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Vater, in Rauchwolken gehüllt, blickte rasch auf, und auch die Verblüffung der Mutter konnte nicht größer sein.

      »Erinnert euch mal an früher, wo ich bei der Gärtnerei Müller gejobbt habe. Oft genug hatten wir da bei Korff zu tun, in deren großen Garten«, erklärte Gerhard den Eltern.

      Bedächtig streifte Arno Schilling den Aschenkegel von seiner Zigarre ab. »Ich bin sicher, daß das Fräulein von Korff dir damals keinen Blick geschenkt hat«, bemerkte er trocken. »Da kann man doch nicht von Kennen sprechen, oder?« Mit einem durchdringenden Blick sah er seinen Sohn an.

      »Ja eben«, fiel Frau Monika ein. »Und jetzt redest du schon von Heirat. Du lieber Himmel, Gerhard, was stellst du dir denn unter einer Ehe vor? Dazu gehört doch Liebe, gegenseitiges Verstehen, und daß man aufeinander eingeht. Sonst ist sie doch von vornherein zum Scheitern verurteilt!«

      »Wir werden uns verstehen«, behauptete Gerhard. »Wir sind ja keine Teenager mehr, die sich zusammentun, sondern reife Menschen.«

      »Und das Kind?« Die Mutter richtete sich steil auf. Ihre Augen flackerten. »Was soll aus Angela werden? Sie braucht eine Mama, die sie an ihr Herz nimmt. Wird sie das tun? Ich sehe das noch nicht. Du hast schon einmal eine Dummheit gemacht, mit dieser Lizzy…« Verzweifelt preßte sie den Mund zusammen, als sähe sie das nächste Unglück schon kommen.

      »Wenn sie schon einmal ein Kind gehabt hat, wird sie Angela vielleicht eine gute Mutter sein, Monika. Ich würde da nicht so schwarzsehen«, äußerte ihr Mann.

      Arno Schilling begann sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß sein Sohn Bankier werden sollte. Nicht Angestellter, sondern Mitinhaber eines namhaften Bankhauses. Es stand zur Zeit nicht gut damit, gewiß. Doch wenn der Junge erst Mitspracherecht hatte, würde er die Zügel schon in die Hand nehmen und dem Haus wieder zur alten Geltung verhelfen. Ja, das traute er ihm zu.

      Und eine Ehe mußte auch nicht unbedingt im Überschwang der Verliebtheit geschlossen werden. Man sah und hörte ja genug, wohin das manchmal führte.

      »Ariane Danegger ist keine Lizzy«, knüpfte Gehard an die Worte seiner Mutter an. »Sie ist eine ernste, leidgeprüfte Frau. Sie wird sich der Verantwortung für ein Kind bewußt sein.«

      »Verantwortung, wie sich das anhört«, wandte Monika Schilling wiederum erregt ein. »Als Stiefmutter sollte sie nicht nur Verantwortung tragen, sondern Angela liebhaben!«

      »Muß man sie nicht liebhaben?« fragte Gerhard. Er stand auf. Es war nun genug geredet. Er wollte seinen Eltern Zeit lassen, damit fertig zu werden. Sanft legte er der Mutter die Hand auf die Schulter, streichelte darüber. »Ich weiß, daß ich dir einen Schock versetzt habe, Mama. Aber es wird schon alles gut werden. Mache dir keine Sorgen.« Er wandte sich zur Tür. »Ich geh’ noch ein paar Schritte«, sagte er beiläufig.

      Der Abend war mild, und es war noch hell.

      Mit nachdenklich gesenktem Kopf ging Gerhard die Straße entlang. Da hatte er nun seinen Eltern möglichst ruhig dargelegt, welchen Weg zu gehen er sich entschlossen hatte.

      In seinem Innern verspürte er diese Ruhe nicht. Würde es ihm gelingen, Ariane den Glauben an das Leben wiederzugeben? Die Trauer um ihr verlorenes Glück hatte sie erstarren lassen, ließ keine wärmeren Gefühle mehr zu. Es hüllte sie ein wie ein Kokon. Wenn er diesen nicht von ihr abstreifen konnte, würde es nicht leicht für ihn sein, mit ihr zu leben. Denn sein Herz war lebendig, und es schlug für sie.

      Wie ihr schönes Haar in der Sonne geleuchtet hatte… Mit welcher Anmut sie neben ihm geschritten war… Ein-, zweimal hatte sie ein kleines Lächeln für ihn gefunden. Wenn es ihm doch einmal gelänge, daß es sich auch in ihren Augen spiegelte!

      »Halloh! Übersiehst du jetzt schon deine eigene Schwester?«

      Es war Anja, die auf dem Heimweg war, lachend seinen Arm ergriff. »Weißt du, wie du mir vorgekommen bist?« Ihre blanken Augen funkelten ihn an.

      »Na, wie denn, Schwesterchen?«

      »Wie so ein Dichter, der Verse machen will. Total abwesend, wie in den Wolken schwebend«, sagte sie mit übertriebenem Pathos.

      »Du findest ja komische Vergleiche. Ein Poet bin ich nun wirklich nicht«, lachte Gerhard ebenfalls.

      »Nee, du bestimmt nicht. Aber die haben wir grade in der Schule durchgenommen, die Romantiker. Alles alte Zöpfe. Möcht’ wissen, was wir damit sollen. – Wo willst du denn noch hin, Gerhard? Spätvorstellung im Kino?«

      »Ach wo, nur noch ein bißchen frische Luft schnappen. – War es nett bei Rolf?« erkundigte er sich.

      »Hmhm.« Anja hielt sich an seiner Seite. »Es ist noch ein Freund dazugekommen, war ganz lustig. Katarina hat einen Kaiserschmarrn mit Kirschen gemacht. Die kann so was ganz toll. Die soll der Rolf man behalten.«

      »Du meinst, weil Liebe durch den Magen geht«, schmunzelte Gerhard, »so sagt man doch.«

      »Nö, auch sonst. Sie ist echt nett.« Dann blieb sie eine Weile still, bevor sie fragte: »Weißt du, ob jemand für mich angerufen hat?«

      Gerhard machte eine unbestimmte Kopfbewegung. »Heute abend jedenfalls nicht. Da mußt du schon Vater fragen, er war am Nachmittag zu Hause.«

      Anja sah zu Boden, und auf ihre neuen roten Schuhe, mit denen sie Stefan hatte gefallen wollen. »Vielleicht hat’s ihm ja dann doch leid getan«, murmelte sie in sich hinein. Dann fing sie an: »Gerhard? In deinem fortgeschrittenen Alter hat man doch eine Menge Erfahrung. Ich möchte dich etwas fragen. Vielleicht kannst du mir einen Rat geben…« Sie zögerte.

      »Raus mit der Sprache«, ermunterte sie der Bruder »im fortgeschrittenen Alter«. Aber er verzog keine Miene, weil das Schwesterchen es so wichtig damit zu haben schien. Ihr noch kindlich gerundetes Gesicht war jetzt ganz ernst, fast bekümmert.

      »Also«, Anja holte Atem, »wenn ein Junge, der erst richtig verknallt tut, mit einer anderen schwimmen geht, wie findest du das? Er hat gesagt, das wär’ nur heute mal. Aber eben heute waren wir eigentlich verabredet. Soll ich ihm das verzeihen?«

      »Hm. Immerhin hat er dir die Wahrheit gesagt. Er hätte dich ja auch anlügen können, irgendeine Ausrede brauchen. Demnach steckt sicher nichts weiter dahinter. Deshalb mußt du ihm nicht gleich böse sein.«

      »Bin ich aber!« trumpfte sie auf. »Und ich hab’ gedacht, daß ich ihm jetzt für immer die kalte Schulter zeigen werde. Wenn er wieder auf mich zukommt, laß ich ihn einfach ablaufen. Oder, was meinst du?«

      Erwartungsvoll sah sie ihn an, und Gerhard glaubte zu wissen, was sie hören wollte.

      »Für immer, nein, das würde ich nicht an deiner Stelle, Anja. Erst kannst du ihn ja mal ein bißchen zappeln lassen, dann wirst du schon sehen, wie er sich verhält. Über einen einmaligen Ausrutscher würde ich großzügig hinweggehen. Wie alt ist er denn. Es handelt sich doch sicher um den Stefan?«

      »Um wen sonst«, sagte Anja achselzuckend. »Seit zwei Monaten ist der mein Freund. War der mein Freund«, betonte sie. »Er ist sechzehn, aber schon ende, da sollte er wissen, was er tut. Aber du meinst, ich sollte ihm den Verrat verzeihen, später mal?«

      »Das ist doch ein viel zu großes Wort dafür, Anjakind.« Gerhard legte den Arm um die Mädchenschulter. »Komm, zieh die Mundwinkel wieder rauf. Ihr werdet euch schon wieder vertragen.«

      So jung war sie, so jung, wie sie nun zögernd nickte. Er empfand eine leise Rührung. Mochte ihr im Leben kein größerer Kummer zuteil werden, als daß ein Junge mit einem anderen Mädchen zum Schwimmen ging!

      *

      Mit einem nachdenklichen Blick sah Irene Keßler auf ihre Nichte, die an diesem Samstagnachmittag zu ihr gekommen war. Sie hatten sich die ganze Woche nicht gesehen. Es war nicht viel zu tun gewesen im Geschäft. Ariane hatte es vorgezogen, zu Hause zu bleiben.

      »Und nun willst du dich also in eine Ehe stürzen, von der du nicht weißt, wie sie ausgehen wird«, sagte sie endlich.

      »Das weiß man doch

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