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den Komplex abriegeln würde.

      So, wie er die Männer und Frauen kannte, mit denen er zusammenarbeitete, wunderte es ihn fast ein wenig, dass diese nicht schon früher begonnen hatte. Die Kollegen, mit denen er früher zusammengearbeitet hatte, korrigierte er sich in Gedanken, während er die Tür zur Tiefgarage aufstieß.

      »Wir können meinen Wagen nehmen«, schlug sie vor, während sie ihm folgte. In ihrer Stimme lag noch immer eine Spur von Anspannung, aber sie hielt sich überraschend gut.

      Er warf einen kurzen Blick über die Schulter. »Verfügt Ihr Auto über ein eingebautes GPS?«

      »Ja, das tut es …« Er hörte, wie sie sich mitten im Satz selbst unterbrach, als der Hackerin in ihr die Bedeutung ihrer Worte dämmerte.

      »Wir nehmen meinen Wagen«, antwortete er leise. Die Hände in den Jackentaschen, dabei den Griff seiner Waffe umfassend, lief Harry durch die Tiefgarage voraus, bis er vor einem nichtssagenden 1993er Oldsmobile Cutlass Ciera stehen blieb.

      »Ist das Ihr Wagen?«, fragte Carol, die bereits zur Beifahrerseite herumlief.

      Harry nickte, hob jedoch warnend die Hand. Eigentlich sollte die Tiefgarage sicher sein, wobei die Betonung auf eigentlich lag. Er war noch nie in sein Auto eingestiegen, ohne es vorher nach Sprengstoffen untersucht zu haben, und machte auch dieses Mal keine Ausnahme. Auch wenn die Zeit drängte.

      Die ganze Eile würde ihnen nicht viel nützen, wenn sich unter dem Fahrgestell eine Bombe verbarg.

       08:35 Uhr

       NCS-Einsatzzentrale

      »In Ordnung, Ethan, ich kümmere mich sofort darum.« Daniel Lasker legte das Handy auf den Tisch zurück und warf Carter einen verzweifelten Blick zu.

      »Keine Ahnung, seit wann ich Teil des Security Directorate bin.«

      »Was ist los?«

      »Unten in der Vernehmung sind die Überwachungskameras ausgefallen und sie wollten wissen, ob ich das von hier aus beheben kann«, seufzte Lasker. »Als ob die nicht selbst jemanden da runterschicken könnten.«

      Mit einem erschöpften Grinsen im Gesicht sah Ron von seinem Arbeitsplatz auf. »Das kommt davon, wenn man hier erst einmal den Ruf eines Technik-Nerds weg hat.«

      »Nein«, antwortete Lasker und tippte einen Befehl in seinen Computer. »Das kommt davon, wenn man was mit seiner Schwester am Laufen hat. Ethan bittet mich ständig um Gefallen, seit er uns miteinander bekannt gemacht hat.«

      »Ist sie’s wert?«

      Laskers Mundwinkel zuckten. »Ein Gentleman genießt und schweigt, Ron.«

      »Gentleman … was hat das mit dir zu tun?«

      Der Jüngere der beiden fing an zu lachen, wollte schon etwas entgegnen. Dann erwachten die Bildschirme auf seinem Arbeitsplatz zum Leben und das Gelächter erstarb. »Was zur Hölle?«

      Auf den Ausruf des Kommunikationschefs hin stieß sich Carter von seinem Platz ab und ließ seinen Bürostuhl über den glatten Fliesenboden der Einsatzzentrale neben Lasker rollen.

      Das Problem war gar nicht, was die Überwachungskamera ihnen zeigte, sondern vielmehr das, was sie nicht zeigte. Im Korridor vor Raum A-13 war kein Wachposten mehr zu sehen. Wie ausgestorben.

      Auch das Umschalten der Kamera auf das Innere des Vernehmungszimmers offenbarte nichts weiter außer dem Gewebe eines Jacketts, das jemand über die Kameralinse geworfen hatte.

      Ohne zu zögern griff Carter nach dem Telefon. »Ich brauche die Sicherheit in Vernehmungsraum A-13. SOFORT. Riegeln Sie das Gebäude ab.«

       08:36 Uhr

      Das gehörte zur Standardvorgehensweise, das wusste er. Trotzdem schien es ihm, als ob der Wachmann sich dieses Mal ungewöhnlich viel Zeit dafür nahm, ihre Ausweise zu studieren.

      Die Pistole unter Harrys Jacke schien bereits unruhig zu werden. Er wollte keinen befreundeten Agenten erschießen, aber seine Wünsche waren zweitrangig. Die Mission hatte Priorität.

      »Scheint alles in Ordnung zu sein, Sir«, erklärte der Wachmann schließlich und griff neben sich nach einem Schalter, um die Schranke zu öffnen.

      Harry warf Carol ein knappes Lächeln zu und fuhr langsam an.

      »Wie viel Zeit geben Sie ihnen?«, fragte sie mit einem Blick aus dem Fenster.

      »Nicht viel. Der Alarm ist wahrscheinlich schon ausgelöst worden. Wenn wir das Gelände erst einmal hinter uns gelassen haben, befinden wir uns außerhalb ihrer Zuständigkeit, weshalb sie dann die örtlichen Polizeikräfte mobilisieren müssten. Noch eine Verzögerung. Also vielleicht zehn, fünfzehn Minuten.«

      Carol drehte sich zu ihm und er sah die Entschlossenheit ihres Vaters in ihren Augen aufblitzen. »Und Sie sind sicher, dass sie sich davon aufhalten lassen werden?«

      »Ihren Vater wahrscheinlich nicht«, antwortete Harry leise, »aber jetzt hat Shapiro das Sagen. Und Shapiro hält sich genau an die Vorschriften. Er wird einen Fahndungsaufruf herausgeben und die Verantwortung an andere übergeben.«

      Carol schwieg für einen Moment. »Haben Sie einen Plan?«

      »Zumindest die Idee für einen Plan. Öffnen Sie das Handschuhfach und holen Sie heraus, was Sie darin finden.«

      Sie zögerte, und er konnte spüren, wie sie ihn ansah. Er tippte auf die Bremse und setzte den Blinker, als sie sich dem Highway näherten. Am sichersten würden sie sein, wenn sie im Verkehr Richtung Westen untertauchen konnten. Eine Verfolgungsjagd gewann man nur im Film. Und dies war ganz gewiss nicht Hollywood.

      Er hörte, wie sie das Handschuhfach öffnete, und warf einen kurzen Blick auf Carol, die eine Halbautomatik in einem Holster herausholte.

      »Das ist eine Kahr PM-45«, erläuterte er ohne Umschweife. »Eine halbautomatische Schlagbolzenpistole. Verschießt .45 ACP-Munition, fünf Schuss. Wissen Sie, wie man so was benutzt?«

      »Ja«, antwortete sie mit einer Spur von Verwirrung in der Stimme. »Mit zwanzig habe ich fünf Monate auf der Thunder Ranch verbracht.«

      Das waren gute Nachrichten, dachte er, während er in den Rückspiegel sah und die Information verarbeitete.

      Die Thunder Ranch gehörte zu den besten Schulen für Waffentraining im Land und Clint Smiths Ausbilder waren alles andere als Bürohengste. Sie konzentrierten sich auf die reale Welt. Trotzdem …

      Soweit er es beurteilen konnte, war ihnen noch niemand gefolgt. Er erspähte eine Lücke, wechselte die Spur und beschleunigte, bis ein Sattelschlepper sie verbarg. »Schon mal jemanden umgebracht?«, fragte er rundheraus und sah sie an, um ihre Reaktion darauf zu studieren.

      Doch diese blieb aus. Carol sah einfach nur auf die Pistole in ihren Händen hinunter und schüttelte den Kopf.

      »Dann beten Sie zu Gott, dass Sie es niemals tun müssen.«

       08:45 Uhr

       Annapolis, Maryland

      Hundert Meter vom Jachthafen von Annapolis entfernt schien die Meeresluft gleich merklich kühler geworden zu sein. Ein Frösteln lief durch Sergei Korsakovs Körper. Das konnte nicht sein.

      »Nein«, rief er grob in das verschlüsselte Satellitentelefon, das er sich an sein Ohr presste. »Das ist unmöglich.«

      »Glauben Sie mir, so lautet der Bericht auf meinem Tisch. Sie haben ihn verfehlt.«

      »Die lügen«, spie Korsakov aus und schob noch ein paar russische Flüche hinterher. Erneut schloss er die Augen und stellte sich noch einmal die Szene vor, wie er sie durch die Windschutzscheibe des Durango verfolgt hatte. Die feurige Explosion, das Metall, das wie Schrapnelle durch die winterliche Luft peitschte. Diese Operation war seit Wochen geplant worden, alles war bis ins kleinste Detail

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