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seufzte. Er würde Lichtenauer so gerne den Glimmstängel abnehmen.

      „Das ist keine Vorsicht, Horst. Das ist gesunder Menschenverstand. Wenn ich den Obermuftis gleich melden würde, was wir glauben entdeckt zu haben, richten sich sofort die Hälfte der Atombomben auf die Zugspitze und BEOCIS-Abkommen hin oder her, ein paar Hitzköpfe werden hier anrücken und versuchen die Lage auf ihre Weise zu klären. Nix da! Wir werden erst Meldung machen, wenn ich mir die Kerle angesehen habe. Geben Sie mir eine Zigarette, Lichtenauer!“

      „Ich dachte, Sie wollen aufhören.“

      „Zum Kuckuck damit!“

      Als Stoupidis einen tiefen Nikotinzug gemacht hatte, sah er in den blauen Himmel. Die Luft knirschte beinahe vor Kälte.

      „Dieses Privathaus als neutralen Treffpunkt vorzuschlagen war ein guter Einfall. Schauen Sie bloß, dass unsere Leute keinen Ärger machen. Die sollen im Lager bleiben, bis ich was anders sage.“

      „Aye, aye, Kapitän.“

      Stoupidis lachte.

      „Ja, ich komme mir vor wie ein düsterer Piratenkapitän, der in einen Sturm steuert. Das ist nicht gut für die Gesundheit.“ Er beäugte knurrend die Zigarette zwischen seinen Fingern. „Naja, solange ich nicht anfange literweise Rum zu saufen.“

      Dann kamen sie. Lautlos. Zu Fuß.

      Auf den ersten Blick unbewaffnet. Sie waren zu fünft. Die kleine Gestalt von Kaya Michaels ging in der Mitte. Stoupidis schnippte die Zigarette in den Schnee und spannte die Schultern an.

      Die Erscheinung der Aliens war ihm nicht unbekannt. Er hatte Aufnahmen vom Schiff während der ersten Kontaktaufnahme gesehen. Trotzdem. Die außerirdischen Herrschaften jetzt auf sich zuschreiten zu sehen war eine skurrile Erfahrung.

      Sie trugen ihre Raumanzüge und die Visiere waren zurückgeklappt, als sie die Einfahrt betraten. Frau Michaels hatte erzählt, dass die Ssorsa mit dem für sie zu geringen Sauerstoffgehalt Probleme hatten. Dass sie also die Helme jetzt offen trugen, ließ auf ein gewisses Maß an Anstand schließen, da sie lieber Schnappatmung in Kauf nahmen, als sich vermummt zu präsentieren.

      Stoupidis war das egal. Er musste auf jeden Fall einen sensiblen Eindruck machen. Er grunzte, als er sich anschickte dem Quartett mit ihrer kleinen Diplomatin entgegenzulaufen. Sensibel zu sein war genau sein Ding! Sofort nahmen ihn die schillernden Augen ins Visier und Stoupidis hätte in dem Moment am liebsten gerufen: „Ein Königreich für Eure Gedanken!“

      „Darf ich vorstellen…“, meldete sich Fräulein Kayas Stimme von links. „Der Prinz Ino Mmah und Kapitän seines Schiffes O-Timre.“ Sie deutete auf den großen Kerl in der Mitte, der den Kopf neigte und den Mund öffnete.

      Natürlich verstand Stoupidis kein Wort. Nicht nur wegen der Sprachbarriere, sondern weil seine menschlichen Ohren für den Frequenzbereich der ssorsischen Stimmen zu unterentwickelt waren. Das war nicht neu, aber trotzdem komisch.

      „Ich grüße Sie“, sagte Stoupidis laut und höflich. „Danke, dass Sie sich herbemüht haben.“

      Der Prinz quittierte seine Begrüßung mit stoischer Ruhe, aber in seinem Gesicht zeigte sich eine erstaunliche Reichhaltigkeit an Mimik. Seine Wangen zuckten, als er Lichtenauer musterte, seine Nasenlöcher bebten, weil er angestrengt Luft einsaugte, und um seinen Mund spielte ein ernster Zug, der deutlich sein Unwohlsein verriet. Die Namen der anderen drei merkte sich Stoupidis nicht. Die Entourage hielt sich sowieso im Hintergrund und der Prinz würde sein primärer Ansprechpartner sein.

      „Gehen wir doch ins Warme“, schlug Stoupidis vor und sie knirschten durch den Schnee auf das Haus zu. Er packte das Mädchen am Ellenbogen. „Sie sind spät. Ich hatte Ihnen zwei Stunden gegeben.“

      „Es gab eine wilde Diskussion zwischen den Prinzen. Tut mir ja leid. Der Jüngere wollte sich durch nichts überzeugen lassen, im Bugschiff zu bleiben.“

      „Aber er ist nicht mitgekommen“, stellte Stoupidis fest. Frau Michaels hatte keine zweite Prinzlichkeit vorgestellt.

      „….nein.“

      „Dann hat er sich überzeugen lassen?

      „Nicht direkt. Prinz Ino hat ihm eine reingeschlagen, Prinz Leu wurde bewusstlos und wir machten uns davon.“

      Stoupidis gluckste.

      „Der Prinz wird mir noch richtig sympathisch.“

      „Vorsicht!“ warnte Kaya Michaels mit plötzlich versteinertem Gesicht. „Die Ssorsa sind extrem nervös. Sie versuchen es nicht zu zeigen, aber wir dürfen wirklich keine Fehler machen.“

      „Wenn sie ein Handbuch haben, das uns den Umgang mit Aliens vereinfacht, nur her damit!“ knurrte Stoupidis.

      „Ich hätte meine Hilfe auch angeboten, wenn sie meine Familie nicht in Gewahrsam genommen hätten“, zischte das Mädchen. „Wirklich, ich werde Dr. Schuller das nächste Mal eine Menge über negative Emotionen berichten können.“

      „Wie bitte?“

      „Vergessen Sie es!“

      Seltsames Mädel.

      Noch seltsamer war die Situation, die sich im Wohnzimmer abspielte. Er und Lichtenauer auf der einen, die Ssorsa auf der anderen Couch, nur durch den kniehohen Tisch getrennt, und Kaya servierte Punsch und Torte.

      „Was soll das werden? Ein Kaffeekränzchen?“ meckerte Lichtenauer.

      „Was anderes ist mir nicht eingefallen. Wäre Ihnen ein betonierter Verhörraum lieber gewesen?“ Die junge Frau schwang mit dem Tortenheber in der Luft herum. „Außerdem lieben die Ssorsa Süßes.“

      „Lichtenauer, Sie schieben sich jetzt augenblicklich ein Stück Sahnetorte in die Gosche!“ nuschelte Stoupidis aus dem Mundwinkel und reichte Prinz Ino einen Teller.

      Der gab eine lautlose Erwiderung und griff auch nach der Gabel.

      „Wenn jetzt die Presse hier wäre“, seufzte Stoupidis. Für so einen Schnappschuss hätten Journalisten getötet.

      Zwischen klapperndem Geschirr unterhielt man sich, zeigte Hologramme, um Bilder statt Worte zu verwenden, wenn man einander verständnislos anglotzte. Es war eine Katastrophe. Stoupidis starrte auf die schwebende Projektion des Mutterschiffs O-Timre und kratzte sein Kinn.

      Die Ssorsa brauchten irgendetwas. Es hatte mit Wasser zu tun. Mit dem Meer. Er verstand es nur nicht und Frau Michaels anscheinend auch nicht. Stoupidis sah die zierliche Brünette an. Sie war wirklich noch sehr jung. Eigentlich viel zu jung für so eine verantwortungsvolle Aufgabe. Aber im Krieg und in Extremsituationen wie diesen war alles erlaubt, das voran brachte.

      Stoupidis lehnte sich zurück und rührte in seinem Punsch herum.

      „Wie viele Fremdsprachen beherrschen Sie, Frau Michaels?“

      „Vier.“

      „Wie lange haben Sie gebraucht diese zu erlernen?“

      Das Mädchen lugte nachdenklich an die Zimmerdecke.

      „Hmm, um sie weitgehend perfekt zu sprechen… vierzehn Tage.“

      Stoupidis stellte das Punschglas betont laut auf dem Tisch ab.

      „Sie haben eine Woche!“

      „Und dann?“ Sie stellte die Frage so forsch, dass die Ssorsa sich alarmiert aufsetzten.

      „Werden Sie die Welt retten. Oder deren.“ Stoupidis ruckte mit dem Kinn zu den grünen Wesen.

      „Bevor ich auch nur eine Vokabel lerne, möchte ich, dass meine Familie zurück in dieses Haus darf.“

      Die kleine Göre verschränkte die Arme vor der Brust. Der Prinz neigte sich zu ihr und sprach sie an. Sie hatte den Nerv ihn zu ignorieren. Stoupidis holte betont Luft. Der Prinz richtete seine Aufmerksamkeit auf ihn. Auch er ignorierte seine außerirdische Majestät völlig.

      „Ich

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