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sei­ne Ho­lun­der­stöck­chen ver­ächt­lich zur Sei­te – »den­ken wir uns die­sen ko­mi­schen klei­nen Ap­pa­rat durch Me­tall­roh­re von ge­nü­gen­der Stär­ke und Län­ge er­setzt. Be­de­cken wir nun die flüs­si­ge Ober­flä­che des großen Re­ser­voirs mit ei­ner star­ken be­weg­li­chen Plat­te, set­zen wir ihr eine an­de­re, de­ren Wi­der­stands­kraft und Fes­tig­keit er­probt ist, ent­ge­gen, ver­schaf­fen wir uns fer­ner die Mög­lich­keit, der flüs­si­gen Mas­se durch das klei­ne Ver­ti­kal­rohr fort­ge­setzt Was­ser hin­zu­zu­fü­gen, so muß der Ge­gen­stand zwi­schen den bei­den fes­ten Plat­ten not­wen­di­ger­wei­se dem un­ge­heu­ren Druck, der un­auf­hör­lich auf ihn aus­ge­übt wird, nach­ge­ben. Das Mit­tel, durch das klei­ne Rohr fort­wäh­rend Was­ser zu­zu­füh­ren, ist für die Mecha­nik ein Kin­der­spiel, eben­so das Ver­fah­ren, den Druck der flüs­si­gen Mas­se auf eine Plat­te zu über­tra­gen. Zwei Kol­ben und ein paar Ven­ti­le ge­nü­gen. Ver­ste­hen Sie nun, Ver­ehr­tes­ter« – da­mit faß­te er Va­len­tin am Arm –, »daß es kaum einen Stoff ge­ben kann, der, wenn man ihn zwi­schen die­se bei­den un­auf­hör­li­chen Wi­der­stän­de bringt, sich nicht zwangs­läu­fig aus­deh­nen müß­te.« – »Wie, der Ver­fas­ser der ›Lett­res pro­vin­cia­les‹ hat das er­fun­den?« rief Ra­pha­el.

      »Er al­lein, Mon­sieur. Die Mecha­nik kennt nichts Ein­fa­che­res und nichts Schö­ne­res. Das ent­ge­gen­ge­setz­te Prin­zip, die Ex­pan­si­ons­kraft des Was­sers, hat die Dampf­ma­schi­ne her­vor­ge­bracht. Aber die Ex­pan­si­ons­kraft des Was­sers geht nur bis zu ei­nem ge­wis­sen Gra­de, wäh­rend sei­ne Nicht­kom­pri­mier­bar­keit, die eine ge­wis­ser­ma­ßen ne­ga­ti­ve Kraft ist, not­wen­di­ger­wei­se un­end­lich ist.«

      »Das wäre sehr nütz­lich«, er­wi­der­te Plan­chet­te und fuhr dann mit der Ruhe ei­nes Man­nes, der nur in der Sphä­re des Ver­stan­des lebt, fort: »Ge­hen wir also mor­gen zu Spieg­hal­ter. Die­ser treff­li­che Mecha­ni­ker hat nach mei­nen An­ga­ben un­längst eine ver­voll­komm­ne­te Ma­schi­ne ge­baut, mit der ein Kind tau­send Bund Heu in sei­nen Hut bräch­te.«

      »Auf mor­gen, Mon­sieur.«

      »Auf mor­gen.«

      »Da sage mir noch ei­ner was von der Mecha­nik!« rief Ra­pha­el. »Ist sie nicht die schöns­te al­ler Wis­sen­schaf­ten? Der an­de­re mit sei­nen Ona­gern, sei­nen Klas­sen, sei­nen En­ten, sei­nen Gat­tun­gen und sei­nen Glas­ge­fäßen vol­ler Scheuß­lich­kei­ten taug­te zu wei­ter nichts, als in ei­nem Café die Bil­lard­stö­ße zu mar­kie­ren.«

      »Wenn Sie sie­ben­mal hin­ter­ein­an­der schnell die­se Kur­bel dre­hen wür­den«, sag­te Spieg­hal­ter und wies auf eine Art Pum­pen­schwen­gel aus blan­kem Ei­sen, »dann wür­den Sie eine Stahl­plat­te in tau­send Sp­lit­ter zer­spren­gen, die Ih­nen wie Na­deln ins Fleisch drin­gen wür­den.«

      »Don­ner­wet­ter!« rief Ra­pha­el.

      Plan­chet­te leg­te ei­gen­hän­dig das Cha­grin­le­der zwi­schen die bei­den Plat­ten der mäch­ti­gen Pres­se und be­dien­te, voll der von wis­sen­schaft­li­chen Über­zeu­gun­gen ge­tra­ge­nen Si­cher­heit leb­haft den Schwen­gel.

      »Auf den Bo­den, oder wir sind alle des To­des!« schrie Spieg­hal­ter mit don­nern­der Stim­me und warf sich selbst flach hin.

      Ein schreck­li­ches Pfei­fen er­füll­te die Wer­kräu­me. Das Was­ser in der Ma­schi­ne spreng­te das Ei­sen, schoß in ei­nem Strahl von furcht­ba­rer Ge­walt her­vor, der sich zum Glück ge­gen einen al­ten Schmie­de­herd lenk­te, den er um­warf, zer­schmet­ter­te und her­um­schleu­der­te, wie eine Wind­ho­se ein Haus er­faßt und mit sich fort­reißt.

      »Oh«, sag­te Plan­chet­te in al­ler Ruhe, »das Cha­grin­le­der ist heil wie mein Auge! Meis­ter Spieg­hal­ter, es war ein Sprung in Ihrem Guß oder eine un­dich­te Stel­le im großen Rohr.«

      »Nein, nein, ich ken­ne mei­nen Guß. Mon­sieur soll nur sein Zeug wie­der mit­neh­men, der Teu­fel sitzt drin.«

      Der Deut­sche nahm einen Schmie­de­ham­mer zur Hand, leg­te das Stück Le­der auf einen Am­boß und ließ mit der gan­zen Kraft, die der Zorn ver­leiht, einen so furcht­ba­ren Schlag auf den Ta­lis­man nie­der­sau­sen, wie er in sei­nen Werk­stät­ten noch nie er­dröhnt war.

      »Er zeigt sich bloß nicht!« rief Plan­chet­te und strich über das wi­der­spens­ti­ge Le­der.

      Die Ar­bei­ter lie­fen her­bei. Der Werk­meis­ter nahm das Le­der und steck­te es in die glü­hen­de Stein­koh­le sei­nes Schmie­de­feu­ers. Alle stan­den im Halb­kreis um das Feu­er und be­ob­ach­te­ten un­ge­dul­dig das Auf­lo­dern der von ei­nem un­ge­heu­ren Bla­se­balg an­ge­fach­ten Flam­men. Ra­pha­el, Spieg­hal­ter und Pro­fes­sor Plan­chet­te stan­den in der Mit­te die­ser schwar­zen lau­ern­den Men­ge. Als Ra­pha­el all die­se wei­ßen Au­gen, die­se mit Ei­sen­staub ge­pu­der­ten Köp­fe, die­se ru­ßig glän­zen­den Ar­beits­klei­der, die­se be­haar­ten Brüs­te sah, glaub­te er sich in die nächt­li­che, phan­tas­ti­sche Welt der deut­schen Bal­la­den ver­setzt. Der Werk­meis­ter er­griff schließ­lich das Le­der mit ei­ner Zan­ge, nach­dem er es zehn Mi­nu­ten lang im Feu­er ge­las­sen hat­te.

      »Ge­ben Sie es mir«, sag­te Ra­pha­el.

      Der Werk­meis­ter streck­te es Ra­pha­el wie zum Spaß hin. Der Mar­quis nahm es ein­fach in die Hand: es war kalt und ge­schmei­dig. Die Ar­bei­ter schri­en vor Ent­set­zen auf und flo­hen. Va­len­tin blieb mit Plan­chet­te al­lein in der lee­ren Werk­statt.

      »Kein Zwei­fel, es sitzt et­was Teuf­li­sches dar­in!« rief Ra­pha­el ver­zwei­felt; »kei­ne Macht der Erde kann mir also einen Tag Le­ben da­zu­ge­ben?«

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