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seine Mutter mit offenem Mündchen an. Dann verzog sich sein Gesicht, und er begann wieder freudig zu krähen.

      Ulrike fühlte, daß ihr der kalte Schweiß auf die Stirn trat.

      Ich kann ihn nicht mehr halten, dachte sie in panischer Angst, und diese Furcht, die sie immer häufiger befiel, wenn sie ihr Kind auf dem Schoß hatte, wurde für sie zu einer schmerzhaften Qual.

      »Ich kann nicht mehr«, flüsterte sie mit einem unterdrückten Schluchzen. Sie wollte aufstehen, um das Baby in das Körbchen zu legen, das wenige Schritte von Ulrike entfernt auf der Terrasse stand. Doch sie war zu schwach und kraftlos, um sich mit dem Kind auf den Armen zu erheben.

      Tränen schossen in ihre Augen und liefen über ihre Wangen.

      Wahrscheinlich bin ich kränker, als ich ahne! Keiner hat mir bisher gesagt, was mir eigentlich fehlt!

      Ihr wurde schwarz vor Augen, und sie mußte sich abermals zurücklehnen. Sie hatte kaum noch Kraft, den ungebärdig mit den Ärmchen rudernden Kleinen festzuhalten.

      Ist es wirklich eine rätselhafte Krankheit, an der ich leide? dachte sie, während ihre Gedanken sich überstürzten. Kennt man tatsächlich nicht die Ursache für diese Schwächezustände, die Anfälle und das plötzlich auftretende Fieber? Oder verheimlichen sie mir etwas?

      Sie fühlte sich so elend, daß sie sogar im Schein der milden Spätsommersonne fror.

      »Warum kann ich nicht für

      mein geliebtes Kindchen sorgen wie andere Mütter«, flüsterte Ulrike schmerzerfüllt, während sie nach dem Klingelknopf tastete, um das Kindermädchen zu rufen.

      Trudi erschien sofort. »Soll ich Ihnen den Kleinen abnehmen, Frau Arundsen?« fragte sie mit freundlichem Lächeln.

      Ulrike nickte und beobachtete voll Kummer die leichten, beinahe spielerischen Bewegungen, mit denen das Mädchen ihr den Kleinen abnahm, ihn hochhob, daß er selig jauchzte, um ihn dann in sein Körbchen zu legen.

      Während Ulrike sich tiefer über das Körbchen beugte, bekam sie wieder einen heftigen Schwindelanfall. Vorhin hatte sie gefröstelt, und nun war ihr plötzlich unerträglich heiß.

      Sie sank mit einem leisen Stöhnen in den Sessel zurück. Als sie Trudis forschenden Blick auf sich ruhen fühlte, zwang sie sich zu einem krampfhaften Lächeln. »Ich werde mich eine halbe Stunde im Wohnzimmer auf die Couch legen«, sagte sie so gleichmütig wie möglich, um dem Mädchen ihre Schwäche nicht zu zeigen.

      *

      Der Tag, an dem Ulrike aus der Klinik Professor Schildrens entlassen werden sollte, war ein kalter Tag im Januar, an dem ein rauher Wind durch die Straßen pfiff, der dichte Schneewolken vor sich her trieb.

      Rainer zögerte vor dem Krankenzimmer, ehe er die Klinke niederdrückte.

      Als er eintrat, gelang es ihm, Ulrike mit einem zärtlichen Lächeln zu begrüßen. »Du siehst zauberhaft aus«, sagte er und streifte ihre schlanke, anmutige Erscheinung mit einem liebevollen Blick.

      Ulrike trug ein rehbraunes Kostüm, das fast die gleiche Farbe wie ihr Haar hatte. Dazu hatte sie die grüne Bluse angezogen, die er an ihr so gern sah.

      »Jetzt fängt ein neues Leben an«, erklärte Ulrike strahlend und griff nach ihrem Mantel, den sie sich schon zurechtgelegt hatte. »Ich kann es kaum erwarten, wieder daheim zu sein – als gesunde, tatkräftige Frau!«

      Er nahm sie in die Arme und küßte sie. »Ich bin glücklich, daß wir nun von morgens bis abends zusammen sein werden!«

      Sie lachte ein wenig und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Willst du nichts mehr tun? Soll die ganze Arbeit jetzt von den anderen gemacht werden?«

      »Es geht sehr gut ohne mich«, antwortete Rainhart lachend. »Die Monate, während ich hier bei dir war, haben es bewiesen.«

      War wirklich alles so gut gelaufen? Er hatte in der vorigen Woche, als er zurückgekommen war, um alles für Ulrikes Heimkehr vorzubereiten, manches entdeckt, was ihm nicht gefiel. Aber er hatte nicht die Zeit gefunden, sich eingehend um die Wirtschaftslage des Gutes zu kümmern und alles zu inspizieren. Er war völlig davon in Anspruch genommen, den Vertrag über eine neue Hypothek abzuschließen, die er auf das Gut aufnehmen mußte, um die hohen Krankenhauskosten von Professor Schildren zu bezahlen.

      Aber davon wußte Ulrike nichts, und sie sollte es auch nicht erfahren.

      »Du hast mir noch kein Wort von unserem Liebling erzählt«, sagte Ulrike und schmiegte sich an ihn. »Wie geht es unserem Söhnchen?«

      Rainhart nickte zerstreut. »Es geht ihm gut. Er krabbelt jetzt schon auf allen vieren in seinem Ställchen hin und her.«

      »Läßt er die Mami nicht grüßen?«

      »Doch – ja, natürlich!« Rainhart strich Ulrike über das Haar, und sie sah an seinen Augen, daß er nicht bei der Sache war.

      »Es ist doch alles in Ordnung mit dem Kind, Rainer?« forschte sie besorgt. »Oder verheimlichst du mir etwas?«

      Er lachte beruhigend. »Nein, Alexander ist wohlauf, und wird nach wie vor von Trudi gut versorgt.«

      Ulrike löste sich von Rainhart und griff nach ihrer Handtasche. »Jetzt werde ich endlich die Erziehung und Betreuung unseres Sohnes in die Hand nehmen!« sagte sie mit einer Energie, die Rainhart überraschte und erfreute. »Es wird höchste Zeit, daß die Mami sich um den kleinen Kerl kümmert!«

      Rainhart ergriff Ulrikes Koffer. »Wollen wir gehen?«

      »Ja«, erwiderte sie mit leuchtenden Augen, »in fünf Stunden sind wir daheim, nicht wahr? Dann werde ich endlich mein Baby wiedersehen!«

      *

      Ulrike sank neben dem Ställchen in die Knie. »Alexander – mein Liebling – mein Herzchen!« rief sie mit tränenerstickter Stimme aus und streckte die Hände aus, um ihr Söhnchen zu begrüßen.

      Alexander sah die Mutter mit großen, erstaunten Augen an, ohne ein Zeichen des Erkennens zu äußern. Er blieb regungslos inmitten des Ställchens sitzen.

      Rainer stand unbeholfen daneben. »Erkennst du die Mami nicht mehr?« fragte er.

      Trudi war diskret aus dem Zimmer gegangen, um die Wiedersehensfreude zwischen Mutter und Kind nicht zu stören. Doch Ulrike kam sich plötzlich ohne die Anwesenheit des Kindermädchens hilflos vor.

      »Soll ich ihn herausnehmen?« fragte sie unschlüssig und sah Rainhart zögernd an.

      »Ich weiß nicht. Ich habe nicht viel Geschick mit unserem kleinen Sprößling. Mich darfst du nicht fragen«, antwortete er.

      Ulrike beugte sich über das Gitter des Ställchens und hob ihren Liebling empor. Alexander sträubte sich und stemmte seine beiden Ärmchen gegen Ulrikes Brust.

      »Willst du deine Mami nicht begrüßen?« fragte sie mit zitternder Stimme.

      Alexander horchte erstaunt den Worten nach. Sein Mündchen stand halb offen, und seine Augen waren weit aufgerissen. Plötzlich lief ein schelmisches Lachen über sein Gesichtchen, und er klatschte erfreut in die Hände.

      Mit einem unterdrückten Aufschluchzen zog ihn Ulrike fest an sich. »Mein Liebling«, murmelte sie überwältigt, »mein Herzblatt!« Mit überströmender Zärtlichkeit küßte sie ihr Söhnchen, das nach anfänglichem Widerstreben nun die Ärmchen um Ulrikes Hals schlang.

      »Willst du dich nicht ausziehen, Ully?« fragte Rainer. »Du bist noch in Hut und Mantel…«

      Ulrike wandte sich mit leuchtenden Augen zu ihm um. »Ist das nicht vollkommen gleichgültig? Ich bin wieder daheim! Ich bin gesund und habe mein Söhnchen wieder! Oh, Rainer, ich bin so glücklich – so unendlich glücklich!« Ihre Miene strahlte.

      *

      »In Ihrem Arbeitszimmer wartet ein Herr auf Sie«, sagte Johanna, als Rainhart von einem Besuch bei dem Forstmeister zurückkam. »Den Namen habe ich leider nicht verstanden.

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