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kennen, wenn wir uns zusammen betrinken.«

      »Ich war noch nie betrunken.«

      Okay, wie ist das überhaupt möglich? Ich dachte, jeder hätte sich mindestens einmal besoffen, bis er fünfundzwanzig ist, und dieser Kerl sieht ein bisschen älter aus. Älter, aber immer noch süß. »Nun, gute Neuigkeiten, oder schlechte, ich weiß nicht: Du erlebst das wahrscheinlich sehr, sehr bald.«

      »Gut. Und ich heiße Bennett.«

      ***

      Irgendwie, ich weiß nicht wie, trinken Bennett und ich so lange, bis der Flugbegleiter uns den Nachschub verweigert und mit einem eher gezwungenen Lächeln auf den Lippen unsere letzten verbliebenen Gläser einsammelt. Er macht sich wahrscheinlich Sorgen, dass einer von uns oder wir beide die erste Klasse mit unserer Kotze fluten. Da könnte er recht haben.

      »Ich glaube, ich bin betrunken«, sagt Bennett und kneift sich in den Nasenrücken. Seit etwa einer Stunde erzählt er mir Einzelheiten über seine Beziehung zu seiner Ex Pearl. Er hat sich viel in die Nase gezwickt. Ich bin überrascht, dass sie noch nicht rot ist. Ich möchte ihm wirklich die Hand reichen, ihm tröstend über den Nasenrücken reiben und mich bei ihm für all den Mist entschuldigen. Aber okay, zurück zu dem, was er sagt.

      »Richtig. Betrunken.« Ich denke, das zeigt sich schon daran, dass wir keinen Alkohol mehr trinken dürfen. »Wie fühlt sich das an? Denkst du, du stehst drauf?«

      Er zuckt kaum wahrnehmbar mit den Schultern. »Hätte ich nicht gedacht, aber eigentlich ist es schön. Ich fühle mich … warm. Und als könnte ich jemanden küssen.« Beim letzten Teil senkt er seine Stimme.

      Ein Grinsen huscht über mein Gesicht, als ich mich über die Konsole lehne, die unsere Sitze trennt, um mit ihm zu sprechen. »Ja, Alkohol macht manche Leute geil. Und das ist ausgezeichnet, denn es ist genau das, was du jetzt brauchst, mein Freund.«

      »Geil sein?« Er sieht irgendwie skeptisch aus.

      »Ich kann nicht glauben, dass ich dir das Konzept der Ablenkung erklären muss, aber da du ein Einhorn bist, das sich bis heute noch nie betrunken hat, lasse ich es durchgehen. Was du brauchst, ist, sich zu betrinken, was wir bereits getan haben. Gute Arbeit. Nächster Schritt? Vergiss die Frau, die dich nicht zu schätzen wusste, geh aus und küsse jemanden.«

      Seine Augenbrauen ziehen sich einen Moment lang hinreißend zusammen. »Was, jetzt sofort? Du bist der Einzige hier.«

      Ich breche in ein kurzes Lachen aus und widerstehe dem Drang, mir an die Brust zu fassen, aber ich bin kurz davor. Er ist so verdammt süß. Ich weiß, wir sind beide betrunken, und das ist wahrscheinlich der Grund, warum er so süß ist, aber ich lasse mich nicht davon abhalten, das Ganze weiterzutreiben. »Was, du hast auch noch nie einen Mann geküsst?«

      Er schüttelt den Kopf und blickt auf das leere Getränketablett zwischen uns. Meine Augen folgen den seinen, gefangen vom Anblick seiner Hand, die die Armlehne ergreift und sich einmal anspannt, bevor sie wieder locker lässt. »Nein, nie.«

      Als ich wieder nach oben schaue, hat er sein Gesicht abgewandt, die Masse der baumwollartigen Wolken verdunkelt das Blau im Fenster. »Wolltest du das je?«

      Seine Augen springen zurück zu meinem Gesicht, geweitet und erschrocken. »Hä?«

      Ich neige meinen Kopf leicht zur Seite und blinzle durch meine Wimpern, was immer funktioniert, wenn ich flirte. »Ich hab gefragt, ob du schon mal einen Typen küssen wolltest.«

      Er starrt mich fast eine ganze Minute lang an, sein Adamsapfel hüpft auf und ab, während er schluckt. Ich beginne mich zu fragen, ob der Alkohol vielleicht noch mehr in sein Hirn gelangt ist, als ich dachte, und er kein Wort von mir verstanden hat. Aber schließlich antwortet er, und es ist nicht das, was ich aus seinem Mund erwartet habe.

      »Das schon, ja.«

      »Ja?«, frage ich langsam. Ich will ihn nicht erschrecken. Ich möchte wirklich, wirklich, dass er mir das bestätigt.

      Nach einer weiteren sehr langen Minute fährt er fort. »Damals im Grundstudium hat mein Mitbewohner einen Typen in unser Zimmer geschmuggelt, als er dachte, ich würde schlafen. Zuerst hab ich geglaubt, es seien er und eine Freundin, und ich wollte mich räuspern oder mich im Bett aufsetzen, damit sie wissen, dass ich da bin. Aber dann haben sie beide Geräusche gemacht und ich wusste, dass es ein Mann war.«

      Okay, was davon halluziniert mein berauschtes Hirn gerade zusammen? Denn, verdammt, es ist, als würde er Zeilen aus dem Drehbuch jener Phantasie vorlesen, die mein Kopf konstruiert hat, seit ich sein schlafmaskenfreies Gesicht gesehen habe.

      »Und du dachtest: ›Mensch, ich würde gerne herausfinden, wie es sich anfühlt, einen Kerl zu küssen‹?«

      Er räuspert sich. »So etwas in der Art. Ja.« Er errötet und es ist klar, dass Küssen damals nicht das war, was er wirklich hat ausprobieren wollen.

      »Das ist heiß«, murmele ich. Ich rutsche auf meinen Sitz hin und her und versuche, zu verbergen, dass es mich anmacht, über das Küssen zu reden. »Also, wirst du es tun? Denn ich bin mehr als bereit, mich für das Team zu opfern und dir zu zeigen, wie es sich anfühlt.« Es ist nur Küssen, verdammt. Aber allein das würde Spaß machen. Allein nur dieser Mund!

      Er leckt sich verdammt noch mal über die Lippen und lehnt sich rüber, die Handfläche flach auf die Konsole zwischen uns gedrückt. »Ich …«, beginnt er.

      Ich ahme seine Bewegungen nach, bis unsere Gesichter nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt sind. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu schmecken.

      Bennett

      Er sieht gut aus.

      Das ist der Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, als Jake sich nach vorn beugt und sein Atem über mein Gesicht streicht, heiß und nach Minze und Gin riechend. Ich frage mich, ob er nach seinem Drink schmeckt, wenn ich …

      »Ich …«, versuche ich es noch einmal. Erneut bleibt mir die Luft weg und ich kann meinen Satz nicht beenden. Jakes dunkelblaue Augen sind einfach präsent und so nah, dass ich die Abstufung von Blau zu Gold um seine Iris herum erkennen kann. Sein Gesicht hat nur ein paar Bartstoppelchen, wodurch er aussieht wie der Held aus einem dieser Liebesromane, die meine Schwester so sehr geliebt hat. Mein Schwanz reagiert auf eine Art und Weise, die ich ihm nicht zugetraut habe, wenn man bedenkt, dass ich erst vor ein paar Stunden von meiner Freundin verlassen wurde. »Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist«, flüstere ich. »Ich bin im Moment zu betrunken, um zu wissen, was ich will.« Zumindest glaube ich, dass ich zu betrunken bin, um es zu wissen. Es ist alles ein bisschen verschwommen.

      Eine von Jakes Augenbrauen hebt sich und er beugt sich noch ein kleines bisschen mehr nach vorn, sodass unsere Nasen beinahe aneinanderstoßen. »Bist du das?«, flüstert er zurück. »Das ist aber schade.«

      Das Flüstern jagt mir einen undefinierbaren Schauder über den Rücken. Gerade als ich Scheiß drauf sagen und das letzte Stückchen Luft zwischen uns überwinden will, zieht sich Jake zurück und setzt sich gegen die Lehne seines Sitzes. Er seufzt und ich möchte mit ihm seufzen.

      »Du hast natürlich recht. Es ist besser, dich nicht auszunutzen, wenn du so bist. Du siehst aus, als würdest du gleich ohnmächtig werden.«

      »Ich könnte wahrscheinlich etwas Schlaf gebrauchen«, sage ich, denn ich kann mir keine weiteren drei Stunden dieses Hin und Her mit diesem Mann vorstellen, der mich so leicht in Versuchung führt.

      »Ruh dich etwas aus. Und wenn du aufwachst, bist du vielleicht mutig genug, mich zu küssen.« Er sagt es mit einem neckenden Grinsen auf den Lippen.

      Ich will ihm sagen, dass ich es nicht tun werde, aber die Worte kommen mir nicht über die Lippen. Sie wären sowieso nicht wahr und ich denke, wir beide wissen das. Ich meine, ich habe ihm gerade von dieser Nacht auf dem College erzählt. Ich habe nie jemandem davon erzählt, nicht einmal Pearl. Ich habe nie jemandem gegenüber laut zugegeben, dass ich, obwohl nichts passiert ist, seit diesem Moment verändert bin. »Ja, okay«, stimme ich zu. »Schlafen.« Ich

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