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für wen ich die Schafzucht angefangen habe. Klaus junior muss die Sache von Grund auf lernen.«

      »Du hast große Pläne, Klaus. Man kann dir nur guten Erfolg wünschen.« Lilo erwiderte sein Lächeln. Nachdem sie die Fotos wieder eingeräumt hatte, trat sie ans Fenster. »Wo die Jungen nur bleiben?«, meinte sie beunruhigt. »Man ist ständig in Sorge. Es geht jedes Mal von Klaus aus, wenn die beiden etwas anstellen. Jochen ist viel unkomplizierter.«

      »Muss ich mich für meinen Sohn entschuldigen?«, fragte Klaus Magnus und betrachtete ein Foto, das er zurückbehalten hatte.

      »Aber nein, Klaus. Es gibt halt Problemkinder.« Lilo zuckte die Achseln. Hätte ihr jemand erklärt, dass ihre ständige Nörgelei und die ihres Mannes, sowie die Bevorzugung von Jochen Klaus erst zu einem Problemkind gemacht hatten, dann wäre sie höchst verwundert gewesen. Sie fand, dass Klaus dankbar und zufrieden zu sein habe, dass er hier eine Heimat gefunden hatte.

      »Ich habe keine Angst, Lilo. Ich werde schon mit meinem Sohn zurechtkommen.«

      Lilo besann sich auf ihre Hausfrauenpflichten und bot dem Gast eine Erfrischung an.

      »Kaffee wäre nicht schlecht, Lilo. Oder macht es dir Mühe?«

      Klaus Magnus, der Lilo Werner nach einer Toten hatte fragen wollen und nun mit wachsender Ungeduld seinen lebendigen Sohn erwartete, sah zu, wie Lilo ihre guten Tassen auf den Tisch stellte und auch Kuchen aus der Küche brachte.

      Dann tranken sie gemeinsam Kaffee und sprachen von den längst vergangenen Tagen, als Gabi noch gelebt hatte. Es verging noch fast eine Stunde, ehe die beiden Jungen draußen läuteten.

      »Soll ich aufmachen?«, erbot sich der Gast.

      »Nein, ich gehe schon selber. Es ist vielleicht besser, wenn ich Klaus ein bisschen vorbereite.«

      »Wie du meinst, Lilo. Das muss ich dir überlassen.«

      »Wenn sie nicht direkt fragen, sagen wir überhaupt nichts«, flüsterte Jochen seinem vermeintlichen Bruder zu.

      »Ist doch klar«, erwiderte Klaus. »Hab doch nicht immer gleich Angst. Dir tut sie ja sowieso nichts, weil du der liebe Kleine bist.«

      Lilo öffnete die Tür und zeigte zur grenzenlosen Überraschung der beiden Kinder ein strahlendes Lächeln.

      »Da seid ihr endlich, ihr Strolche. Wir warten schon seit Ewigkeiten auf euch. Es ist nämlich Besuch gekommen.«

      Klaus und Jochen tauschten einen erleichterten Blick.

      »Wer ist denn da, Mutti?«, erkundigte sich Jochen und ließ sich von Lilo in die Arme nehmen. Klaus stand steif daneben, denn er erwartete keine Zärtlichkeit.

      »Ein Herr aus Südafrika.«

      »Von so weit her?«, staunte Klaus.

      Lilo wandte sich ihm zu. »Ja, Klaus. Er ist deinetwegen hier.« Das Gesicht des Jungen verschloss sich und drückte Misstrauen aus. »Wieso denn meinetwegen, Mutti?«

      »Warum ist er nicht meinetwegen gekommen?«, beklagte sich Jochen, der gewohnt war, dass sich stets alles um ihn drehte.

      »Ja, Kinder, diesmal handelt es sich eben um Klaus«, verkündete Lilo heiter. »Ihr habt mich doch schon mehrmals gefragt, wie es kommt, dass ihr beide sieben Jahre alt seid und doch keine richtigen Zwillinge. Bis jetzt konnte ich euch darüber nichts sagen. Aber heute hat sich das geändert.«

      Sie führte die Kinder in die Diele und redete rasch und mit leiser Stimme auf sie ein. Jochens Gesicht drückte gespannte Neugier aus, Klaus musterte seine unvermeintliche Mutter dagegen scheu aus dem Augenwinkel. Er war von vornherein auf etwas Unerfreuliches gefasst. Auf etwas, wogegen er sich wieder einmal zur Wehr setzen musste.

      »Die Sache ist die, dass du gar nicht Jochens Bruder bist, Klaus«, fuhr Lilo fort. Sie schlug dabei einen so fröhlichen Ton an, als müsste der Junge sich über diese Mitteilung unter allen Umständen freuen.

      »Wenn er nicht mein Bruder ist – wie kommt das denn?«, warf Jochen unsicher ein. »Er war doch immer hier.«

      Lilo legte die Hand auf die Schulter von Klaus. »Du bist der Sohn meiner Schwester«, erklärte sie rasch. »Leider ist sie damals, als du geboren wurdest, gestorben. Deshalb haben wir dich zu uns geholt.«

      Jochen war verwirrt. »Der Sohn von Tante Gabi?«, vergewisserte er sich.

      »Ja, Jochen. Und von seinem Vater wussten wir bisher nichts. Jetzt ist dieser aus Südafrika gekommen und möchte dich kennenlernen, Klaus.«

      Klaus schwieg. Sein ausdrucksvolles Gesicht wirkte trotzig.

      »Dein Vater heißt Klaus, genau wie du«, bemühte sich Lilo die Lage zu retten.

      Der Junge warf ihr einen zornigen Blick zu. Er war sehr blass geworden. »Warum habt ihr mich belogen?«, fuhr er auf. »Wenigstens weiß ich jetzt, warum ihr mich überhaupt nicht lieb habt.«

      »Aber, Klaus«, schalt Lilo sanft. »Benimm dich gefälligst anständig. Was soll dein Vati denn von dir denken? Er hat dich lieb und wird dich nach Südafrika mitnehmen.«

      »Aber ich habe ihn gar nicht lieb, weil ich ihn nicht kenne«, entgegnete Klaus aufgebracht.

      »Hör mal, mein Junge, du wirst jetzt ins Wohnzimmer gehen und deinen Vater nett begrüßen.«

      Lilos Geduld war zu Ende. Sie sah Klaus drohend an.

      Unwillkürlich duckte sich der Bub. Er hatte schon oft genug Schläge bekommen.

      Jochen lachte unbekümmert. »Sei doch kein Frosch, Klaus. Ich möchte ihn mir jetzt einmal angucken, deinen Vater.« Er lief zur Wohnzimmertür und betrat das Zimmer, ehe seine Mutter ihn zurückhalten konnte.

      Klaus Magnus hatte die Auseinandersetzung in der Diele teilweise mitangehört, wenn er auch nicht jedes Wort verstanden hatte.

      »Bist du Klaus?«, fragte er den vorwitzigen Jochen, der ihn ungeniert anstarrte wie ein Weltwunder.

      Jochen lächelte. »Nein, ich bin natürlich Jochen. Guten Tag.«

      Klaus Magnus ergriff Jochens ziemlich schmutzige Hand. »Tag, Jochen. Warum bringst du Klaus nicht mit herein?«

      Jochen verzog den Mund. »Klaus will nicht. Aber Mutti schafft das schon. Sonst knallt sie ihm eine.«

      Klaus Magnus biss sich auf die Lippen, um eine kritische Äußerung zu unterdrücken. Ein Problemkind, dachte er.

      »Du kannst mich Onkel Klaus nennen, wenn du magst«, sagte er.

      »Hast du uns etwas mitgebracht, Onkel Klaus?«

      »Nein, Jochen. Ich habe leider nicht daran gedacht. Aber wir werden morgen zusammen etwas einkaufen. Jeder von euch soll sich etwas Feines wünschen.«

      »Klasse«, erklärte Jochen. »Ich brauche nämlich dringend neue Batterien für meine Eisenbahn.«

      »Wenn’s weiter nichts ist … Worüber würde sich denn Klaus freuen?«

      Jochen hob die Schultern. »Weiß ich nicht. Frage ihn doch selber. Stimmt es, dass du sein Vati bist?«

      »Ja, das stimmt, Jochen.«

      »Komisch finde ich das«, staunte der Knirps. »Ist es sehr weit bis nach Südafrika?«

      »Ziemlich weit. Mit dem Flugzeug dauert es zwölf Stunden.«

      Jochen dachte ein Weilchen nach. Dann setzte er sein kleines Verhör fort. »Mutti sagt, du willst Klaus mitnehmen.«

      »Ja, das möchte ich sehr gern tun.«

      »Fliegt er dann auch mit dem Flugzeug?«

      »Natürlich. Sonst wären wir viel zu lange unterwegs – mit einem Schiff zum Beispiel.«

      Jochen legte den Kopf schief. »Ich glaube, Klaus will gar nicht mit dir nach Südafrika fliegen, Onkel Klaus. Aber ich würde es gern tun. Darf ich mitkommen, wenn er nicht mag?«

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