückten“, seinerzeit Trainer der argentinischen Nationalmannschaft. Vivas war einst Spieler und später Trainer bei Newell’s. Er war neugierig, weshalb sein ebenfalls aus Rosario stammender Landsmann, der ja auch ein ehemaliger Aussätziger war, in Europa so hohe Wellen schlug. Vivas hatte Messi viele Jahre zuvor in der Escuela de Fútbol Malvinas kennengelernt. So neugierig war er, dass er beschloss, dem Trainer für ein eigenes Urteil eine Videokassette mit einigen der besten Szenen seines Landsmanns zu schicken.

      Der Plan geht auf. Die beiden Freundschaftsspiele werden nun wie geplant organisiert, um Leo in Aktion zu sehen. Bei der ersten Anfrage, die Barcelona Anfang Mai zugestellt wird, ist Leos Name falsch geschrieben. Die AFA bittet darum, einen gewissen „Leonel Mecci“ für eine Reise nach Argentinien eine Zeit lang freizustellen. Die Anfrage wird höflich abgelehnt, weil Leo noch Einsätze in der Copa del Rey zu bestreiten hat. Ende Juni passe besser. Die AFA hat es nun sehr eilig, ihn für Argentinien spielen zu sehen. Leo lebt seit drei Jahren in Spanien und spielt in den Jugendmannschaften von Barça. Es besteht die Gefahr, dass man ihn verliert und er im Trikot der Furia Roja, der spanischen Nationalmannschaft, aufläuft. Und das ist keineswegs nur eine vage Bedrohung. Knapp ein Jahr zuvor hatte U16-Nationaltrainer Ginés Meléndez Leo während der Copa de España in Albacete bereits angeboten, für Spanien zu spielen. „Nein, danke“, erhielt er als Antwort. Obwohl Leo auf der Iberischen Halbinsel lebt, fühlt er sich durch und durch als Argentinier. Doch wer weiß, ob der Junge nicht bei etwas größerer Hartnäckigkeit vielleicht seine Meinung ändern könnte? Besser, man kommt dem spanischen Fußballverband zuvor.

      „Er kam an einem Montag an und sollte mit der U20 trainieren“, erinnert sich Tocalli. „Er war ein ziemlich schüchterner Junge, er kannte niemanden, und niemand kannte ihn.“ Während sich seine Mannschaftskollegen – Spieler wie Pablo Zabaleta, Oscar Ustari oder Ezequiel Garay – in der argentinischen Meisterschaft schon einen Namen gemacht haben, ist Leo noch völlig unbekannt. Er verzieht sich in eine Ecke der Umkleidekabine im Stadion der Argentinos Juniors und bekommt kaum ein Wort heraus. Doch als er trainieren und mit dem Ball arbeiten soll, ändert sich sein Verhalten. Urplötzlich ist er nicht mehr so verschüchtert, wie es zunächst den Anschein hatte. Der Chef mag ihn – er schätzt sein Können und seine Geschwindigkeit, aber Leo wirkt noch nicht allzu stark.

      Das Spiel der U20 gegen Paraguay findet am 29. Juni statt. Leo steht nicht in der Startaufstellung, einerseits aufgrund seines Alters, andererseits aber auch aus Respekt vor der Mannschaft. Außerdem will man ihn nicht zu sehr unter Druck setzen. Erst in der zweiten Halbzeit, in der 50. Minute bei einer 3:0-Führung für Argentinien, kommt Tocalli zu ihm. Er legt Leo eine Hand auf die Schulter und sagt ihm, er solle sich für die Einwechslung bereit machen. Aufgeregt und überrascht stürmt der Floh erstmals im hellblau-weiß-gestreiften Trikot auf den Platz. Und er zeigt, was er kann: Er nimmt den Gegner auseinander und schießt ein Tor.

      „Er war im Training schon gut, doch im Spiel war er noch mal beeindruckender“, sagt Tocalli. Das Freundschaftsspiel endet 8:0, und der Youngster hat die Trainer schwer beeindruckt – so sehr, dass Tocalli noch am selben Abend einen Telefonanruf von José Pekerman, seinem Freund und Vorgänger als Jugendtrainer, erhält. „Er fragte mich, wie wir den Jungen fanden. Er war der Meinung, dass er fantastisch sei. ‚Gegen Uruguay bringt ihr den aber in der Startelf, oder?‘, fragte er mich. Aber nein. Im Spiel gegen Uruguay in Colonia steht er nicht in der Anfangsformation. Als er dann eingewechselt wird, überrascht er sie alle aufs Neue. Am folgenden Tag, den 4. Juli, schreibt das in Buenos Aires erscheinende Sportmagazin Olé: „Der junge Messi ist das einzig Wahre. Er erzielte zwei Tore, gab vier Vorlagen und war der Hingucker beim 4:1-Sieg über Uruguay.“

      Leos zweifacher Test war ein voller Erfolg. Er hat sie alle beeindruckt. Und nun hat Tocalli auch keinen Zweifel mehr daran, dass er ihn für den Kader für die Qualifikationsspiele zur FIFA U20-WM, die im darauffolgenden Januar in Südamerika ausgetragen werden, nominieren wird. Abgesehen von Mauro Andrés Zanotti, der für Ternana Calcio in Italien spielt, ist Messi der einzige Legionär. Gleichzeitig ist er auch der Jüngste in der Gruppe. Während er gerade 17 Jahre alt geworden ist, sind die anderen zwischen 18 und 20 und bringen eine Menge Erfahrung aus allen Ligen der argentinischen Meisterschaft mit.

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