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habe ich den Schurken schon mal ihr Opfer entrissen«, frohlockte die Detektivin. »Dabei will ich es aber nicht bewenden lassen, Mister Parker. Ich werde die dreisten Lümmel überwältigen und der gerechten Strafe zuführen.«

      »Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, ob Mylady bereits konkrete Ermittlungsschritte geplant haben?«

      »Selbstverständlich, Mister Parker«, gab die ältere Dame leicht eingeschnappt zurück. »Mein taktisches Konzept steht schon in Umrissen.

      Über die Details dürfen Sie sich Gedanken machen.«

      »Möglicherweise sollte man die junge Dame nach Shepherd’s Market bringen, um sie eingehend befragen zu können, sobald ihr Zustand das erlaubt«, schlug der Butler vor.

      »Darum wollte ich ohnehin bitten, Mister Parker«, stimmte Lady Simpson zu. »Mein Kreislauf hält auch nicht mehr lange durch.«

      Wenn Mylady ihren sensiblen Kreislauf ins Gespräch brachte, war Eile geboten. Dann half nur ein hochprozentiges Stärkungsmittel, das in dem uralten Gewölbe unter Lady Simpsons repräsentativem Wohnsitz lagerte.

      Josuah Parker half deshalb unverzüglich seiner Herrin auf den Beifahrersitz, warf noch einen Blick auf das bewußtlose Mädchen im Fond und ließ sein hochbeiniges Monstrum anrollen.

      *

      »Wo bin ich?« lauteten die ersten Worte der unbekannten Schönen, als sie in Myladys weitläufiger Wohnhalle die Augen öffnete und verwirrt um sich sah.

      »In guten Händen, Kindchen«, versuchte Agatha Simpson das Mädchen zu trösten und fuhr ihr mit der Hand über die Locken. »Skrupellose Gangster wollten Sie entführen, aber ich habe den Lümmeln einen Strich durch die Rechnung gemacht.«

      »Entführen? wiederholte das Mädchen entgeistert. »Ich kann mich an nichts erinnern ...«

      »Möglicherweise darf man darauf hoffen, daß Sie wenigstens über Ihren Namen und Ihre Anschrift Auskunft geben können, Miß ...?«

      »Blooming«, stellte sich die Fremde vor. »Linda Blooming. Meine Eltern wohnen an der Devonshire Street in Marylebone.«

      »Mister Parker wird gleich dort anrufen, Kindchen«, bot die Hausherrin an. »Vermutlich machen Ihre Eltern sich schon Sorgen.«

      »Das fürchte ich auch«, nickte Linda nach einem Blick auf die pompöse Standuhr, deren Zeiger bereits auf 1 Uhr rückten. »Aber wie bin ich denn überhaupt hierhergekommen?«

      Mit großen Augen hörte das Mädchen zu, als Parker von der Verfolgung der schwarzen Limousine, von dem Unfall und von ihrer Befreiung aus dem Kofferraum des demolierten Wagens berichtete.

      »Ich habe das Gefühl, als ob mein Kopf voller Nebel wäre«, gestand sie anschließend. »Ich kann mich beim besten Willen nicht entsinnen, wo ich vorher war und wie ich in das Auto gekommen bin. Haben Sie denn schon die Polizei alarmiert?«

      »Die Polizei?« fragte Lady Agatha pikiert. »Aber warum denn, Kindchen?«

      »Die Polizei ist doch dazu da, um Verbrecher zu fangen, oder nicht?« gab Linda verblüfft zurück.

      »Das mag im allgemeinen stimmen«, antwortete Agatha Simpson in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. »Doch Sie können von Glück sagen, Kindchen, daß eine Detektivin sich Ihres Falles annimmt.«

      »Sie sind Detektivin?« Linda staunte und musterte die ältere Dame mit ungläubigen Blicken.

      »Sie sind noch sehr jung, Kindchen«, fuhr Agatha Simpson fort.

      »Ich werde nächsten Monat siebzehn«, protestierte Linda Blooming.

      »Eben«, fuhr die Detektivin fort. »In diesem zarten Alter ist es verzeihlich, wenn von meinen Erfolgen noch nichts an Ihre Ohren gedrungen ist.«

      »Nichts liegt meiner bescheidenen Wenigkeit ferner, als Myladys Äußerungen zu widersprechen, Miß Blooming«, versicherte Parker mit einer angedeuteten Verbeugung, als er den fragenden Blick des jungen Mädchens bemerkte.

      »Wenn ich nur wüßte, was die Kerle mit mir vorhatten«, rätselte die Blondine.

      »Die Antwort auf die zweifellos berechtigte Frage dürfte sich mit einiger Sicherheit aus Myladys Ermittlungen ergeben, falls die Anmerkung gestattet ist«, ließ der Butler sich vernehmen.

      »Sparen Sie sich Ihre Kommentare, Mister Parker«, entgegnete Lady Simpson. »Für mich ist die Frage beantwortet.«

      Die korpulente Dame ließ sich neben Linda auf das Sofa sinken und legte ihr vertraulich den Arm um die Schultern.

      »Ihnen fehlt noch die Erfahrung mit Männern, Kindchen«, begann Mylady. »Irgendwann werden auch Sie feststellen, daß alle nur das eine wollen. Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine?«

      »Natürlich, Mylady«, erwiderte Linda. In ihrem Lächeln lag nicht mal eine Spur von Verlegenheit. »Ich bin doch nicht von gestern.«

      »Ich hoffe, Sie lassen sich das eine Warnung sein, Kindchen«, fuhr die Hausherrin fort. »Gerade Ihre jugendliche Unerfahrenheit in Verbindung mit Ihrer ... äh ... ausgesprochen fraulichen Figur reizt eine bestimmte Sorte von Männern besonders.«

      »Ich weiß, Mylady«, nickte Linda und errötete nur ganz leicht. Ihr mädchenhaft geschnittenes Gesicht bildete in der Tat einen reizvollen Kontrast zu ihren Vollreifen Formen.

      »Trotzdem zerbreche ich mir ständig den Kopf darüber, wie das geschehen konnte«, setzte sie hinzu. »Ich steige doch nicht freiwillig zu fremden Männern ins Auto. Und schon gar nicht in den Kofferraum.«

      »Alle Anzeichen scheinen darauf hinzudeuten, daß man ein Betäubungsmittel einsetzte, um Sie wehrlos zu machen, Miß Blooming«, erklärte Parker. »Für Myladys Ermittlungen wäre es fraglos von Vorteil zu wissen, wo das geschah, falls der Hinweis erlaubt ist.«

      »Ich würde es Ihnen ja gern sagen, Mister Parker«, entgegnete das Mädchen. »Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern. Vielleicht kennen Sie das Gefühl: Man weiß genau, daß man aus einem Traum erwacht ist, kann sich aber an keine Einzelheit erinnern.«

      »Dieser Umstand dürfte durch die immer noch anhaltende Wirkung des Betäubungsmittels zu erklären sein, Miß Blooming«, meinte der Butler. »Insofern darf man sicher die Hoffnung äußern, daß Ihr Gedächtnis nach einem erquickenden Schlaf morgen früh die gewünschten Einzelheiten preisgibt.«

      »Könnten Sie mich denn jetzt nach Hause fahren, oder soll ich mir ein Taxi nehmen?« fragte Linda Blooming. »Allerdings ist meine Tasche mit Geld und Papieren verschwunden. Ich müßte Sie deshalb bitten, mir das Fahrgeld bis morgen vorzustrecken.«

      »Mister Parker wird Sie fahren, Kindchen«, entschied die Detektivin. »Ihm können Sie sich unbesorgt anvertrauen.«

      *

      Lindas Eltern standen schon in der Haustür, als der Butler gegen zwei Uhr nachts sein hochbeiniges Monstrum vor dem gepflegten Reihenhaus in Marylebone ausrollen ließ. Parker hatte sie vor der Abfahrt in Shepherd’s Market telefonisch kurz informiert, was ihrer Tochter zugestoßen war.

      Überglücklich schlossen Mr. and Mrs. Blooming ihre einzige Tochter in die Arme. Im selben Moment war es mit Lindas mühsam bewahrter Fassung vorbei. Schluchzend ließ sie sich von ihrer Mutter ins Bett bringen, während Edward Blooming den Butler ins Wohnzimmer bat.

      »Wir haben Linda immer davor gewarnt, allein auszugehen«, sagte der Mann, nachdem Parker die Ereignisse des Abends noch mal ausführlich geschildert hatte. »Sie ist ja noch ein Kind.«

      »Man soll die Gefahren, die einem jungen Mädchen nachts in der Großstadt drohen, keinesfalls unterschätzen, Mister Blooming«, pflichtete Parker dem besorgten Vater bei.

      »Erst gestern stand ein großer Artikel in der Zeitung«, wußte Blooming zu berichten. »Wir haben Linda die Seite gezeigt, aber sie hat nur gelacht und gesagt, wir bräuchten uns keine Sorgen zu machen.«

      »Darf

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