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es will mir schon gar nicht in den Sinn, daß meine Schwester mit einer Abtreibung einverstanden sein soll.«

      »Manchmal mag das besser für das Kind sein und auch für die Mutter, wenn sie noch jung und unreif ist.«

      »Aber so jung ist Hilde mit einundzwanzig Jahren nicht mehr, daß sie sich erst mit solch einem Kerl einläßt und dann allen Anstand, der uns anerzogen wurde, vergißt. Aber ein bißchen wohler ist mir jetzt schon, weil Sie mich angehört haben. Sie sind sehr nett, Herr Dr. Norden.«

      »Sie haben keinen festen Freund?« fragte er väterlich.

      Sie schüttelte heftig den Kopf. »Mir vergeht’s, wenn ich so erlebe, was andere mitmachen. Aber der Götz von Hellbrink hat Sandra bestimmt sehr gern gehabt. Die beiden sind nur von der Familie auseinandergebracht worden, davon bin ich überzeugt.«

      Dr. Norden sah sie nachdenklich an. Er verriet nichts davon, und das durfte er ja auch nicht, daß er erst vor einer Woche in das Haus Hellbrink gerufen worden war, weil Frau von Hellbrink einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Sie hatte die Nachricht bekommen, daß ihr Sohn Götz in Afrika verschollen war, wohin er von seinem Vater geschickt worden war, um die geschäftlichen Interessen der Firma wahrzunehmen. Nun ahnte er, daß dies nicht der einzige Grund gewesen war, sondern auch eine der Familie unwillkommene Liebesgeschichte eine Rolle spielte.

      »Ich werde Sie anrufen, wenn ich etwas erfahren habe, Fräulein Roth«, sagte er.

      »Vielen Dank, Herr Doktor. Ich fürchte, daß ich nun auch noch entlassen werde, und dann weiß ich nicht mehr, wie ich allein die Miete aufbringen soll. Aber ich werde dann schon wieder eine neue Stellung finden. Wenn ich nur nicht solche Angst um Hilde haben müßte.«

      »Verlieren Sie nicht den Mut, Fräulein Roth«, sage Dr. Norden. »Es wird sich schon alles aufklären, und Ihre Schwester müßte eigentlich selbst wissen, was sie tut.«

      »Sie ist ein hübsches Schäfchen«, sagte Elisabeth seufzend. »Eigentlich bin ich froh, daß ich kein Typ bin, auf den die Männer fliegen.«

      Nein, das war sie nicht. Sie würde es keinem leicht machen, obgleich sie sehr apart war. Aber Männer hatten ein Gespür dafür, ob ein Mädchen für eine Liebelei zu haben war, die nur ein Abenteuer bleiben sollte. Dafür war Elisabeth Roth gewiß nicht der Typ. Wenn sie auch manchmal unklar gesprochen hatte, so wußte Dr. Norden doch, daß sie intelligent und auch mißtrauisch war.

      *

      »Hast du schon mal was von einem Entbindungsheim Miranda gehört, Fee?« fragte Daniel Norden seine Frau, als sie nach dem Mittagessen ihren gewohnten Mokka tranken.

      »Miranda? Ja, eine Annonce habe ich mal gelesen. Privates Entbindungsheim, sehr diskret, auch für uneheliche Mütter. Ein hochtrabender Name, wenn man ihn zu deuten weiß.«

      »Wieso?« fragte Daniel geistesabwesend.

      »Weil Miranda die ›Bewunderungswürdige‹ bedeutet. Aber was hast du damit zu tun?«

      »Bisher nichts. Ich werde mich mal bei Schorsch erkunden, ob er mehr weiß.«

      Schorsch, das war Dr. Hans-Georg Leitner, seines Zeichens Gynäkologe und Chefarzt einer hochangesehenen Frauenklinik. Ein Studienfreund von Daniel Norden, ein Freund im besten Sinne des Wortes.

      »Es gibt jetzt mehr solche privaten Entbindungsheime«, meinte Fee sinnend. »Meistens werden sie von Hebammen geleitet, die mit Hausentbindungen nichts mehr verdienen können. Aber sie brauchen eine Zulassung, und meistens verstehen sie ja auch etwas von ihrem Beruf. Es wird halt immer häufiger, daß man Diskretion gewahrt wissen möchte. Manche Frauen scheuen eine Geburtenunterbrechung und geben ihre Kinder lieber zur Adoption frei. Ich weiß nicht, ob man damit sein Gewissen beruhigen kann, aber wenigstens werden damit Frauen glücklich gemacht, die sich nach einem Kind sehnen. Ob alles immer mit rechten Dingen zugeht, das ist eine andere Frage.«

      »Sag mir deine Gedanken, Fee«, bat Daniel.

      »Du kannst doch selbst kombinieren.«

      »Aber ich möchte von dir hören, was du darüber denkst, und wie das so vor sich gehen könnte.«

      »Da kommt halt ein Mädchen oder eine Frau daher, die sich entschlossen hat, ihr Kind zur Welt zu bringen, und sie sieht eine Chance, damit auch noch zu Geld zu kommen. Immerhin sind neun Monate ja nicht das reine Zuckerlecken, und wenn man dann noch eine lange Zukunft vor sich sieht und von einem Mann sitzengelassen wurde, ergreift man jede Chance, sich einen neuen Start zu verschaffen. Ich habe da neulich mal so einen Bericht über den Babyhandel in den Staaten gelesen. Da ist man erschüttert. Eine Adoption ist ja immer mit großen Schwierigkeiten verbunden, aber man kann auch krumme Wege gehen. Da gibt es genügend Interessenten, die bereit sind, beträchtliche Summen auf den Tisch zu legen, damit es gar nicht erst bekannt wird, daß es ein adoptiertes Kind ist. Die Frau, die keine Kinder bekommen kann, geht in ein solches Entbindungsheim, wenn eine Geburt in Aussicht steht. Ein uneheliches Kind wird zur Welt gebracht, aber es wird angemeldet auf den Namen des Ehepaares, das sich ein Kind wünscht.«

      »Das ist kriminell«, sagte Daniel.

      »Nicht für die Eltern, die das Kind haben wollen. Sie zahlen kräftig dafür und umgehen mit Hilfe des Geburtshelfers die Behörden. Es ist einfach ihr Kind. Basta!«

      »Dann ist es doch eigentlich unwahrscheinlich, daß in solchen Entbindungsheimen auch Abtreibungen vorgenommen werden«, sagte Daniel.

      »Ich könnte mir vorstellen, daß dafür Unsummen auf den Tisch gelegt werden müßten, aber nach dem amerikanischen Muster scheint es wahrscheinlicher, daß diese Mädchen überredet werden, ihr Kind zur Welt zu bringen. Sie bekommen freie Wohnung und Kost und das Versprechen, eine beträchtliche Starthilfe für ein neues Leben zu bekommen. Am meisten verdient dann allerdings das jeweilige Heim. So ist das in den Staaten. Aber da gibt es auch noch Organisationen, die es sich viele einfacher machen. Die stehlen Babys und verkaufen sie. Tu nicht so, als hättest du nie was davon gehört, Da­niel.«

      »Mir wird übel bei dem Gedanken«, erwiderte er.

      *

      Dr. Norden nahm sich die Zeit, zwischen zwei Krankenbesuchen zur Leitner-Klinik zu fahren, denn dar­über wollte er mit seinem Freund Schorsch lieber persönlich sprechen.

      Er hatte freilich vorher angerufen, denn Schorsch hatte ebenso wie er sehr wenig Zeit.

      Daniel hielt sich auch nicht lange bei der Vorrede auf. »Was weißt du von dem Entbindungsheim Miranda?« fragte er.

      »Daß es da äußerst diskret zugeht. Bisher habe ich noch nichts Nachteiliges gehört. Frau Renz gilt als sehr erfahrene Hebamme. Ich kann es solchen nicht verdenken, wenn sie ein Heim gründen, sofern sie die Mittel dazu haben.«

      »Du meinst also, daß dort alles in Ordnung ist?«

      »Du nicht?« fragte Schorsch irritiert.

      »Mir ist da etwas Merkwürdiges zu Ohren gekommen, und ich kann nicht glauben, daß das pures Gerede ist.«

      Er erzählte, was er von Elisabeth Roth erfahren hatte. Schorsch runzelte die Stirn.

      »Illegaler Babyhandel? Ich kann es mir bei uns kaum vorstellen. Da sind unsere Behörden doch eigentlich sehr wachsam. Aber es passiert auch bei uns, daß werdende Mütter ihr Baby sofort zur Adoption freigeben. Es ist ihre Entscheidung.«

      »Aber da geht doch alles den Rechtsweg. Die Adoptionen werden rechtlich durchgeführt, die Eltern vorher überprüft.«

      »Selbstverständlich.«

      »Ich werde mich jedenfalls mal nach dieser Frau Renz erkundigen«, sagte Daniel. »Falls du etwas in Erfahrung bringen solltest, laß es mich wissen.«

      »Es müßte ein Zufall sein«, sagte Schorsch Leitner seufzend. »Ich habe soviel zu tun, daß ich mich um nichts anderes kümmern kann, Daniel. Man kann sich gewaltig in die Nesseln setzen, wenn man eine Kontrolle veranlaßt.«

      »Es gibt ja eine Aufsichtsbehörde. Erkundigen kann man sich doch mal«, meinte Daniel.

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