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ihnen klaffte ein ... Weißes Loch. Es musste eines sein, obwohl keine der Schwestern je eines zu Gesicht bekommen hatte. Im Vergleich zu den beiden Sonnen war es winzig, kaum stecknadelkopfgroß. Um die Sterne und das Loch zwischen ihnen blähten sich gewaltige Lichtfontänen. Cheyen Ho verglich sie mit den kuppelähnlichen Kaskaden eines Springbrunnens, die sich im Wasserbecken spiegelten.

      »Beachtet die Übereinstimmung zwischen den Bruchstücken der Informationen, die wir erhalten haben, und dem, was wir hier sehen«, sagte die Kommandantin. »Die Einschätzung der Wissenschaftler trifft zu. Das dort ist das Sternenrad.«

      Die Gesichter aller Anwesenden hatten sich ihr zugewandt. Kommentarlos nahmen sie von dem physikalischen Wunder Kenntnis, mit dem sie konfrontiert wurden.

      Kiow Ho klopfte sich mit der Faust gegen den Brustharnisch ihrer Montur. »Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich mir das Gebilde größer vorgestellt, imposanter.«

      Cheyen Ho schüttelte fast unmerklich den Kopf. Das Gebilde war ohne jeden Zweifel gewaltig. Vor sechs Stunden war es auf seinem Lichtweg durch das All angekommen.

      Und seither störte – mit wechselnder Stärke – der gewaltige Hyperenergieschock alle Systeme in den Schiffen, die mit Hyperenergie arbeiteten. Die Wirkungssphäre erstreckte sich über ungefähr einen Lichttag.

      Immerhin, dachte Cheyen, funktionieren die Toiletten und die Beleuchtung.

      Dasselbe galt für all jene Einrichtungen in der 240-Meter-Kugelzelle, die mit Normalenergie oder in Normalstatus transformierter Hyperenergie arbeiteten.

      Irgendwann waren diese Speicher jedoch leer. Das Schiff versank dann in einen Zustand der Inaktivität. Es war nicht mehr handlungsfähig. Die Cairaner konnten es abschleppen, wie sie es mit dem Naatraumer FONAGUR zurzeit taten.

      Die Kommandantin rief sich den Namen der Cairanerin in Erinnerung, den sie mit einem Fetzen Funksalat empfangen und entschlüsselt hatten: Satim Tainatin, eine Konsulin. Sie war mit der Flotte der Augenraumer aus dem Innern des Sternenrads gekommen.

      Ein dumpfes Wummern im Leib der SYKE erklang. Die Skalen und Daten in den Holokuben wechselten und zeigten Meldungen und Werte aus kritischen technischen Sektoren. Gravoprojektoren fuhren hoch, brachen bei einem Wert von unter 30 Prozent ab. Das Geräusch der absackenden Leistung erinnerte Cheyen an ein Seufzen.

      Gleichzeitig mit dem Wummern öffnete sich das Hauptschott der Zentrale. Ein Mann trat ein, auf den die Kommandantin schon gewartet hatte.

      *

      Lionel Obioma erweckte den Eindruck, als hätte ihn jemand an die Tür geklebt. Seine straffe Haltung behielt er bei, als er sich in Bewegung setzte und vom Haupteingang zum Platz der Kommandantin schritt. Sein kurzes, weißes Haar machte einen sehr gepflegten Eindruck. Die schwarzen Augen verschleierten ein wenig, wen er gerade ansah.

      Cheyen Ho war derzeit nicht zum Scherzen zumute, aber auf sie wirkte der Hyperphysiker von Rudyn wie das Gegenstück zu dem Weißen Loch im All. Zwei dunkle Augen als winzige Schwarze Löcher konnten ganz schön anziehend werden. Bisher ließ sich an Obiomas Augen zum Glück keine physikalische Ähnlichkeit mit einem Black Hole feststellen.

      Obioma trat neben die Kommandantin. Ein kurzes Nicken in ihre Richtung und ein kurzes Nicken zurück, damit schienen die Formalitäten erledigt.

      »Das ist also das Sternenrad«, sagte er leise. »Es scheint alle Anforderungen zu erfüllen.«

      »So sieht es aus«, antwortete Ho. »Es steht zumindest fest, dass Cairaner drin sind oder drin waren.«

      Der Hyperphysiker rief die aktualisierten Daten am Holoterminal auf. Er hob die rechte Hand an den Mund und knetete die Unterlippe.

      »Na ja, vielleicht nicht alle Anforderungen«, murmelte er. »Die Massetaster zeigen unerwartete Werte an.«

      Die beiden Sonnen der Klasse M hatten jeweils 0,3 Sonnenmassen. Die Gaskugeln durchmaßen 310.000 und 370.000 Kilometer und standen 7.500.000 Kilometer voneinander entfernt. Sie drehten sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt.

      »Das System ist stabil«, sagte der Hyperphysiker. »Mit Ausnahme dieser winzigen Abweichung im Massebereich. Vermutlich ist sie auf den Hyperenergieschock zurückzuführen.«

      Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Schwerpunkt mit dem Weißen Loch. Es hatte einen relativ geringen Durchmesser, maß nur etwa 50 Meter. »Mhm, soso«, sagte er ratlos. Weiße Löcher waren nicht eben sein Spezialgebiet. Eigentlich waren sie niemandes Spezialgebiet.

      Cheyen Ho fand das ganz und gar nicht. Ein so kleines Ding spuckte ununterbrochen gewaltige Mengen an Energie und Hyperenergie aus, es erbrach sich in Quadrillionen Tonnen Materie. Obioma wusste das ebenso wie sie. Er wählte nur einen anderen Standpunkt. Das Weiße Loch spie ein Mengen-Äquivalent dessen aus, was ein Schwarzes Loch verschlang. Ein Lichtspucker.

      »Nun gut.« Der Hyperphysiker ließ sich in einen Sessel sinken. »Noch ist nicht aller Tage Abend.«

      »Lionel, es ist zu klein!«, platzte Kiow heraus.

      Er wandte den Kopf und blickte zu ihr auf.

      »Ja. Ist es. Achtet auf die Sphäre um das Weiße Loch!«

      Die Daten in den gekoppelten Rechnersystemen der Flottenschiffe enthielten irrwitzige Angaben zum Sternenrad, wie es im Leerraum zwischen der Milchstraße und der Posbiwelt Everblack beobachtet worden war.

      Die Dicke der leuchtenden Scheibe betrug ungefähr 100 Millionen Kilometer, der Durchmesser des Gesamtgebildes 1,08 Billionen Kilometer. Das waren nahezu tausend Lichtstunden oder 41,66 Lichttage.

      Im Vergleich damit zog der Lichtspucker vor ihnen eindeutig den Kürzeren: 50 Millionen Kilometer bei einem Gesamtdurchmesser von einer Milliarde Kilometern.

      Von der Maxi-Ausgabe hieß es, dass die Cairaner mit ihr ganze Planeten an eine bestimmte Stelle transportieren und dort platzieren konnten. Cheyen überlegte, was sie von dieser Begegnung der mickrigen Art halten sollte.

      Nach Obiomas Einschätzung erfüllte es fast alle Anforderungen. Für die Kommandantin stellte sich die Frage nach der Anzahl solcher Fortbewegungsmittel.

      Die transparente Sphäre um das Weiße Loch sprühte heftiger. Die beiden Polbereiche lagen frei – die oberen und unteren 200 Kilometer. Dort traten die Energie- und Materieströme des Weißen Loches aus und bildeten zwei Lichtfontänen. 50 Millionen Kilometer weit reichten sie hinauf und verteilten sich vom Kulminationspunkt in alle Richtungen. Sie bildeten eine Lichtschicht um das Gebilde.

      »Kontakt!«, meldete die Funkstation. »Kurze Meldungen von der THORA und der KARYA. Wir haben jetzt Vergleichswerte vom Objekt. Sie sind mit unseren identisch. Für die Energiehülle hat sich bereits der Arbeitsbegriff Weißer Schirm durchgesetzt.«

      Obioma saß kerzengerade im Sessel, den Kopf leicht nach vorne geneigt.

      »Beachtet die Fließbewegung der Energie! Sie vermittelt uns den Eindruck eines sich drehenden Rades. Wenn ihr genau hinseht, dann bewegen sich die beiden Hemisphären des Schirms kaum merklich in entgegengesetzte Richtung.«

      Der Hyperphysiker schüttelte den Kopf. »Nein, es passt nicht. Wieso ist das Gebilde so klein?«

      Kiow Ho trat neben ihn. »Kann man ein Weißes Loch überhaupt steuern?«

      »Offenbar. Die Cairaner benutzen es zu weiten Reisen im Kosmos.« Er wandte sich an Cheyen. »Kommandantin, ich schlage vor, wir ziehen eine Wissenschaftlerin von besonderer Qualifikation zu Rate. Chione McCathey. Sie ist Astrophysikerin und auf außergewöhnliche stellare und quasistellare Gebilde spezialisiert.«

      Cheyen Ho kannte sie flüchtig. McCathey arbeitete in der hyperphysikalischen Abteilung und beschäftigte sich im Moment mit Untersuchungen im NHF-Bereich des Hyperspektrums. Obioma war der Spezialist für das UHF-Band, in dem unter anderem die Parakräfte angesiedelt waren. Die Kommandantin nahm an, dass die beiden ab und zu eng zusammenarbeiteten und sich gut kannten.

      »Einverstanden«, sagte sie. »Gebt mir eine Verbindung mit Chione.«

      Im

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