Скачать книгу

      Kayas Augen wurden schmal, dann wandte sie sich an den Prinzen. Jetzt ignorierte sie Stoupidis mit gekonnter Teenagermanier und die fremdartigen Worte sprudelten jetzt aus ihrem Mund. Stoupidis Pulsader klopfte mit wachsendem Zorn. Er spürte Lichtenauers Hand an seinem Unterarm. Nun war es an dem Deutschen, ihn als hitzköpfigen missgelaunten Griechen zur Ruhe zu mahnen.

      Der Prinz nickte schließlich. Frau Michaels nickte auch. Irgendwas war wohl gerade beschlossen worden. Und Stoupidis war daran nicht beteiligt gewesen. Somit waren die Interessen des Planeten Erde nicht beteiligt und das gefiel Stoupidis gar nicht.

      „Was denn jetzt?“ donnerte er über den Tisch.

      „Dem Prinzen ist ebenfalls sehr daran gelegen, unsere Kommunikationsschwierigkeiten zu überwinden, Herr Stoupidis.“ Kaya Michaels hatte sich wieder in der Gewalt. Sie sprach klar und überlegt. „Deshalb folgender Vorschlag: Meine Eltern und meine Schwester dürfen noch heute in dieses Haus zurückkehren. Ich werde es noch in dieser Stunde verlassen, zu den Ssorsa in das Bugschiff ziehen und alles dransetzen die Sprache zu lernen.“ Sie lächelte ironisch. „Das Wetter wird sowieso wieder umschlagen. Ein weiterer Schneesturm kündigt sich an. Es wird schwierig werden den Weg vom Haus zum Raumschiff zu bewältigen. Ich werde ihnen schon nicht auskommen.“ Sie lächelte breiter. Das stand ihrem kleinen Gesicht äußerst gut. „Ich bin immer noch ein Mensch, Herr Stoupidis. Die Aliens haben mir nicht das Hirn gespült. Ich werde meine Rasse nicht betrügen. Oh, ja…!“ Sie schnippte mit den Fingern. „Und ich verlange ein Funkgerät, damit ich mit meiner Familie jederzeit reden kann.“

      Stoupidis nickte ohne groß darüber nachzudenken. Es war ein guter Vorschlag, obwohl die meisten der Schlipsträger anderer Meinung sein dürften. Stoupidis zwang sich nicht zu seufzen. Er würde Lichtenauer die ganze Packung Zigaretten klauen. So viel war sicher.

      Im Jahr des Echow 5/33

      Logbucheintrag 35

      Kapitän Äile Ino Mmah von Bugschiff I

      Ort: Zugspitze/Deutschland

      Status: Maschine, Waffen, Navigation – Beschädigt

      Zustand des Bugschiffes unverändert

      Die Arbeiten liegen brach. Weitaus wichtigere Aufgaben verfolgt die ganze Crew seit gestern mit voller Konzentration. Wir haben einen festgesetzten Zeitraum von 127/5 Grats um der kleinen Menschenfrau Gaia unsere Sprache beizubringen und sie unsere Kultur zu lehren. Wir setzen im Gegenzug alles daran, die menschlichen Gepflogenheiten zu verstehen. Der verantwortliche Mann, mit dem es zu verhandeln galt, hat seine Zustimmung nur gegeben, weil er mit seinen Leuten unweit der Talsenke Stellung bezogen hat. Das ist nicht zufriedenstellend für mich, da wir somit eingekeilt sind. Es bleibt mir allerdings nichts anderes übrig, als zu kooperieren, egal was ich persönlich von dieser Behandlung halte.

      Die Menschenfrau Gaia hat in Pilotin Tede Begs Kabine Quartier bezogen. Neben dem Umstand, dass ich mehr als alle anderen eine flüssige Konversation gewährleisten muss, habe ich noch eine andere Mission. Ich muss unter allen Umständen einen Weg finden, Sewe zu kontaktieren. Dafür habe ich bereits einen Plan und das abscheuliche Wetter wir mein Verbündeter sein.

      Offizieller Teil Ende

      Ich bin versucht, Leu in den Maschinenraum sperren zu lassen. Natürlich ist er immer noch stinksauer, dass ich ihm eine gelangt habe. Warum versteht der Kerl einfach nicht, dass er auf dem Bugschiff bleiben musste, damit nicht wir beide als Mitglieder des Königshauses der Mmah unseren Arsch riskieren?

      Gaia hat es auch nicht leicht. Ich muss aufpassen, dass mich ihr Schicksal nicht mehr beeindruckt als es sollte. Dieser Mann mit dem unaussprechlichen Namen hat ihre Familie aus dem Haus gezerrt und Gaia jeglichen Kontakt zu ihr verboten. Man hat die Mutter vom Vater getrennt und auch die Schwester in Einzelhaft gesteckt, um Gaia gefügig zu machen. Ich verstehe nicht, warum sie das alles auf sich nimmt. Für einen Haufen fremder Idioten, die ihr gar nichts als Gegenleistung werden bieten können. Ihre Motivation muss in was anderem liegen und deshalb vertraue ich ihr nicht. Und trotzdem, wenn ich ihren Eifer sehe, mit dem sie versucht uns zu verstehen, und wenn ihre kleinen grauen Augen leuchten, will ich einfach nur glauben, dass sie eine so selbstlose Person ist.

      Vater, um ehrlich zu sein bin ich ziemlich fertig. Cem nervt, dass ich endlich richtig schlafen muss. Das soll wohl ein Witz sein!

      Kapitel 3

      In Bugschiff I lebten acht Ssorsa. Neben den Prinzen, deren Leibdienern Cem und Gai, der Pilotin Tede waren da noch Maschinist Leutnant LIR und die Kadetten Iam und Sowad unter der Crew. Tede und Sowad schienen als weibliche Ssorsa den Männern absolut ebenbürtig zu sein. In des Prinzen Heimat war es auch ihre Mutter, Königin Ego Rim, die herrschte. Der König, U-Kel Mmah, hatte beratende Funktion, vererbte aber den Familiennamen.

      Kaya schrieb alles auf, was sie hörte und lernte. In der Nacht büffelte sie Vokabeln, am Tag gab sie Unterricht. Ihre Schüler waren aufmerksam und anstrengend. Besonders Prinz Leu schien es zu mögen, sie bis aufs Blut zu reizen.

      „Was sind das für runde Dinger?“ Er deutete auf das plastische Hologramm eines menschlichen nackten Frauenkörpers. Heute stand Anatomie auf dem Lehrplan.

      „Das sind Brüste. Man spricht in der Öffentlichkeit nicht über sie. Sie sind etwas sehr Privates.“

      „Haben die irgendeine Funktion?“

      Kaya überlegte kurz. Starrten jetzt alle anwesenden Ssorsa auf ihre B-Größe?

      „Im Wesentlichen haben sie zwei. Zum einen, wenn eine Frau Mutter wird, ernährt sie ihr Kind davon während der ersten Monate.“

      Prinz Leu beugte sich nach vorne.

      „Beißen die davon ab?“

      „Nein“, rief Kaya entsetzt. Also wirklich! „Da kommt Milch raus. Eine nahrhafte Flüssigkeit.“

      „Ist ja widerlich. Und die zweite Funktion?“

      „Im Allgemeinen stehen unsere Männer drauf.“

      Toll! Jetzt machten alle große Augen.

      „Auf diese runden Dinger?“ fragte Leu Mmah erstaunt. „Die sehen aus wie Zielscheiben.“

      „Leu!“, schnauzte Prinz Ino „Noch ein Wort und ich hau dir eine rein.“

      „Euer Hoheit!“ beschwichtigte ihn sein Leibdiener Cem und nickte entschuldigend zu Kaya hinüber.

      Diese widerstand dem Drang ihre Vorderseite zu verstecken und strich sich müde über die Augen.

      „Könnten wir eine Pause machen?“

      Prinz Ino nickte und Kaya floh regelrecht. Sie machte sich einen Tee, wickelte eine Decke um die Beine und setzte sich ins Cockpit. Da es durch die erzwungene Bodenzeit kaum benutzt wurde, war sie oft hier und starrte in den Schneesturm hinaus.

      Seit sie unter den Ssorsa lebte, fühlten sich all ihre Sinne und Empfindungen an wie blank geschliffen. Irgendetwas in diesem Schiff veränderte sie als emotionalen Sonderling und schälte erbarmungslos Schale um Schale ihrer angeborenen Stumpfheit ab. Dazu kam, dass sie sich nicht mehr so gut konzentrieren konnte. Das Lernen und Lehren kosteten ihr ungemein viel Kraft. Außerdem hatte sie niemanden, mit dem sie wirklich darüber reden konnte. Ihre Familie wollte sie nicht beunruhigen. Tede durfte sie nicht misstrauisch machen und sie wagte nicht, sie als Freundin zu sehen.

      Was war das überhaupt? Freundschaft? Kaya hatte Bücher darüber gelesen, aber selbst den Wunsch danach zu haben – das war neu.

      Und der Prinz? Tja, der Prinz!

      Er war höflich, aber distanziert. Kaya wusste, dass er auf sie angewiesen war und sehr wahrscheinlich nur deshalb mit ihr verkehrte.

      Kaya lehnte den Kopf gegen die Scheibe und bemerkte das verzerrte Spiegelbild, das die Rückwand des Cockpits und die offene Tür zeigte. Dort stand eine schlanke große Gestalt. Kaya wandte den Kopf und Ino Mmah lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen. Er

Скачать книгу