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sehe, daß man Ih­nen nichts zu er­klä­ren braucht, wir wer­den also kurz sein,« sag­te Pil­ler­ault, »Sie ha­ben Wech­sel an die Or­der von Cla­paron in Hän­den?«

      »Ja.«

      »Wol­len Sie fünf­zig­tau­send Fran­ken da­von ge­gen Wech­sel des Herrn Po­pi­not hier ein­tau­schen, wohl ver­stan­den mit ei­nem Ab­zug?«

      Gi­gon­net nahm sei­ne scheuß­li­che grü­ne Müt­ze ab, die man für an­ge­wach­sen hät­te hal­ten kön­nen, zeig­te auf sei­nen kah­len Schä­del von der Far­be fri­scher But­ter, ver­zog sein Ge­sicht zu ei­ner Gri­mas­se wie Vol­taire und sag­te: »Wenn Sie mich mit Haar­öl be­zah­len wol­len, was soll ich da­mit an­fan­gen?«

      »Wenn Sie scher­zen wol­len, dann kön­nen wir uns zu­rück­zie­hen«, sag­te Pil­ler­ault.

      »Sie re­den wie ein Wei­ser, der Sie ja auch sind«, sag­te Gi­gon­net mit schmei­chel­haf­tem Lä­cheln.

      »Nun, und wenn ich die Wech­sel des Herrn Po­pi­not gi­rie­ren wür­de?« sag­te Pil­ler­ault, in­dem er einen letz­ten An­griff ver­such­te.

      »Sie sind so gut wie un­ge­münz­tes Gold, Herr Pil­ler­ault, aber ich brau­che kein Gold, ich will bloß mein Geld ha­ben.«

      Pil­ler­ault und Po­pi­not grüß­ten und ent­fern­ten sich. Am Fuße der Trep­pe wank­ten Po­pi­not noch die Bei­ne.

      »Ist das ein Mensch?« sag­te er zu Pil­ler­ault.

      »Man be­haup­tet es«, er­wi­der­te der Alte. »Be­hal­te die­se kur­ze Be­spre­chung für im­mer im Ge­dächt­nis, An­selm! Du hast hier das Bank­we­sen ohne die Tün­che sei­ner lie­bens­wür­di­gen äu­ße­ren For­men zu Ge­sicht be­kom­men. Uner­war­te­te Er­eig­nis­se sind die Schrau­be an der Kel­ter, wir sind die Trau­ben und die Ban­kiers sind die Bot­ti­che. Das Ter­rain­ge­schäft ist si­cher gut; Gi­gon­net oder ei­ner sei­ner Hin­ter­män­ner wol­len Cäsar er­wür­gen und sich sei­ner Haut be­mäch­ti­gen: da­mit ist al­les ge­sagt, eine Hil­fe ist un­mög­lich. So ist die Bank­welt, wen­de dich nie­mals an sie!«

      Nach dem schreck­li­chen Vor­mit­tag, an dem Frau Bi­rot­teau zum ers­ten­mal die Adres­sen der Leu­te, die ihr Geld ho­len woll­ten, no­tie­ren und den Bank­bo­ten ohne Zah­lung zu­rück­schi­cken muß­te, sah die tap­fe­re Frau, die glück­lich war, ih­rem Man­ne die­sen Jam­mer er­spa­ren zu kön­nen, um elf Uhr Pil­ler­ault und Po­pi­not zu­rück­kom­men, auf die sie mit im­mer wach­sen­der Angst ge­war­tet hat­te; sie las die Ent­schei­dung auf ih­ren Ge­sich­tern. Die An­mel­dung des Kon­kur­ses war un­ver­meid­lich ge­wor­den.

      »Der Kum­mer wird ihn tö­ten«, sag­te die arme Frau.

      »Ich möch­te es ihm wün­schen,« sag­te Pil­ler­ault ernst, »aber er ist so fromm, daß un­ter die­sen Um­stän­den nur sein Beicht­va­ter, der Abbé Loraux, ihm hel­fen kann.«

      Pil­ler­ault, Po­pi­not und Kon­stan­ze war­te­ten, bis ein Kom­mis den Abbé Loraux ge­holt hat­te, be­vor sie die Bilanz, die Cöles­tin fer­tig­ge­stellt hat­te, Cäsar zur Un­ter­schrift vor­le­gen woll­ten. Die Kom­mis wa­ren in Verzweif­lung, denn sie ver­ehr­ten ih­ren Prin­zi­pal. Um vier Uhr er­schi­en der gute Pries­ter, Kon­stan­ze setz­te ihn in Kennt­nis von dem Un­glück, das über sie her­ein­ge­bro­chen war, und der Abbé ging hin­auf, wie ein Sol­dat, der auf die Bre­sche steigt.

      »Ich weiß, wes­halb Sie kom­men«, rief ihm Bi­rot­teau ent­ge­gen.

      »Mein Sohn,« sag­te der Pries­ter, »Ihre Er­ge­ben­heit in den Wil­len Got­tes ist mir seit lan­gem be­kannt; jetzt han­delt es sich dar­um, sie auch zu be­tä­ti­gen; hal­ten Sie Ihren Blick im­mer auf das Kreuz ge­rich­tet, hö­ren Sie nicht auf, es an­zu­schau­en, und den­ken Sie da­bei an die De­mü­ti­gun­gen, mit de­nen der Er­lö­ser der Mensch­heit ge­prüft wor­den ist. Den­ken Sie an die Angst­ge­füh­le sei­ner Pas­si­on, dann wer­den Sie die Krän­kun­gen, die Gott über Sie ver­hängt hat, bes­ser er­tra­gen kön­nen …«

      »Mein Bru­der, der Abbé, hat mich schon dar­auf vor­be­rei­tet«, sag­te Cäsar und zeig­te den Brief, den er von neu­em ge­le­sen hat­te, sei­nem Beicht­va­ter.

      »Sie ha­ben einen gu­ten Bru­der,« sag­te Loraux, »eine tu­gend­haf­te, lie­be­vol­le Frau, eine zärt­li­che Toch­ter, zwei ech­te Freun­de, Ihren On­kel und den gu­ten An­selm, zwei nach­sich­ti­ge Gläu­bi­ger, die Ra­g­ons; alle die­se gu­ten Her­zen wer­den be­stän­dig Bal­sam auf Ihre Wun­den gie­ßen und Ih­nen Ihr Kreuz tra­gen hel­fen. Ver­spre­chen Sie mir, die Stand­haf­tig­keit ei­nes Mär­ty­rers zu zei­gen und den Schlag zu er­tra­gen, ohne schwach zu wer­den.« Der Abbé hus­te­te, um Pil­ler­ault an­zu­zei­gen, daß er im Sa­lon sei.

      »Mei­ne Er­ge­bung ist un­be­grenzt«, sag­te Cäsar ru­hig. »Die Uneh­re ist da, ich darf an nichts an­de­res den­ken, als mei­ne Ehre wie­der her­zu­stel­len.«

      Der Ton des ar­men Par­füm­händ­lers und sein Aus­se­hen über­rasch­ten Cäsa­ri­ne und den Pries­ter. Gleich­wohl war nichts na­tür­li­cher. Alle Men­schen er­tra­gen eher ein fest­ste­hen­des, un­ab­än­der­li­ches Un­glück als die schreck­li­che Un­ge­wiß­heit ei­nes Schick­sals, das sie von ei­nem Au­gen­blick zum an­dern zwi­schen höchs­ter Freu­de und tiefs­tem Jam­mer hin und her schwan­ken läßt.

      9

      »Zwan­zig Jah­re bin ich in ei­nem Trau­me be­fan­gen ge­we­sen, heu­te bin ich er­wacht mit mei­nem Knüt­tel in der Hand«, sag­te Cäsar, der wie­der der alte Bau­er aus der Tou­rai­ne ge­wor­den war.

      Als er die­se Wor­te ver­nahm, um­arm­te Pil­ler­ault sei­nen Nef­fen. Jetzt be­merk­te Cäsar sei­ne Frau, An­selm und Cöles­tin. Die Pa­pie­re, die der ers­te Kom­mis in der Hand hielt, sag­ten al­les. Cäsar be­trach­te­te mit ru­hi­gem Ge­sicht die Grup­pe, aus der alle Bli­cke trau­rig, aber vol­ler Lie­be auf ihn ge­rich­tet wa­ren.

      »Ei­nen Au­gen­blick!« sag­te er, nahm sein Or­dens­kreuz ab und reich­te es dem Abbé Loraux, »Sie wer­den es mir wie­der­ge­ben, wenn ich es wie­der in Ehren tra­gen darf. Cöles­tin,« füg­te er hin­zu, »set­zen Sie mein Ent­las­sungs­ge­such als Bei­ge­ord­ne­ter auf. Der Herr Abbé wird Ih­nen den Brief dik­tie­ren, da­tie­ren Sie ihn vom vier­zehn­ten und las­sen Sie ihn von Ra­guet zu Herrn von Bil­lar­diè­re brin­gen.«

      Cöles­tin und der Abbé Loraux gin­gen hin­un­ter. Eine Vier­tel­stun­de lang herrsch­te tie­fes Schwei­gen in Cäsars Zim­mer. Sei­ne Stand­haf­tig­keit über­rasch­te die Fa­mi­lie. Als Cöles­tin und der Abbé zu­rück­ka­men, un­ter­zeich­ne­te Cäsar sein Ent­las­sungs­ge­such. Als aber der On­kel Pil­ler­ault ihm die Bilanz vor­leg­te, konn­te der arme Mann ein furcht­ba­res ner­vö­ses Zu­sam­men­zu­cken nicht un­ter­drücken.

      »Mein Gott, er­bar­me dich mei­ner«, sag­te er, als er un­ter­schrieb und das Schrift­stück Cöles­tin hin­reich­te.

      »Herr Bi­rot­teau,« sag­te jetzt An­selm Po­pi­not, und über sei­ne Stirn er­goß sich ein hel­les Leuch­ten, »gnä­di­ge Frau, er­wei­sen Sie mir die Ehre, mir die Hand Fräu­lein Cäsa­ri­nes zu be­wil­li­gen.«

      Bei die­sen Wor­ten füll­ten sich die Au­gen al­ler An­we­sen­den mit Trä­nen, nur Cäsars nicht,

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