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Dem dunklen Rächer verfallen. Inka Loreen Minden
Читать онлайн.Название Dem dunklen Rächer verfallen
Год выпуска 0
isbn 9783963701764
Автор произведения Inka Loreen Minden
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Der junge Kerl wusste, was er tat, und genoss die Liebkosungen zwischen ihnen offensichtlich ebenso sehr wie Miles, denn er stöhnte leise in seinen Mund.
Genau so sollte sich das anfühlen, echt und feurig. Das war es, wovon Miles all die langen, einsamen Jahre geträumt hatte.
Er wusste erst, dass er einen gewaltigen Fehler gemacht hatte, als ihm der Fremde die Faust mit voller Wucht in die linke Niere rammte.
Stöhnend vor Schmerzen rollte sich Miles von dem Bastard herunter, um kurz darauf dessen Knie in die Weichteile gerammt zu bekommen.
Verflucht noch mal! Nun zog es nicht mehr köstlich zwischen seinen Beinen, sondern höllisch. Er bekam kaum noch Luft!
Während er sich auf dem staubigen Boden zusammenkrümmte, schnappte sich der junge Mann Miles’ kostbares Messer, sprang auf und stellte einen Fuß auf seine Brust, mit dem er ihm zusätzlich den Atem raubte. Wie ein siegessicherer Feldherr starrte er zu Miles herab, während er genauso schwer atmete wie er selbst.
Verdammt! Was hatte ihn nur geritten, sich dem Kuss hinzugeben? Das war ein Ablenkungsmanöver gewesen!
Nun konnte der Fremde auch noch sein Gesicht erkennen – das der offensichtlich ausgiebig im Mondlicht studierte. Immer tiefer beugte sich der junge Kerl zu ihm herab und presste ihm schließlich die scharfe Klinge an die Wange, sodass die Spitze bloß Millimeter von seinem Auge entfernt war. Wenn Miles auch nur zuckte, würde sich die Schneide in seinen Augapfel bohren.
Der sündhafte Verführer wirkte plötzlich verdammt gefährlich und drohte ihm mit leiser, aber energischer Stimme: »Wenn du dein hübsches Gesicht behalten willst, kommst du mir das nächste Mal besser nicht in die Quere.«
Abrupt trat er zurück, hob seine Kappe auf und verbeugte sich galant. Etwas freundlicher sagte er: »Ich wünsche dir noch eine erfolgreiche Nacht, dunkler Rächer«, und rannte davon. Er warf noch einen kurzen Blick über die Schulter, rief frech: »Und Danke für das Messer!« Dann verschluckte ihn die Dunkelheit.
Miles blieb völlig perplex auf dem Boden liegen und konnte kaum begreifen, was soeben geschehen war. Es war ihm noch nie passiert, dass ihn jemand überwältigt hatte, und schon gar nicht mit einem Kuss!
Gerissenes Bürschchen, dachte er und musste gegen seinen Willen schmunzeln, während er aufstand, um sich den Staub von seinem Cape zu klopfen. Eine Verfolgungsjagd war überflüssig, der Kerl längst verschwunden. Miles hätte den Kussdieb jedoch gerne wiedergesehen … aber nur, um ihm ordentlich die Leviten zu lesen! Noch einmal würde er sich von dem Kleinen nicht überrumpeln lassen. Doch wahrscheinlich sah er ihn ohnehin nie wieder. Schade.
Kapitel 2 – Eine Party mit Überraschungen
Cole versicherte sich, dass seine Livree perfekt saß und die weißen Handschuhe makellos sauber aussahen. Anschließend schnappte er sich das Tablett mit den Häppchen vom Küchentisch und ging aufrecht zum Ballsaal, als hätte er einen Stock im Arsch, genau wie die anderen Angestellten. Dazu setzte er eine stoische Miene auf, weshalb ihn sicher keiner beachten würde. Zumindest keiner der Adligen. Die ignorierten für gewöhnlich alle, die ihnen unterstellt waren, außer, sie wollten bedient werden. Cole bewirtete an diesem Abend jedoch nicht nur die hohen Herrschaften, sondern spionierte sie zugleich aus.
Daniel Appleton – bekannt als der Earl of Hastings – und seine Frau Emily gaben eine Feier zur Geburt ihres drei Monate alten Sohnes, der im Mai zur Welt gekommen war. Der kleine Richard würde sowohl einmal den Titel als auch das Vermögen seines Vaters erben und nicht täglich ums Überleben kämpfen müssen, so wie er. Privilegierte Bastarde! Keiner von ihnen wusste, wie gut sie es hatten.
Nur die engsten Freunde der Familie und ein paar der wichtigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten Londons waren geladen worden. Der kleine Kreis aus nicht einmal hundert Gästen blieb deshalb überschaubar. Cole war schon auf ganz anderen Feierlichkeiten gewesen. Dennoch schrie um ihn herum alles nach Geld. Er musste nur danach greifen!
Einige Adlige, die von weiter her kamen, wollten hier übernachten, und dann würde Cole zuschlagen. Er verstand es perfekt, mit der Dunkelheit zu verschmelzen und nicht aufzufallen. Schon jetzt überlegte er, welchen Schmuck er welcher Lady, welche Manschettenknöpfe, Krawattennadeln oder Taschenuhren er welchem Herrn entwenden wollte. Im Schein der zahlreichen Kerzen und Leuchter funkelten die Kostbarkeiten einladend.
Außerdem standen überall in dieser prächtigen Stadtvilla wertvolle Einrichtungsgegenstände herum, die er versetzen könnte: poliertes Silberbesteck, vergoldete Kerzenleuchter, edles Porzellan. Cole rechnete schnell zusammen, welches Vermögen ihm die ganzen Schätze einbringen würden, wenn er sie beim Pfandleiher eintauschte oder seinen nicht ganz so seriösen Kontakten in schmutzigen Hinterhöfen feilbot. Es würde auf jeden Fall reichen, um eine ganze Weile über die Runden zu kommen. Mehr Geld hatte außerdem den Vorteil, dass er sich nicht zu oft als Diener beschäftigen lassen musste. Das half vor allem dabei, keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, da er die Gäste immer erst »erleichterte«, wenn die gebuchten Angestellten längst das Haus verlassen hatten. Ohne diese zusätzliche Einnahmequelle würde er verzweifeln, denn das Dienstjungendasein allein reichte nicht aus, um zu zweit zu überleben. Deshalb hatte er seine Fähigkeiten trainiert, die er sich auf der Straße angeeignet hatte – wie seine flinken Finger –, um an Extrageld zu kommen.
Cole marschierte mit dem Tablett durch alle Räume, um sich erneut einen Überblick zu verschaffen. Alles war noch genau wie zuvor. Im Rauchersalon bediente der hauseigene Dienstbote Henry, im Salon der Ladys das Dienstmädchen Becky. Da sie die Chatelaine trug – eine Brosche, an der zahlreiche Ketten mit Schlüsseln und anderen praktischen Utensilien hingen – war sie das oberste Dienstmädchen, dem alle anderen Mädchen unterstanden. Sie kannte sicher sämtliche Geheimnisse innerhalb dieser Wände. Cole hatte mit ihr geflirtet, um an weitere Informationen zu kommen, aber das gerissene Biest hielt sich bedeckt. Vielleicht würde er später noch zu ihr durchdringen.
Der grauhaarige, leicht gebeugt gehende Butler Smithers überwachte im großen Saal mit Argusaugen die Arbeit der männlichen Dienstboten, aber Cole schätzte, dass der steinalte Greis nicht mehr alles mitbekam, was um ihn herum passierte.
Dann gab es noch das hausinterne Mädchen Janett, das in der Küche mithalf. Die meisten anderen Angestellten, die hier herumhuschten, beschäftigte Lord Hastings nur für diesen Abend.
Coles Kartei wurde gleich in drei der besten Agenturen Londons geführt. Er hatte Glück, dass er sowohl gesund als auch ansprechend aussah und ihm noch alle Zähne im Mund saßen. Penibel achtete er auf sein Äußeres und pflegte sich. Mittlerweile konnte er einige Referenzen vorweisen und wurde fast jedes Mal ausgewählt, wenn er sich für einen Job bewarb.
Cole grinste innerlich, während er einer Lady das Tablett mit den Häppchen vor die Nase hielt, denn sie trug eine Kette mit dicken Smaragden um den Hals. Diesen Klunker brauchte er unbedingt! Schnell senkte er den Blick, machte eine leichte Verbeugung und beobachtete weiter die Menschen im Raum. Alle schienen gute Laune zu haben, begrüßten sich freudig, tauschten Neuigkeiten aus. Noch roch es angenehm nach Puder und Duftwässerchen; später würde der penetrante Gestank von Schweiß überall im Raum hängen. Doch Cole war Schlimmeres gewohnt als üble Gerüche. Für ihn zählte außerdem nur, dass er nicht auffiel.
Die persönlichen Angestellten von Lord Hastings waren alle abgelenkt, beschäftigt. Sehr gut. Damit waren die oberen Etagen vermutlich menschenleer – bis auf eine Ausnahme: das Zimmer der Nanny Lizzy. Die hatte sich vor einer Weile mit den Kindern in deren Schlafgemächer zurückgezogen. Cole brauchte nur auf eine perfekte Gelegenheit zu warten, um sich unauffällig von der Party zu entfernen, und konnte dann in aller Ruhe