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Rising Skye (Bd. 2). Lina Frisch
Читать онлайн.Название Rising Skye (Bd. 2)
Год выпуска 0
isbn 9783649637141
Автор произведения Lina Frisch
Издательство Bookwire
Skye nimmt mir den Player aus der Hand und legt ihn zurück auf den Nachttisch. »Ich glaube, heute Nacht brauche ich keine Musik, um einzuschlafen.« Sie lehnt sich zu mir, doch dann hält sie inne. »Kann es sein, dass du reden willst?«
»Es ist nichts.« Ich schüttle den Kopf.
Skye sieht mich an, dann wickelt sie sich aus der Decke und steht auf. »Ich bin in fünf Minuten wieder da. Wenn du dich entschieden hast, schlafen zu gehen, ist das in Ordnung. Wenn nicht …« Sie lächelt. »Wenn nicht, bin ich hier, um dir zuzuhören.«
Ich starre aus dem Fenster in die Dunkelheit und versuche, über Octagon nachzudenken. Über den Check, den wir beschaffen müssen, wenn wir Zugang zu Chloes neuster Gleichschaltungstechnik haben wollen. Über den fehlenden Beweis. Über das Misstrauen in Rekas Stimme. Über alles – außer meinen Vater.
Als Skye mit zwei dampfenden Tassen in den Händen zurück ins Zimmer kommt, brummt mein Kopf. »Du schläfst nicht«, stellt sie fest und reicht mir einen der Becher. »Kakao. Das Geheimnis sind echte Schokoladenstücke.«
Sie klettert zurück ins Bett und pustet in ihre Tasse.
»Er hat damals beschlossen, uns zu verlassen«, sage ich nach einer Weile. »Ich würde gern beschließen können, ihn zu vergessen.«
»Deinen Dad?«, fragt Skye.
Ich nicke.
»Das ist hart.« Sie beißt sich auf die Lippe. Ich weiß, dass sie an Beth denkt – dass sie traurig und wütend ist auf ihre Mutter, die sie verlassen hat, genau wie mein Vater mich. »Wann ist er gegangen?«, fragt Skye vorsichtig.
»Vor fünf Jahren. Ironischerweise ausgerechnet am 14. Juni – wir hatten quasi unseren ganz privaten großen Skandal. Ich habe nach ihm gesucht, weißt du.« Nach Jahren des Schweigens stürzen die Worte plötzlich nur so aus mir heraus. »Aber er war nirgends zu finden. Und Mum … Mum wollte nicht über ihn sprechen.« Ich erinnere mich an den verschlossenen Gesichtsausdruck meiner Mutter, wenn ich Dad erwähnte. »Irgendwann hörte ich auf, Fragen zu stellen. Aber ich kann einfach nicht verstehen, wie Dad alles wegwerfen konnte. Ein ganzes Leben, von heute auf morgen zerstört!«
Skye stellt ihre Tasse auf den Nachttisch und legt den Arm um mich. Ein paar Minuten lang sitzen wir so da und starren aus dem Fenster in die Nacht.
»Jetzt weiß ich, warum ich mich dir von Anfang an so nah gefühlt habe«, sagt sie schließlich. »Das gleiche familiäre Trauma durchlebt zu haben, muss ja verbinden.«
»Vielleicht solltest du Psychologin werden, wenn das hier vorbei ist.«
»Und mir den ganzen Tag die Probleme anderer Leute anhören?« Sie lacht. »Davon habe ich selbst genug.«
»Aber du bist gut darin, Menschen zu lesen«, entgegne ich.
»Wirklich?« Skyes Stimme klingt auf einmal rau wie Schmirgelpapier. »Zumindest bei zweien habe ich mich doch wohl gründlich verschätzt.«
»Wie wäre es«, murmele ich in ihr Haar, »wenn wir unsere Eltern und den ganzen Rest vergessen. Nur für heute Nacht.« Skye wirft mir einen Blick zu. »Zum Schlafen!«, füge ich hinzu und spüre, wie mir die Röte prickelnd in die Wangen schießt.
Sie grinst. »Du kannst jetzt aufhören, nervös zu sein.« Ihr Kuss schmeckt nach Kakao. »Danke, dass du mir von deinem Dad erzählt hast«, flüstert sie. »Keine Geheimnisse mehr?«
»Keine Geheimnisse mehr.«
Ich streiche über ihr Haar, während ich beobachte, wie ihre Atemzüge langsam tiefer werden. Keine Geheimnisse mehr. Ich beiße die Zähne zusammen. Ich muss Skye die Wahrheit über das Diktiergerät sagen, hier und jetzt. Aber dann rutscht mein Blick zu der zarten Haut über ihren Schlüsselbeinen. Die feuerroten Striemen ziehen sich wie Lavaströme durch frisch gefallenen Schnee. Ich denke an die Panik, die ich verspürt habe, als ich Skye in Angelas brennender Wohnung liegen sah, an meine rasende Hilflosigkeit, während sie bewusstlos war. Ich kann Skye nicht beichten, was geschehen ist. Ich darf ihr Leben nicht durch eine kopflose Beweisjagd in Gefahr bringen, nur weil ich sie brauche!
Andererseits ist sie hier im Reservat auch nicht sicher. Was immer ich tue, ich kann dich nicht schützen …
Doch dann wird mir klar, dass das nicht wahr ist. »Ist Hunter noch bei dir?« Rekas Stimme klingt in meinen Ohren. Ich bin es, dem sie nicht traut. Weil sie mehr über meine Mutter weiß, als sie zugibt, und weil sie glaubt, dass ich wie Mum bin. Ich schließe die Augen. Wenn ich fort gehe, dann ist Skye hier in Sicherheit. Reka wird alles tun, um sie zu schützen, das hat Yana selbst gesagt.
Langsam löse ich mich aus Skyes Umarmung. Wirfst du jetzt nicht auch alles weg? Ich schlucke. Nein. Ich bin nicht wie mein Vater, ich verlasse Skye nicht. Aber ich werde auch nicht noch einmal riskieren, sie zu verlieren.
Ich weiß, dass ich verschlafen habe, als Sonnenstrahlen mein Gesicht kitzeln. Ich strecke mich und drehe mich langsam zur Seite.
»Guten Morgen«, sage ich lächelnd.
So gut wie in dieser Nacht habe ich seit Wochen nicht mehr geschlafen. Ich öffne die Augen. Die Matratze neben mir ist leer. Hunter wollte mich wohl schlafen lassen. Ich sehe die beiden Kakaotassen auf dem Nachttisch stehen, deren Inhalt mittlerweile kalt geworden ist, und spüre Hunters Lippen wieder auf meinen. Rasch öffne ich meine Haare, kämme sie und flechte sie in einen Zopf, damit ich nicht länger aussehe wie die Hexe von Eastwick. Dann gehe ich in die Küche.
»Erhalten Sie Ihren kostenlosen Check und tragen Sie dazu bei, die Gläsernen Nationen wieder zu einem sicheren Land zu machen!«, schallt mir eine Stimme entgegen. »Sammelstellen für angreifbare Technologie finden Sie auch in Ihrer Nähe.«
Yana klickt auf Pause, bis ich mich mit einem Bagel in der Hand neben sie gesetzt habe und mit ihr zusammen auf den Laptop schaue. Die CCN-Nachrichten zeigen Schlangen vor zahlreichen Gebäuden. Schnitt. Lächelnde Menschen winken mit ihren neuen Armbändern in die Kamera.
»Das ist wahre Demokratie«, sagt ein Mann, dem der CCN-Reporter sein Mikrofon entgegenhält. »Die Checks erlauben jedem Bürger Zugang zu Nachrichten und den Vorgängen im Weißen Haus. Und das unabhängig davon, ob man sich das Gerät leisten kann!«
Der Journalist wendet sich zur Kamera. »Es sieht so aus, als wäre Chloe Cremonte die erste Politikerin, die ihre Wahlversprechen hält. Zugang zu Informationen, Bildung und Gesundheitsvorsorge darf nicht länger vom sozioökonomischen Status bestimmt werden. Die kostenlosen Checks sind ein großer Schritt in die richtige Richtung.«
Yana klickt den Bericht weg. »Sie stellen es klug an«, sagt sie. »Solange die Leute glauben, sie hätten diese Neuerungen selbst gefordert, stehen die Kristallisierer nicht als diktatorische Partei, sondern als großzügige Retter der Nationen da.«
»Aber wir sind klüger«, sage ich bestimmt. »Dass bald jeder nur noch über Octagon erreichbar ist, kommt uns doch eigentlich gerade recht. Statt ReNatura in allen möglichen Netzwerken zu leaken, wird ein einziger Klick reichen, um die gesamten Gläsernen Nationen die Wahrheit sehen zu lassen. Alles, was wir brauchen, ist ein Check.«
»Hoffen wir, dass es so einfach wird«, erwidert Yana ohne die geringste Spur ihrer sonstigen Überheblichkeit.
Überrascht sehe ich sie an. Zum ersten Mal klingt es, als wolle Yana tatsächlich mit mir zusammenarbeiten. Ich verdränge den Gedanken an ihr Gespräch mit dem seltsamen Typen in der Querstraße. Sie hat geschworen, mich nicht an meine Mutter zu verraten. Wenn wir ein Team sein wollen, muss ich ihr vertrauen.
Yana klickt auf den neu eingerichteten »Check-Finder«. Als sie Las Almas in die Ortszeile tippt, wird uns das Rathaus von Greenhill als nächste