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      Uli Aechtner arbeitete als Journalistin, bevor sie zu schreiben begann. Sie war Reporterin für den französischen Fernsehsender TF1, Nachrichtenmoderatorin beim SWF in Mainz und gestaltete Filmbeiträge für ARD und ZDF.

      Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig. Im Anhang gibt es die Rezepte aus dem Buch zum Nachbacken.

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      © 2020 Emons Verlag GmbH

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlagmotiv: shutterstock.com/Tatsiana Tsyhanova

      Umschlaggestaltung: Nina Schäfer

      Lektorat: Marit Obsen

      E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

      ISBN 978-3-96041-676-0

      Ein Weihnachtskrimi

      Originalausgabe

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      Weihnachten ist keine Jahreszeit.

      Es ist ein Gefühl.

      Edna Ferber

      Prolog

      Die bunten Lichter des Tannenbaums fließen ineinander. Den heißen, stickigen Raum erfüllt eine dröhnende Musik, deren Rhythmen sie tragen und die Bewegungen ihres Tanzes bestimmen. Die Gesichter der anderen haben jeden bösen Ausdruck verloren. Alle schauen freundlich drein, und sie muss sich vor niemandem fürchten.

      It’s Christmas time

      There’s no need to be afraid

      Eine Armlänge hinter sich weiß sie den Gefährten, mit dem sie ihr Leben verbringen will. Neben ihr tanzt der Mann, der nun schon so lange einen Platz in ihrem Herzen hat. Der Herzbube. Für ihre Gefühle kann sie nichts, sie ist ihnen ausgeliefert, die beiden wissen es so gut wie sie und haben es längst akzeptiert.

      Nun feiern sie zusammen, halten sich an den Händen und umarmen sich.

      Von ihrem Baby nebenan dringt kein Laut herüber. Sie hofft, dass es friedlich schläft. Vielleicht sollte sie mal nach ihm sehen.

      Die Freundin, die sich ihr gegenüber zur Musik hin und her wiegt, lacht.

      Throw your arms around the world

      At Christmas time

      Gemeinsam werden sie weggehen. In ein Land am Meer voller Sonne. Dort werden sie Land bewirtschaften und im Einklang mit ihrer Umwelt leben. Und frei sein. Wenn sie daran denkt, wird ihr heiß. Schweiß rinnt zwischen ihren Brüsten hinab.

      Kribbeln, Herzrasen. Das Gefühl, die ganze Welt umarmen zu wollen. Jeden Menschen, einfach alle.

      Pray for the other ones

      Warum nur ist ihr Mund so trocken? Ihr Kiefer ist schmerzhaft verspannt, und selbst wenn sie wollte, könnte sie kein Wort herausbringen. Aber was gibt es denn noch zu sagen? Es wird wunderbar werden.

      Sie lässt sich treiben. Spürt die Erschöpfung nicht, nicht den Durst. Bewegt sich in einem nie enden wollenden Tanz zur Musik. Als sie ins Nichts fällt, hat sie keine Angst, keinen einzigen dunklen Gedanken.

      Sie schwebt einfach nur in eine andere Welt.

      Kapitel 1

      Jennifer hatte Weihnachten immer gern gefeiert. Den Tannenbaum hatte sie als Kind mit dem Vater aus dem Wald geholt, wo sie den Förster kannten. Nur den schönsten durfte er für sie fällen. Sie erinnerte sich noch an das Piken der Nadeln, wenn sie mit der Hand an der Spitze hinter dem Vater, der den Baum geschultert hatte, durch den Schnee gestapft war. An den Adventssonntagen hatte sie mit der Mutter Plätzchen gebacken. Die fertigen fielen in der großen Keksdose im Keller stets einem geheimnisvollen Schwund anheim, sodass sie ständig Nachschub produzieren mussten. Später, als Jugendliche, hatte ihr die familiäre Enge an Weihnachten missbehagt, und sie war nach der Bescherung in die Dorfdisco verschwunden, um ihre Freunde zu treffen. Dazu galt es zuvor den Gabentisch zu plündern und in ihre neuen Klamotten zu schlüpfen.

      Als erwachsene Frau hatte sie das gemütliche Beisammensein mit den Eltern wieder zu schätzen gewusst. Die Mutter ließ es sich nie nehmen, das Festmahl selbst zuzubereiten: Karpfen an Heiligabend, Rehbraten am ersten Weihnachtstag, Gänsekeulen am zweiten. Ihr lief jetzt noch das Wasser im Mund zusammen, wenn sie nur daran dachte.

      Diese Weihnachten würden anders sein als alle bisher erlebten, und das machte Jennifer Angst. Die paar Tage, die sie sich noch an ihrem Arbeitsplatz in der Bank aufhalten würde, kamen ihr wie eine Gnadenfrist vor. Ihr Blick glitt über ihren Schreibtisch hinweg aus dem Fenster, hinter dem sie die Gebäude auf der anderen Straßenseite nur erahnen konnte. Auf dem nachtdunklen Hintergrund warfen die Scheiben ihr Spiegelbild zurück, und sie sah in ihre eigenen großen, dunklen Augen. Ihre Hand fuhr in ihren schokobraunen Bob und zupfte eine widerspenstige Strähne zurecht.

      Jemand rief: »Jennifer, bist du so weit?«

      Hinter sich hörte sie die Kollegen fröhlich lachen. Der allgemeine Aufbruch zur Weihnachtsfeier der Bank ins Foyer hatte begonnen. Man unterhielt sich darüber, wohin man reisen würde, wer welches Geschenk bekam.

      »Ja gleich, geht schon vor, ich komme jeden Moment nach.«

      Sie griff zu der Schneekugel, die auf ihrem Schreibtisch stand. Ein niedlicher Tannenbaum befand sich darin, inmitten von weißen Schneekristallen. Nick hatte ihr die Kugel vergangene Weihnachten geschenkt, sie hatte es noch nicht übers Herz gebracht, sie zu entsorgen. Nun schüttelte sie die Schneekugel ein wenig und sah gebannt zu, wie der kleine Baum in durcheinanderwirbelnden weißen Flocken verschwand.

      Letztes Jahr hatte Nick mit ihr bei ihren Eltern Weihnachten gefeiert, kurz darauf hatte er sie im Streit verlassen. Sie sei ihm zu langweilig, so seine Version des Trennungsgrunds. Er hatte sich in eine andere verliebt, lautete ihre. Anfangs hatte Nick nur ein paar persönliche Dinge aus Jennifers Wohnung mitgenommen. Ein Freund hatte ihm ein Zimmer überlassen, und da gab es nicht viel Platz. Doch nun hatte er ein Apartment gefunden und vergangene Woche alles aus Jennifers Wohnung ausgeräumt, was ihm noch gehörte. Seitdem bewohnte sie ein seltsam leeres Zuhause. Helle Flecken an den Wänden, wo seine Bilder gehangen hatten. Ein schmutziger Rand über der Stelle, die Nicks Designersofa eingenommen hatte. Am schlimmsten war dieser hallende Ton, den der Fernseher verbreitete, weil die Akustik wegen der fehlenden Möbel unangenehm verändert war.

      Konnte man in einer so deprimierenden Umgebung Weihnachten feiern?

      Es musste wohl sein. Jennifer hatte ihre Eltern besuchen wollen, die ihr Ferienhaus in Mallorca vor einigen Monaten in ein ständiges Domizil umgewandelt hatten, und deshalb eigens Urlaub genommen. Doch im letzten Moment hatte sie es sich anders überlegt. Sie mochte sich von den Eltern nicht über Nick ausfragen lassen. Wollte ihre mitleidigen Blicke nicht sehen. Und an ihren letzten gemeinsamen Urlaub, den sie mit Nick bei den Eltern auf Mallorca verbracht hatte, wollte sie erst recht nicht erinnert werden.

      Sie gab der Schneekugel einen Schubs. Ein paar Flocken stoben scheinbar widerstrebend auf.

      Nick! Er hatte sein Snowboard im Keller vergessen. Sie sah ihn vor sich, wie er einen schneebedeckten Hang hinabsauste. Wie er lachte und sein dunkles Haar schüttelte, nachdem er den Helm abgesetzt hatte. Oft hatte sie ihn nur begleitet, um ihm zuzusehen, und im Tal auf ihn gewartet. Er stand einfach besser auf dem Brett als sie, fuhr rasanter und war mutiger. Wieso brauchte er sein Snowboard dieses Jahr nicht? Fuhr er an Weihnachten nicht in die Berge? Was machte er wohl

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